Gesetz über die Regelung eines allgemeinen Mindestlohns ab dem 1. Januar 2015

29.07.2014

[Berlin/Köln, ] Der Bundestag hat am 3. Juli 2014 das Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie verabschiedet. Neben diversen kleineren Änderungen u.a. im Tarifvertrags- und Arbeitnehmerüberlassungsgesetz bildet das Kernstück dieser gesetzlichen Neuregelung die Einführung des sog. Gesetzes über die Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (kurz: MiLoG). Dieses Gesetz sieht die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns von EUR 8,50 brutto je Zeitstunde für das gesamte Bundesgebiet ab dem 1. Januar 2015 vor. Der Bundesrat hat diesem Entwurf am 11. Juli 2014 zugestimmt. Über die wichtigsten gesetzlichen Neuerungen durch das MiLoG möchten wir Sie nachfolgend kurz informieren.

1. Persönlicher Geltungsbereich des MiLoG

Das MiLoG gilt grundsätzlich für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (§ 22 Mi-LoG), unabhängig davon, ob sie in Voll- oder Teilzeit, befristet oder unbefristet oder geringfügig beschäftigt sind. Arbeitnehmern gleichgestellt werden grundsätzlich Praktikanten i.S.v. § 26 BBiG; lediglich einzelne Arten von Praktika, z.B. bis zur Dauer von drei Monaten zur Orientierung für ein Ausbildung oder ein Studium, sind ausgenommen. Entgegen der politischen Diskussion erfasst das MiLoG nunmehr auch alle Saisonarbeitskräfte und Rentner.

Nicht vom MiLoG erfasst werden Personen unter 18 Jahren, die über keine abgeschlossene Ausbildung verfügen, Auszubildende i.S.d. BBiG und ehrenamtlich Tätige. Langzeitarbeitslose i.S.v. § 18 SGB III (mind. 1 Jahr arbeitslos) haben innerhalb der ersten sechs Monate der Beschäftigung keinen Anspruch auf eine Vergütung nach dem MiLoG.

In der Einführungsphase bis zum 31. Dezember 2017 sind tarifliche Abweichungen vom Mindestlohn erlaubt, wenn diese für alle unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitgeber sowie deren Arbeitnehmer per Gesetz als allgemeinverbindlich erklärt wurden. Bereits ab 1. Januar 2017 müssen diese abweichenden Regelungen zwar einen Mindestlohn von EUR 8,50 vorsehen, können aber die zum 1. Januar 2017 vorgesehene Anpassung des Mindestlohns (§ 9 Abs. 1 MiLoG) noch bis zum 1. Januar 2018 aussetzen. Einer (zeitliche beschränkten) generellen Ausnahme vom Mindestlohn unterliegen schließlich Zeitungszusteller. Diese werden bis zum 1. Januar 2018 stufenweise an den vollen Mindestlohn herangeführt.

2. Anspruch auf Mindestlohn und dessen Berechnung

Jeder Arbeitnehmer hat nach dem MiLoG ab dem 1. Januar 2015 Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts in Höhe des Mindestlohns. Die aktuelle Höhe des Mindestlohns beträgt EUR 8,50 brutto je geleisteter Zeitstunde (§ 1 Abs. 2 MiLoG) und ist ein „Arbeitnehmerbrutto“; der Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung ist daher nicht berücksichtigt, so dass die tatsächlichen Leistungen des Arbeitgebers über EUR 8,50 brutto hinausgehen. Der Mindestlohn ist grundsätzlich zum Zeitpunkt der vereinbarten Fälligkeit, spätestens jedoch mit der Vergütung des Monats, der auf die Arbeitsleistung folgt, auszuzahlen (§ 2 Abs. 1 MiLoG). Eine Vergütung von EUR 8,50 brutto muss daher spätestens im Folgemonat der Arbeitsleistung erreicht bzw. ausgezahlt werden. Eine Ausnahme hiervon sieht § 2 Abs. 2 MiLoG für geleistete Überstunden vor, die einem schriftlich vereinbartem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben und zunächst nicht ausgezahlt werden. In diesem Fall kann der Ausgleich innerhalb von 12 Monaten erfolgen. Langzeitkonten über 12 Monate hinaus bleiben trotz dieser gesetzlichen Regelungen weiter zulässig, sofern durch die laufende Vergütung der Mindestlohn auch unter Berücksichtigung der gutgeschriebenen und nicht ausgezahlten Überstunden erreicht wird.

Welche Leistungen des Arbeitgebers bei der Ermittlung des Bruttostundenlohnes berücksichtigt bzw. „angerechnet“ werden können, lässt sich mangels klarer gesetzlicher Regelungen derzeit noch nicht abschließend und rechtssicher beurteilen. Eine vorläufige Einschätzungshilfe bieten hierbei aber nach unserer Auffassung die Rechtsprechung des EuGH und des BAG zur Auslegung der Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (RL 96/71/EG), auf die sich auch der Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales in seiner abschließenden Beschlussempfehlung zum MiLoG vom 2. Juli 2014 ausdrücklich bezieht (dort S. 16). Insoweit stellen der EuGH und das BAG darauf ab, ob die fragliche Leistung/Zahlung des Arbeitgebers funktional gleichwertig zu der vereinbarten „Normal-Arbeitsleistung“ des Arbeitnehmers ist, mithin Teil des Entgelts, das die Gegenleistung für die regelmäßig erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers darstellt.

