Wettbewerbsverstöße: Zum Unterlassen gehört auch der Rückruf!

München, 03.01.2018

In der jüngsten Vergangenheit hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in drei Entscheidungen zu prüfen, welche konkreten Pflichten eines Schuldners aus einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch abzuleiten sind.

Das Fazit lautet: Wer ein wettbewerbswidriges Verhalten im Zusammenhang mit einem rechtsverletzenden Produkt unterlassen muss, der muss zugleich auch im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren einen Produktrückruf vornehmen.

Problemstellung

Trennung zwischen Unterlassung und Rückruf

Bevor der BGH beginnend mit der Entscheidung „Red Sox“ eine Kehrtwende seiner bisherigen Rechtsprechung begann, musste ein Verletzer im Regelfall damit aufhören, die Verletzungsprodukte anzubieten, zu bewerben, zu importieren und/oder in den Verkehr zu bringen.

Die spannende Frage war dann in der Folge, ob unter diesen Pflichtenkreis auch ein Rückruf sämtlicher Verletzungsprodukte aus dem Groß- und Einzelhandel fiel.

Das Einstellen der eigenen Verletzungshandlungen, wie etwa der Werbung und des Verkauf von schutzrechtsverletzenden Produkten ist schließlich schon schmerzhaft genug. Aber jeden Händler zu kontaktieren, entsprechende Verträge rückabzuwickeln, stellt einen deutlich größeren Schritt dar. Hinzu kommt, dass der Verletzer auf das Wohlwollen der Händler angewiesen ist. Aus eigener Kraft kann er alleine die Verletzungsprodukte nicht zurückrufen.

Die „Red Sox”-Entscheidung des BGH

Änderung der bisherigen Rechtsprechung

Beinahe schon beiläufig stellten die Richter recht überraschend in dem Urteil „Red Sox“ vom 19. November 2015, Az. I ZR 109/14, fest, dass ein Verletzer, dem aufgrund einer vorausgegangenen einstweiligen Verfügung eine Unterlassung auferlegt wurde, nicht nur verpflichtet war, den weiteren Vertrieb der noch nicht verkauften Verletzungsprodukte einzustellen, sondern auch bereits an den Groß- und Einzelhandel verkaufte Produkte zurückzurufen.

Diese Entscheidung sorgte für Unruhe, sie wurde aber vor allem wegen ihrer fehlenden rechtsdogmatischen Begründung eher als Einzelfallentscheidung angesehen.

Der „RESCUE“-Beschluss des BGH

Fortsetzung der Rechtsprechung „Red Sox“

Etwas später lag dem BGH erneut ein Fall vor, in welchem geklärt werden musste, ob derjenige, dem es durch Urteil unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten wurde, Verletzungsprodukte zu bewerben und zu vertreiben, auch den Rückruf dieser Produkte veranlassen muss.

Der BGH führte seine Rechtsprechung aus der „Red Sox“- Entscheidung fort. Die Richter waren auch in diesem Fall der Auffassung, dass der Verletzer aktiv an den Groß- und Einzelhandel verkaufte Waren zurückrufen muss. Ein Verletzer müsse schließlich alle Handlungen vornehmen, die möglich und zumutbar sind, um den Störungszustand zu beseitigen.

Das „Luftentfeuchter“-Urteil des BGH

Bestätigung der Rückrufpflicht

Aktuell liegt nunmehr ein weiteres Urteil des BGH vor (Urteil vom 4. Mai 2017, Az. I ZR 208/15 – Luftentfeuchter) vor, das sich mit dem Themenkomplex Unterlassung/Rückruf befasst.

Die Richter bestätigen nochmals, dass auch unter einen reinen Unterlassungsanspruch der Rückruf schutzrechtsverletzender Produkten aus der Vertriebskette falle. Der Verletzer sei verpflichtet, im Rahmen des Zumutbaren und Möglichen auf Dritte einzuwirken, um eine Beseitigung eines fortdauernden Störungszustandes zu bewirken.

In dem von dem BGH zuletzt entschiedenen Fall hatte sich der Verletzer vertraglich im Rahmen einer strafbewehrten Erklärung zur Unterlassung verpflichtet.

Nach den nunmehr vorliegenden Entscheidungen des BGH ist klargestellt, dass die Unterlassungspflicht den Rückruf umfasst, unabhängig davon, ob die Unterlassung vertraglich festgelegt wurde, im Rahmen einer einstweiligen Verfügung angeordnet wurde oder in einem Urteil ausgesprochen wurde.

Was ist nun konkret zu tun?

Fest steht, dass nunmehr höhere Hürden zu erklimmen sind, um die Pflicht zur Unterlassung rechtskonform zu erfüllen.

Wenn Sie in der Vergangenheit zu einer Unterlassung verpflichtet wurden, gleichgültig ob in einer vertraglichen Verpflichtung nach Erhalt einer Abmahnung oder im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens, so ist zwingend zu prüfen, ob Sie Ihren Unterlassungspflichten ausreichend nachkommen. Gegebenenfalls müssen Sie auch Produkte bei Groß- und Einzelhändlern zurückrufen, bei denen die Verletzungshandlung länger zurück liegt, aber noch nicht verjährt ist. Ansonsten drohen Vertragsstrafen oder Ordnungsgelder.

Es ist aber auch zu prüfen, ob ein Verletzer Ihrer Rechte Ihnen gegenüber alles getan hat, um seiner Unterlassungspflicht nachzukommen. Wenn die Rückrufpflicht nicht erfüllt wurde, so steht auch hier die Zahlung einer Vertragsstrafe oder Verhängung eines Ordnungsgeldes im Raum.

Die in unserem Legal Update dargestellte Rechtssprechung sollten Sie zum Anlass nehmen, Vorkehrungen für den „worst case“ einer Schutzrechtsverletzung zu treffen. Die Folgen eines Unterlassungsanspruches sind gravierend, da sie nunmehr auch den Rückruf der Verletzerprodukte aus der Vertriebskette umfassen.

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