Pfandrechte an Aktien und deren Verwertung

23.02.2012

[] Verpfändungen von Aktien sind in der Praxis nicht ungewöhnlich. Zum einen spielen sie als Kreditsicherheit im Rahmen von Unternehmens- und Akquisitionsfinanzierungen eine nicht unwesentliche Rolle, zum anderen halten Kreditinstitute häufig nach ihren AGBs Pfandrechte an Aktiendepots ihrer Kunden. Der Wert der durch das Pfandrecht begründeten Sicherheit hängt jedoch von verschiedenen Aspekten ab, die sowohl bei der Verpfändung als auch bei der Verwertung eines Pfandrechts zu berücksichtigen sind.

1. Bestellung des Pfandrechts

Aktien können als Rechte nach § 1273 Abs. 1 BGB Gegenstand eines Pfandrechts sein. Die Bestellung des Pfandrechts richtet sich nach der Aktienart. Bei verbrieften Inhaberaktien sowie blankoindossierten Namensaktien gelten nach § 1273 BGB für die Bestellung des Pfandrechts die Bestimmungen über das Pfandrecht an beweglichen Sachen, so dass nach §§ 1205 f. BGB die Übergabe der Aktienurkunde oder ein Übergabesurrogat erforderlich ist. Verbriefte Namensaktien werden nach § 1292 BGB durch Einigung und Übergabe der indossierten Aktie verpfändet. Nach überwiegender Ansicht gilt dies auch für in einer Dauerglobalurkunde verbriefte Aktien. Nach der Gegenansicht können diese dagegen nur nach den Vorschriften über die Rechtsverpfändung verpfändet werden. Da bei einer Rechtsverpfändung kein Gutglaubensschutz existiert, der redliche Pfanderwerber somit nicht geschützt ist, wäre somit entweder der Wert eines Pfandrechts an in einer Dauerglobalurkunde verbrieften Aktien deutlich gemindert oder der Pfandgläubiger hatte eine sorgfältige Due Diligence durchzuführen, um sicherzustellen, dass die Aktien nicht bereits anderweitig belastet oder veräußert wurden. Existiert keine Aktienurkunde, erfolgt die Verpfändung nach § 1274 BGB i.V.m. §§ 398, 413 BGB durch formfreie vertragliche Einigung.

Bei Verpfändung vinkulierter Namensaktien ist zu beachten, dass diese nach § 68 Abs. 2 Satz 1 AktG die Zustimmung der Gesellschaft erfordert, der Pfandgläubiger somit sicherstellen muss, dass diese Zustimmung vorliegt.

2. Verpfändung und Kapitalerhaltungsvorschriften

Bei der Verpfändung von Aktien ist auf die Einhaltung der Kapitalerhaltungsvorschriften zu achten.

Werden Aktien der Kreditnehmerin selbst verpfändet, kommt die Anwendung des Verbots der Einlagenrückgewährung nach § 57 AktG auf konzernexterne Kreditgeber nur bei sogenannten atypischen Pfandgläubigern in Betracht, d.h. dann, wenn sich der Pfandgläubiger durch weitergehende Nebenabreden eine Position einräumen lässt, die im wirtschaftlichen Ergebnis der Stellung eines Gesellschafters gleich kommt. Um dies zu vermeiden, ist daher große Zurückhaltung bei Zustimmungsvorbehalten und sonstigen covenants, die dem Kreditgeber und Pfandgläubiger Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft geben, zu üben.

