Betriebsratsmitglied mit befristetem Arbeitsvertrag - Anspruch auf Anschlussbeschäftigung?

31.10.2014

Leitsatz

Ein Betriebsratsmitglied, dessen Arbeitsverhältnis aufgrund einer Befristung endet, hat einen Anspruch auf Anschlussbeschäftigung, wenn ansonsten eine Benachteiligung aufgrund des Mandats vorläge.

Sachverhalt

Der Kläger war aufgrund eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags von März 2010 bis März 2012 beim verklagten Arbeitgeber beschäftigt. Im August 2011 wurde er in den Betriebsrat gewählt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund der Befristung im März 2012. Der Arbeitgeber teilte mit, dass eine Verlängerung nicht in Betracht komme. Zur selben Zeit endeten auch befristete Arbeitsverhältnisse mit anderen Arbeitnehmern. Von diesen erhielten jedoch einige Anschlussverträge und wurden weiterbeschäftigt. Der Kläger sah sich benachteiligt. Vor Gericht führte er aus, dass er nur aufgrund seiner Betriebsratstätigkeit nicht weiterbeschäftigt worden sei. Er berief sich auf das Benachteiligungsverbot in § 78 Satz 2 BetrVG und forderte vom Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung.

Entscheidung

Das LAG München gab der Klage mit Urteil vom 2. August 2013 (5 Sa 1005/12) statt. Es stellte fest, dass der Kläger aufgrund seiner Betriebsratstätigkeit benachteiligt worden sei. Aufgrund des vom Arbeitgeber begangenen Rechtsverstoßes sprach es dem Kläger – in Form von Schadensersatz – einen Anspruch auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags zu. Das LAG München hat allerdings deutlich gemacht, dass das Betriebsratsmitglied die Benachteiligung im Prozess darlegen und beweisen muss. Es reicht also nicht aus, lediglich zu behaupten, dass das Arbeitsverhältnis wegen Befristung geendet habe. Vielmehr muss feststehen, dass andere Arbeitnehmer nach Befristungsende weiterbeschäftigt worden seien. In diesem Fall gibt es Anhaltshaltspunkte dafür, dass die Weigerung zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses den Grund in der Mandatstätigkeit hat. Aber auch dann steht noch nicht endgültig fest, ob eine Benachteiligung wegen des Mandats vorliegt. Der Arbeitgeber hat immer noch die Möglichkeit, seinerseits deutlich zu machen, dass es für die Nicht-Verlängerung sachliche Gründe gab. Der Arbeitgeber kann zum Beispiel auf eine objektiv schlechte Arbeitsleistung hinweisen. Außerdem kann er geltend machen, dass der Beschäftigungsbedarf entfallen ist und andere - weiterbeschäftigte - Arbeitnehmer besser qualifiziert sind. Mit anderen Worten: Nach Abschluss des Prozesses muss feststehen, dass der Arbeitgeber aus sachlichen Gründen die Weiterbeschäftigung ablehnt. Gelingt dem Arbeitgeber dies nicht, so kann sich ein Betriebsratsmitglied wieder in ein Arbeitsverhältnis hineinklagen.

Anmerkung

Das Urteil zeigt ein weiteres Risiko beim Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen auf. Sollte sich ein befristet angestellter Arbeitnehmer vor Ende der Befristung in den Betriebsrat wählen lassen, ist anlässlich des Befristungsendes zu prüfen, ob der nunmehr als Betriebsrat tätige Arbeitnehmer weiterzubeschäftigen ist. Sofern das Betriebsratsmitglied wie andere Arbeitnehmer behandelt wird, dürfte in der Regel kein Weiterbeschäftigungsanspruch anzunehmen sein. Anders stellt sich die Rechtslage dar, wenn andere Arbeitsverhältnisse unbefristet fortgesetzt werden. Dann spricht vieles für eine Benachteiligung. Der Arbeitgeber muss sich anlässlich des Befristungsendes die Frage stellen, ob er den Arbeitnehmer weiterbeschäftigen würde, wäre er nicht im Betriebsrat. Die vom LAG München aufgestellten Rechtsgrundsätze wurden zwischenzeitlich - in einem anderen Fall - auch vom Bundesarbeitsgericht bestätigt. In einem Urteil vom 25. Juni 2014 (7 AZR 8740/12) hat es klargestellt, dass aus § 78 Satz 2 BetrVG ein Recht auf Weiterbeschäftigung hergeleitet werden könne. Arbeitgeber sollten also sensibilisiert sein und sorgfältig abwägen, ob und welche Arbeitnehmer weiterbeschäftigt werden sollen. Im Grundsatz bleibt es aber dabei, dass auch die Arbeitsverträge von Betriebsratsmitgliedern ohne Sachgrund befristet werden können. Die Wahl in den Betriebsrat führt also nicht automatisch dazu, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit Sonderkündigungsschutz begründet wird. Vergleichbares dürfte im Übrigen auch für Mütter und Arbeitnehmer in Elternzeit gelten. Auch hier ändert der Sonderkündigungsschutz nichts daran, dass ein befristet abgeschlossenes Arbeitsverhältnis mit Zeitablauf sein Ende findet. Allerdings dürfte mit Blick auf das AGG auch hier im Einzelfall zu prüfen sein, ob eine Anschlussbeschäftigung aus Gründen des Diskriminierungsverbots erfolgen muss.

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