Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs zur Urlaubsabgeltung

01.05.2009

[] Arbeitnehmer verlieren ihren Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub – entgegen der bisherigen Rechtsprechung der deutschen Arbeitsgerichte – auch dann nicht, wenn sie den Urlaub wegen Krankheit nicht antreten konnten. Der nicht genommene Urlaub ist in diesem Falle abzugelten. Das gilt auch, wenn der Arbeitnehmer während des ganzen Jahres oder eines Teil davon arbeitsunfähig erkrankt war und die Arbeitsunfähigkeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortbestanden hat.

Anmerkung

Der Europäische Gerichtshof hat am 20. Januar 2009 ein Grundsatzurteil zur Urlaubsabgeltung bei Krankheit gefällt. Demnach behalten Arbeitnehmer ihren Anspruch auf den gesetzlichen Jahresurlaub auch dann, wenn sie diesen krankheitsbedingt nicht antreten konnten. Geklagt hatte ein Arbeitnehmer eines öffentlichen Arbeitgebers, der in den Jahren 2004 und 2005 arbeitsunfähig erkrankt war. Das Arbeitsverhältnis endete zum 30. September 2005. Er erlangte die Arbeitsfähigkeit auch bis zum Ende des Übertragungszeitraums, d.h. März 2006, nicht wieder. Nach der bisherigen Rechtsprechung der deutschen Arbeitsgerichte war damit der Urlaubsanspruch des gekündigten Arbeitnehmers verfallen. Bislang musste seitens des Arbeitgebers nach Ausspruch einer Kündigung geprüft werden, ob der Arbeitnehmer – auch wenn er unterjährig gekündigt worden ist – bis zum Ende des Übertragungszeitraums (bei fiktiver Betrachtung) die Möglichkeit gehabt hätte, den Urlaub zu nehmen. Schied beispielsweise im September eines Jahres ein Arbeitnehmer aus, konnte erst nach Ablauf des Monats März im Folgejahr abschließend festgestellt werden, ob der bis zur Kündigung entstandene Urlaubsanspruch tatsächlich hätte genommen werden können. War der gekündigte Arbeitnehmer bis März arbeitsunfähig, kam auch eine Abgeltung nicht mehr in Betracht. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hatte Bedenken im Hinblick auf die europäische Arbeitszeitrichtlinie und rief den Europäischen Gerichtshof an. Dieses hat im Sinn der vorangestellten Leitsätze entschieden.

Zwischenzeitlich hat das mit dem Fall befasste Landesarbeitsgericht Düsseldorf zu Gunsten des gekündigten Arbeitnehmers entschieden und ihm die Ansprüche auf eine finanzielle Abgeltung zugebilligt. Die Revision gegen dieses Urteil wurde zugelassen. Allerdings hat bereits das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung aus April 2008 angedeutet, dass es vor dem Hintergrund des Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof an der bisherigen Rechtsprechung nicht festhalten werde.

Für Arbeitgeber bedeutet die Entscheidung eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung. Sie müssen auch dann den Urlaub abgelten, wenn der gekündigte Arbeitnehmer diesen infolge von Krankheit gar nicht nehmen konnte. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese Rechtsfolge nur für den gesetzlichen Urlaubsanspruch gilt. Darüber hinausgehender Urlaub nach tarifvertraglichen oder einzelvertraglichen Vereinbarungen dürfte entsprechend der bisherigen Rechtspraxis nach wie vor verfallen können. Dies ist im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln.

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