GÖRG wehrt für die Tinmar-Gruppe erfolgreich eine Klage in einem ICC-Eilschiedsverfahren ab

09.08.2017

[Köln, ] Seit 2012 ermöglicht es Art. 29 der Schiedsgerichtsordnung der Internationalen Handelskammer (ICC) einer Partei, die „dringende Sicherungsmaßnahmen oder vorläufige Maßnahmen benötigt, die nicht bis zur Bildung eines Schiedsgerichts warten können („Eilmaßnahmen“)“, einen entsprechenden Antrag beim Sekretariat der ICC zu stellen. Die Besonderheit dieses Eilschiedsverfahrens ist nicht nur, dass die Parteien in ihrer Schiedsklausel ein derartiges Verfahren ausdrücklich ausschließen müssen, das Eilschiedsverfahren also ansonsten automatisch Anwendung finden kann, sondern auch, dass die Entscheidung des Eilschiedsrichters bereits 15 Tage nach Übergabe der Akten an diesen ergehen muss.

Seit der Einführung des Art. 29 der ICC-Schiedsgerichtsordnung gab es nur einige wenige derartige Verfahren, in der Zukunft ist jedoch mit einer Zunahme solcher Verfahren zu rechnen. Im Ergebnis waren die Schiedskläger in weniger als der Hälfte der berichteten Fälle erfolgreich. So auch hier:

Ein Team von Schiedsverfahrens-Spezialisten von GÖRG und Wolff Theiss hat gemeinsam mit dem Inhouse-Team der Schiedsbeklagten erfolgreich den Antrag eines Lieferanten diverser Komponenten von Fotovoltaikanlagen für insgesamt vier Solarparks in Rumänien abgewehrt. Mit ihrem Antrag versuchte die Schiedsklägerin, nachdem sie bereits vor staatlichen deutschen Gerichten gescheitert war, die Ziehung von Bürgschaften auf erstes Anfordern durch vier Projektgesellschaften, allesamt Teil der rumänischen Tinmar-Gruppe, zu verhindern. Die Tinmar-Gruppe ist einer der größten privaten rumänischen Energieversorger, aufgeteilt in die Sparten Energie, Öl und Gas, wozu auch erneuerbare Energien wie Solarenergie gehören. Durch ihre Projektgesellschaften betreibt die Tinmar-Gruppe u.a. die vier streitgegenständlichen Solarparks in Rumänien. Die Ziehung der Bürgschaften war erforderlich geworden, da - nach Ansicht der Schiedsbeklagten - weiterhin Mängel an den gelieferten Komponenten existieren.  

Der vom Präsidenten des Internationalen Schiedsgerichtshofs der ICC eingesetzte Eilschiedsrichter hat mit Beschluss vom 28. Juli 2017 - genau 15 Tage nach seiner Ernennung - eine umfassend und ausführlich begründete Entscheidung gefällt, in der alle Anträge der Schiedsklägerin zurückgewiesen wurden. Dabei befürwortete der Eilschiedsrichter zunächst dem Grunde nach das Vorliegen eines Falles, der „dringende Sicherungsmaßnahmen oder vorläufige Maßnahmen benötigt, die nicht bis zur Bildung des Schiedsgerichts warten können“ i.S.v. Art. 29 Abs. 1 der ICC-Schiedsgerichtsordnung. Welcher Standard im Einzelfall anzuwenden sei, ist nach Ansicht des Eilschiedsrichters schwierig zu bestimmen, da die ICC-Schiedsgerichtsordnung außer dem Merkmal der Dringlichkeit hier keine Anhaltspunkte benenne. Nach ausführlicher Analyse der (spärlichen) Praxis von Schiedsgerichten sowie des grundlegenden Werkes von Gary Born (International Commercial Arbitration, 2. Aufl. 2014) sei das Vorliegen von zwei Voraussetzungen zu prüfen: (i) eine prima facie Begründetheit in der Hauptsache (nach eher objektiven Kriterien), und (ii) Dringlichkeit (nach eher subjektiven Kriterien).

Im vorliegenden Fall habe die Schiedsklägerin bereits versäumt, einen prima facie Nachweis für eine hohe Wahrscheinlichkeit des Obsiegens in der Hauptsache (konkret: die Nicht-Existenz von Gewährleistungsansprüchen) beizubringen. Damit war über die (eigentlich interessante und im konkreten Fall umstrittene) Frage der Dringlichkeit nicht mehr zu entscheiden und der Antrag war zurückzuweisen. 

So hat der - im Beschluss des Eilschiedsrichters zweimal zitierte - Grundsatz „erst zahlen, dann prozessieren“, der die Bürgschaft auf erstes Anfordern im internationalen Rechtsverkehr zu einem so erfolgreichen Instrument gemacht hat, obsiegt. Dies entspricht den in jeder Hinsicht lesenswerten Ausführungen von Stefan Kröll („Der Eilschiedsrichter als Mittel, um die missbräuchliche Inanspruchnahme von Bankgarantien zu verhindern“, ZBB 2016, 271). Ob sich die betroffenen Bürgen, zwei namhafte Versicherer, an diesen Grundsatz und den Beschluss des Eilschiedsrichters halten, bleibt abzuwarten.

GÖRG ist regelmäßig in internationalen Rechtsstreitigkeiten und Schiedsverfahren tätig. Dr. Christof Siefarth und Dr. Sebastian Feiler beraten überwiegend grenzüberschreitend tätige Unternehmen in internationalen Gerichts- und Schiedsverfahren, insbesondere nach der ICC-Schiedsgerichtsordnung.

Vertreter Tinmar-Gruppe

GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB
Dr. Christof Siefarth, LL.M., Partner, Prozessführung, Bau- und Anlagenrecht
Katharina Reiners, LL.M., Associate, Energiewirtschaftsrecht
Dr. Sebastian Feiler, Associate, Prozessführung, Bau- und Anlagenrecht

Wolf Theiss, Bukarest
Ciprian Glodeanu, Partner
Sorin Dumitru, Associate

Tinmar-Gruppe, Bukarest
Adrian Pavelescu, Head of Corporate Development

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