Mithören von Telefongesprächen

31.07.2009

[] Kommt es zu einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht, sehen sich viele Parteien Beweisschwierigkeiten ausgesetzt. Häufig finden entscheidungserhebliche Gespräche am Telefon statt, ohne dass Zeugen dabei sind. Schwierig wird es, wenn ein Gesprächspartner – ohne dass dies der andere weiß – eine andere Person mithören lässt. Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht nunmehr eine wichtige Entscheidung gefällt (Urteil vom 23.04.2009, Az.: 6 AZR 189/08, bislang nur als Pressemitteilung vorliegend).

Das heimliche Mithörenlassen von Telefongesprächen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist im Allgemeinen unzulässig. Es verletzt das Persönlichkeitsrechts des Gesprächspartners. Auf diese Weise erlangte Beweismittel dürfen nicht verwendet werden.

Wer jemanden mithören lassen will, hat seinen Gesprächspartner vorher darüber zu informieren.

Dies gilt nicht, wenn eine Person zufällig und ohne Wissen eines Gesprächspartners Zeuge des Gesprächsinhalts wird.

Sachverhalt

Die Klägerin war bei einem Zeitarbeitsunternehmen angestellt. Sie wurde vor Ablauf einer sechsmonatigen Beschäftigungsdauer gekündigt und genoss keinen Kündigungsschutz. Sie berief sich vor dem Arbeitsgericht auf die Sittenwidrigkeit der Kündigung. Sie führte aus, die Personaldisponentin habe am Telefon gesagt, sie solle trotz Krankheit zur Arbeit kommen, da sie anderenfalls mit einer Kündigung rechnen müsse. Die Klägerin stellte die umstrittene Aussage durch Benennung einer Freundin unter Beweis. Diese habe heimlich und ohne ihr Wissen das Gespräch mitgehört.

Das Landesarbeitsgericht verzichtete auf eine Beweisaufnahme und begründete dies damit, dass das Mithören von Telefongesprächen stets rechtswidrig sei.

Entscheidung

Die Klägerin hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg. Zunächst führte das Bundesarbeitsgericht aus, dass das heimliche Mithörenlassen von Telefongesprächen im Allgemeinen unzulässig sei. Das Persönlichkeitsrechts des Gesprächspartners werde dadurch verletzt. Dementsprechend dürfe ein Dritter nicht als Zeuge über den Inhalt eines Telefongesprächs vernommen werden. Anders sei dies nur dann, wenn der Gesprächspartner „am anderen Ende der Leitung" vom Mithören gewusst habe.

Die Besonderheit der vorliegenden Entscheidung lag nun darin, dass auch die Klägerin vom heimlichen Mithören nichts gewusst haben will. Vor diesem Hintergrund verwies das Bundesarbeitsgericht den Rechtsstreit zurück. Das Landesarbeitsgericht wird nunmehr aufzuklären haben, ob die Freundin tatsächlich zufällig Zeugin des Telefongesprächs geworden ist. Sollte sich dies bestätigen, müsste die Aussage der Personaldisponentin berücksichtigt werden. Denn bei einem zufälligen Mithören ohne Wissen des Telefonierenden sei kein Beweisverwertungsverbot anzunehmen.

Anmerkung

Das Urteil dürfte für die Rechtspraxis von erheblicher Bedeutung sein. Es ist zu erwarten, dass in Zukunft vermehrt Dritte als Zeugen für den Inhalt eines Telefongesprächs benannt werden. Sollte sich im Zuge einer Zeugenvernehmung die Zufälligkeit des Mithörens bestätigen, müssten die Arbeitsgerichte in Zukunft auch Aussagen in einem Telefonat berücksichtigen. Der Prozessgegner wird die behauptete Zufälligkeit naturgemäß kaum widerlegen können.

Personalverantwortlichen sei empfohlen, dem Arbeitnehmer ein etwaiges Lautstellen der Telefonanlage bekannt zu geben. Der Arbeitgeber kann sich dann gegebenenfalls seinerseits auf die Aussage von Dritten berufen, ohne dass ein Streit um die vorgenannten Probleme entsteht. Schutzwürdige Interessen des Arbeitnehmers stehen dann nicht entgegen.

Zum Abschluss sei auf Folgendes hingewiesen: Bisweilen kommt es vor, dass Arbeitnehmer von persönlich geführten Personalgesprächen heimlich Tonbandmitschnitte machen. Sollte eine solche Aufnahme später (z.B. in einem Prozess) gegen den Arbeitgeber verwendet werden, kann dies unter Umständen eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Denn ein heimlicher Tonbandmitschnitt ist strafbar (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes - § 201 StGB).

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