Etwas anderes gilt bei sogenannten Upstream-Besicherungen, d.h. die Verpfändung von Aktien bei Kreditgewährung an den Gesellschafter, die insbesondere bei Akquisitionsfinanzierungen, beim Cash-Pooling oder im Rahmen einer zentralen Konzernfinanzierung anzutreffen sind. Zwar stellen nach der Rückkehr zur bilanziellen Betrachtungsweise durch das MoMiG Upstream-Darlehen nach § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG dann keine verbotene Einlagenrückgewähr dar, wenn ein vollwertiger Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch besteht. Bei aufsteigenden Sicherheiten wird die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs der Gesellschaft gegenüber dem Aktionär im Falle der Inanspruchnahme der Sicherheit jedoch regelmäßig zu verneinen sein, da die Inanspruchnahme der Sicherheit nur erfolgt, wenn der Aktionär nicht zahlungsfähig ist. Dies führt zwar nur dann zur Unwirksamkeit der Verpfändung, wenn ein kollusives Zusammenwirken zwischen Kreditinstitut und Gesellschaft zum Schaden der Gesellschaft und deren Gläubiger vorliegt. Die Bestellung der Sicherheit begründet jedoch eine Haftung von Vorstand und ggf. Aufsichtsrat nach § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG bzw. § 116 AktG. In der Praxis hat zur Folge, dass solche Upstream-Sicherheiten nicht oder nur unter solchen Einschränkungen („Limitation Langugage") zu erhalten sind, die faktisch zu einer Entwertung der Sicherheit führen.

3. Verwertung des Pfandrechts

Die Verwertung des Pfandrechts an Aktien ist nach § 1228 Abs. 2 BGB bei Eintritt der Pfandreife, d.h. bei Fälligkeit der besicherten Forderung zulässig. Nach § 1277 BGB ist bei verpfändeten Aktien eine Befriedigung aus dem Recht nur aufgrund eines vollstreckbaren Titels zulässig. Hiervon kann jedoch in der Sicherungsabrede abgewichen werden. Da das Erfordernis eines vollstreckbaren Titels die Pfandverwertung zeitlich wesentlich verzögern würde, ist bei der Pfandbestellung aus Sicht des Pfandgläubigers unbedingt darauf zu achten, dass auf dieses Erfordernis verzichtet wird. Dies gilt auch für Inhaberaktien, die in einer Dauerglobalurkunde verbrieft sind. Zwar unterliegen Inhaberaktien nach § 1293 BGB den Vorschriften über Pfandrechte an beweglichen Sachen, die für die Pfandreife keinen vollstreckbaren Titel vorschreiben. Teilweise wird jedoch vertreten, dass es bei Globalurkunden an einem Besitzmittlungsverhältnis fehle, so dass eine Verpfändung solcher Aktien nach § 1205 Abs. 1 BGB und damit nach den Vorschriften über bewegliche Sachen nicht möglich sei. Dies wiederum hätte zur Folge, dass § 1277 BGB mit dem Erfordernis eines Vollstreckungstitels wieder zur Anwendung kommt.

Nach § 1278 Abs. 1 BGB erfolgt die Verwertung des Pfandrechts durch Verkauf. Handelt es sich um börsennotierte Aktien, kann der Pfandgläubiger nach § 1221 BGB entweder den Verkauf aus freier Hand, durch einen zu solchen Verkäufen ermächtigten Handelsmäkler oder durch eine zur öffentlichen Versteigerung befugte Person zum laufenden Preis oder nach § 1235 BGB durch öffentliche Versteigerung bewirken. Im Falle von nicht börsennotierten Aktien ist eine Verwertung nur im Wege der öffentlichen Versteigerung möglich.

Versteigerungsort ist gemäß § 1236 BGB der Aufbewahrungsort des Pfandes. Handelt es sich um ein gewerbliches Pfand, was bei Finanzsicherheiten der Fall ist, findet nach § 1259 BGB diese Vorschrift keine Anwendung, so dass der Ort der Versteigerung frei vereinbart werden kann. Da der Ort der Versteigerung Einfluss auf die Beteiligung von Bietern und damit auf den Versteigerungserlös haben kann, sollte ein geeigneter Versteigerungsort in der der Verpfändung zugrunde liegenden Sicherungsabrede festgelegt werden.

Zeit und Ort der Versteigerung sind gemäß § 1237 BGB öffentlich bekannt zu machen. Vorschriften über das Bekanntmachungsorgan enthält das Gesetz nicht. Bei Aktien bietet es sich an, die Veröffentlichung zumindest in dem satzungsmäßigen Gesellschaftsblatt vorzunehmen; darüber kann es zweckmäßig sein, die Versteigerung auch in anderen geeigneten Publikationen, insbesondere in den einschlägigen Branchenblättern, anzukündigen.