Nicht berücksichtigungsfähig bei der Ermittlung des Mindestlohnes sind aus diesem Grunde aller Voraussicht nach Zahlungen des Arbeitgebers, die ein Arbeitnehmer als Ausgleich für zusätzliche Leistungen erhält, wenn er bspw. auf Verlangen des Arbeitgebers ein Mehr an Arbeit oder Arbeitsstunden unter besonderen Bedingungen leistetet (Sonntags-, Feiertags-, Nachtarbeits-, Schichtarbeits-, Überstundenzuschläge). Gleiches dürfte für jährliche Einmalzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld gelten, wenn diese nicht ausnahmsweise zeitanteilig, z.B. monatlich, zum Zeitpunkt der Fälligkeit der regelmäßigen Vergütung mit ausgezahlt und zudem unwiderruflich gewährt werden. In jedem Fall muss die Sonderzahlung Entgeltcharakter haben und darf nicht ausschließlich der Honorierung der Betriebstreue dienen. Bei einmaliger Auszahlung im Kalenderjahr können Sonderzahlungen mit Entgeltcharakter im Zweifel nur zeitanteilig, z.B. ein Zwölftel je Monat und wegen der Fälligkeit des Mindestlohnes nur für die letzten beiden Monate berücksichtigt werden.

Ferner sind aller Voraussicht nach Aufwandsentschädigungen des Arbeitgebers (auch pauschaliert) nicht berücksichtigungsfähig, wenn sie dem Ausgleich von tatsächlich entstandenen Kosten dienen, z.B. pauschale Fahrtkostenerstattung. Schließlich sind aller Voraussicht nach auch Sachleistungen nicht berücksichtigungsfähig (z.B. Unterkunft und/oder Verpflegung), die der Arbeitgeber zusätzlich zum regelmäßigen Lohn gewährt. Abzuwarten wird insoweit aber bleiben, ob Sachbezüge im Sinne des § 107 Abs. 2 GewO angerechnet werden können.

Demgegenüber bleibt die Vereinbarung eines Stück-, Akkord- oder Leistungslohnes weiterhin zulässig. Allerdings muss auch hier die Zahlung des Mindestlohns von EUR 8,50 brutto pro tatsächlich geleisteter Zeit-stunde spätestens im Folgemonat gewährleistet sein. Gleiches gilt für pauschale Monatsvergütungen ohne konkrete Arbeitszeit. Bei geringfügig Beschäftigten mit einer Vergütung von EUR 450,00 wirkt sich der Mindestlohn dahingehend aus, dass diese zukünftig maximal 53 Stunden im Monat beschäftigt werden können.

Keine Auswirkung hat das MiLoG indes auf individual- oder kollektivrechtliche Vergütungsvereinbarungen, die Vergütungen oberhalb des Mindestlohns vorsehen. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, Gehälter oberhalb dieser Grenze um den Mindestlohn aufzustocken.

Der Mindestlohn ist schließlich nicht abdingbar. Entsprechende Vereinbarungen sind unwirksam (§ 3 MiLoG). Der Anspruch auf den Mindestlohn wird zudem nicht von etwaigen (arbeitsvertraglichen, tarifvertraglichen) Ausschlussfristen erfasst und unterliegt nur der gesetzlichen Verjährung von 3 Jahren.

3. Dokumentations- und Meldepflichten des Arbeitgebers

Arbeitgeber und Entleiher, die Arbeitnehmer in den in § 2a SchwarzArbG genannten Wirtschaftsbereichen oder geringfügig Beschäftigte i.S.v. § 8 SGB IV beschäftigen, trifft nunmehr die Verpflichtung, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dieser Arbeitnehmer aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens 2 Jahre lang aufzubewahren (§ 17 MiLoG). Für diese Aufzeichnungspflichten dürften aller Voraussicht nach die Maßstäbe gelten, wie sie bereits für § 16 Abs. 2 ArbZG und die dortigen Aufzeichnungspflichten des Arbeitgebers für die über 8 Stunden werktäglich hinausgehende Arbeitszeit Anwendung finden.

Arbeitgeber mit Sitz im Ausland sowie Entleiher von Arbeitnehmern von Verleihunternehmen mit Sitz im Ausland, die jeweils Arbeitnehmer in den unter § 2a SchwarzArbG genannten Wirtschaftsbereichen beschäftigen, unterliegen darüber hinaus zukünftig besonderen Meldepflichten (§ 16 MiLoG).

4. Kontrolle der Einhaltung und Sanktionierung von Verstößen

Die Kontrolle und Durchsetzung des Mindestlohns obliegt zukünftig der Zollverwaltung (§§ 14 - 21 MiLoG). Als Sanktionen für Verstöße gegen das MiLoG sieht das Gesetz sowohl Geldbußen von bis zu EUR 500.000 als auch den zeitweisen Ausschluss von der Teilnahme an Wettbewerben um Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsaufträgen von öffentlichen Auftraggebern vor.

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