Bundesarbeitsgericht: Arbeitnehmer kann keine "guten Wünsche" einklagen

19.03.2013

[Köln, ] Der Arbeitgeber ist gesetzlich nicht verpflichtet, das Arbeitszeugnis mit Formulierungen abzuschließen, in denen er dem Arbeitnehmer für die geleisteten Dienste dankt, dessen Ausscheiden bedauert oder ihm für die Zukunft alles Gute wünscht (BAG, Urteil v. 11.12.2012, 9 AZR 227/11).

Sachverhalt

Der klagende Arbeitnehmer war Leiter eines Baumarktes bei der beklagten Arbeitgeberin. Er erhielt nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses ein Arbeitszeugnis mit einer insgesamt überdurchschnittlichen Leistungs- und Verhaltensbeurteilung. Gegen Ende des Zeugnistextes wurde lediglich auf die betriebsbedingten Gründe für das Ausscheiden aus dem Unternehmen hingewiesen sowie „für die Zukunft alles Gute“ gewünscht. Der Kläger war der Auffassung, diese Schlussformulierung sei unzureichend auch und insbesondere im Hinblick auf den insgesamt positiven Charakter des Zeugnistextes einschließlich der überdurchschnittlichen Leistungs- und Verhaltensbeurteilung. Er nahm die Arbeitgeberin auf Zeugniskorrektur in Anspruch und verlangte im Klagewege folgende Abschlussformulierung: "Wir bedanken uns für die langjährige Zusammenarbeit und wünschen ihm für seine private und berufliche Zukunft alles Gute".

Entscheidung

Das Arbeitsgericht sah den Zeugnisberichtigungsanspruch in erster Instanz als gegeben an und gab der Klage statt, während das Landesarbeitsgericht sie in zweiter Instanz abwies. Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Entscheidung der zweiten Instanz verbunden mit der Feststellung, dass ein Anspruch auf Aufnahme von Dankens- und Bedauernsformeln sowie von guten Wünschen für die Zukunft auch in einem qualifizierten Arbeitszeugnis nicht bestehe. Aussagen über persönliche Empfindungen des Arbeitgebers seien somit nicht notwendiger Bestandteil eines qualifizierten Zeugnisses. Zwar seien Schlusssätze in Arbeitszeugnissen, in denen durch den Arbeitgeber oft persönliche Empfindungen wie Dank, Bedauern oder gute Wünsche zum Ausdruck gebracht werden, nicht „beurteilungsneutral“. Vielmehr seien sie geeignet, die objektiven Zeugnisaussagen zu Führung und Leistung des Arbeitnehmers gegebenenfalls zu bestätigen oder zu relativieren. Dies führe jedoch im Ergebnis nicht dazu, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf Aufnahme einer bestimmten Formulierung habe. Steht der übrige Zeugnisinhalt nicht im Einklang mit den diesbezüglichen Schlusssätzen des Zeugnistextes, so kann der Arbeitnehmer allenfalls verlangen, die Schlusssätze aus dem Zeugnis zu entfernen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass es durchaus gängige Praxis sei, Zeugnisse mit überdurchschnittlicher Leistungs- und Verhaltensbeurteilung auch mit einer dementsprechenden Schlussformulierung zu versehen. Für einen Anspruch auf Aufnahme fehle es gleichwohl an einer gesetzlichen Grundlage.

Anmerkung

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist insoweit zu begrüßen, als der Arbeitgeber letztlich nicht verpflichtet sein kann, persönliche Empfindungen zum Ausdruck zu bringen, die tatsächlich nicht vorliegen. Dem Bundesarbeitsgericht ist zwar insoweit zuzustimmen, als derartige Formulierungen nicht „beurteilungsneutral“ und damit lediglich schmückendes Beiwerk für eine Zeugnisbeurteilung sind. Die durchaus gängige Formulierung des Dankes und des Bedauerns knüpft hierbei häufig daran an, dass der Arbeitnehmer dementsprechende fachliche Leistungen erbracht hat (Dank) und sich auch eine positive persönliche Verhaltensbeurteilung „verdient“ hat (Bedauern und gute Wünsche). Gleichwohl handelt es sich bei den begehrten Formulierungen um den Ausdruck persönlicher Empfindungen, welche – wenn auch irrational – nicht zwingend mit den entsprechenden objektiven Beurteilungen einhergehen müssen. Die Zuerkennung eines Rechtsanspruchs auf derartige Formulierungen liefe auf eine übermäßige Abstrahierung des Arbeitszeugnisses hinaus, welche dem individuellen Charakter des Arbeitsverhältnisses insgesamt nicht mehr gerecht würde. Grundsätzlich muss es dem Arbeitgeber überlassen bleiben, ob er derartige Empfindungen zum Ausdruck bringen will oder nicht. Begrüßenswert ist insoweit jedoch die Einschränkung des Bundesarbeitsgerichts, dass der Arbeitgeber mit der Aufnahme von derartigen Schlussformulierungen nicht den objektiven Zeugnisinhalt konterkarieren darf. Dies entspricht schon dem Gebot der wohlwollenden Formulierung sowie der Zeugnisklarheit. Da gerade die Abschlussformulierungen in Arbeitszeugnissen häufig von großer Bedeutung für die Arbeitnehmer sind, ist zudem die durch die Entscheidung geschaffene Rechtssicherheit zu begrüßen.

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