Betriebsratsarbeit ist keine Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes

17.12.2015

Entscheidung

In dem einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Niedersachsen vom 20.04.2015 (12 TaBV 76/14) zugrundeliegenden Sachverhalt forderte der Arbeitgeber die in der Spätschicht eingeteilten Betriebsratsmitglieder teilweise auf, nach der von 8.00 bis 15.00 Uhr andauernden Betriebsratssitzung bis zum Schichtende um 20.15 Uhr zu arbeiten. Der Betriebsrat sah hierin einen Verstoß gegen die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) zur werktäglichen Höchstarbeitszeit. Nachdem die Anträge des Betriebsrates erstinstanzlich zurückgewiesen wurden, hielt das LAG Niedersachsen auch die Beschwerde des Betriebsrates für unbegründet. Das LAG Niedersachsen entschied ausdrücklich, dass Zeiten der Betriebsratsarbeit nicht als Arbeitszeit im Sinne des ArbZG anzusehen seien. Es begründet seine Auffassung mit der alleinigen Verantwortlichkeit des Arbeitgebers gegenüber den Aufsichtsbehörden, die Vorschriften des ArbZG einzuhalten. Adressat der Bußgeld- und Strafvorschriften des ArbZG sei ausschließlich der Arbeitgeber. Dieser könne jedoch auf die autonome Arbeitsorganisation des Betriebsrates keinen Einfluss nehmen. Bei einer anderen Beurteilung der Fragestellung könnte letztlich der Arbeitgeber in die Haftung geraten, ohne dass er etwaige Verstöße gegen das ArbZG im Angesicht der eigen-ständigen Amtsführung durch den Betriebsrat verhindern könnte. Jedoch habe ein Betriebsratsmitglied einen Anspruch auf bezahlte Arbeitsbefreiung gemäß § 37 Abs. 2 BetrVG, wenn es ihm unmöglich oder unzumutbar sei, seine vor oder nach der Betriebsratssitzung liegende Arbeitszeit einzuhalten. Eine Unzumutbarkeit liege in der Regel vor, wenn sich bei der Zusammenrechnung der Zeiten der Betriebsratstätigkeit und der persönlichen Arbeitszeit ergebe, dass die Höchstarbeitszeit nach § 3 ArbZG (8 bzw. 10 Stunden) überschritten werde.

Praxisrelevanz

Auch wenn der Entscheidung des LAG Niedersachsen explizit zu entnehmen ist, dass Betriebsratsarbeit keine Arbeitszeit im Sinne des ArbZG ist, findet das ArbZG insbesondere in Fällen der Schichtarbeit mittelbar Anwendung. So hat der Arbeitnehmer im Einzelfall einen Anspruch auf bezahlte Arbeitsbefreiung gemäß § 37 Abs. 2 BetrVG, wenn die Erbringung der Arbeitsleistung unmöglich oder unzumutbar ist. Dies ist nach der Entscheidung des LAG Niedersachsen insbesondere dann der Fall, wenn die Summe der an einem Tag zu erbringenden Zeiten der Betriebsratstätigkeit und der Arbeitszeit 8 bzw. 10 Stunden überschreitet. Der Arbeitnehmer kann dann nicht zur Erbringung der Arbeitsleistung gezwungen werden. Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass die vom LAG Niedersachsen beantwortete Frage nur Aspekte des ArbZG betrifft, d.h. arbeitsschutzrechtliche Aspekte. Bzgl. der Frage nach der Vergütungspflicht von „Betriebsratsüberstunden“ hält das Gesetz in § 37 Abs. 3 BetrVG eine Antwort bereit.

Gegen die Entscheidung des LAG Niedersachsen wurde Revision eingelegt, sodass demnächst erstmalig eine höchstrichterliche Klärung der Fragestellung erfolgen wird. 

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