Bei der Verwertung von verpfändeten Aktien im Wege der öffentlichen Versteigerung ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese Verwertung grundsätzlich eine negative Presse für die betroffene Gesellschaft darstellt und somit einen nachteiligen Einfluss auf ihre Geschäftstätigkeit haben kann. Es kann daher durchaus im Interesse des Pfandgläubigers liegen, die Versteigerung nur möglichst wenig publik zu machen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Bekanntmachung nach Treu und Glauben so zu erfolgen hat, dass die im Einzelfall interessierten Kreise der Öffentlichkeit erreicht werden und ein möglichst weiter Interessentenkreis unterrichtet wird.

Dem Inhaber der verpfändeten Aktien ist die Versteigerung nach § 1234 Abs. 1 Satz 1 BGB mindestens einen Monat zuvor anzudrohen. Von der Monatsfrist kann jedoch vertraglich abgewichen werden. Da eine anstehende Versteigerung von Aktien wegen der dadurch bedingten Ungewissheit über die Zukunft der Gesellschaft zu einer Lähmung ihre Geschäftstätigkeit führen kann, sollte von der Möglichkeit, die Androhungsfrist zu verkürzen, Gebrauch gemacht werden. Üblich ist eine Androhungsfrist von einer Woche.

Nach § 383 Abs. 3 BGB hat die Versteigerung durch einen am Versteigerungsort bestellten Gerichtsvollzieher, zu Versteigerungen befugte andere Beamte oder öffentlich angestellte Versteigerer zu erfolgen. Neben den Gerichtsvollziehern kommen danach Notare gemäß § 20 Abs. 3 BNotO sowie nach § 34b Abs. 5 GewO bestellte Versteigerer in Betracht.

4. Schwierigkeiten und Grenzen der Verwertung

(a) Will der Pfandgläubiger einen möglichst hohen Verwertungserlös erzielen, steht er vor der praktischen Notwendigkeit, möglichen Interessenten Einblick in das Unternehmen der Gesellschaft, deren Aktien versteigert werden sollen, zu geben, d.h. ihnen eine sogenannte Due Diligence zu ermöglichen. Hierzu ist er jedoch auf die Mitwirkung der Gesellschaft, die die entsprechenden Daten zur Verfügung stellen muss, angewiesen. Wird diese Mitwirkung verweigert, erschwert dies eine Verwertung der Aktien und wird nachteilige Auswirkungen auf den Verkaufserlös haben. Der Pfandgläubiger sollte somit bereits bei Bestellung des Pfandrechts durch entsprechende Vereinbarung die Unterstützung der Gesellschaft sicherstellen. Ist die Gesellschaft hierzu bereit, kann zwar ein strukturierter Verkaufsprozess durchgeführt werden, der jedoch die Pfandverwertung zeitlich wesentlich verzögern wird.

(b) Der Erwerb eines Aktienpakets von mindestens 25% unterliegt, sofern die Aufgriffsschwellen nach deutschem oder europäischem Kartellrecht erreicht werden, der Fusionskontrolle, auch wenn der Erwerb im Rahmen einer Pfandverwertung erfolgt. Ob dies der Fall ist, hängt vom Erwerber der Aktien ab. Kommt danach eine Fusionskontrolle zur Anwendung, ist ein Vollzug nur zulässig, nachdem eine Freigabe durch die betreffende Kartellbehörde erteilt wurde oder die Untersagungsfristen verstrichen sind. Sofern im Vorwege der Versteigerung eine Freigabe durch die Kartellbehörde nicht eingeholt werden kann, was praktisch nur dann möglich ist, wenn es nur einen Bieter gibt oder der Erwerber faktisch feststeht, muss nach dem Zuschlag in der Versteigerung mit der Übereignung der Aktien bis dahin zugewartet werden. Um sicherzustellen, dass der Erwerber die für die Prüfung der Fusionskontrollpflichtigkeit sowie ggf. der Anmeldung erforderlichen Informationen und Unterstützungshandlungen erbringt, hat der Pfandgläubiger entsprechende Verpflichtungen der Bieter in die Versteigerungsbedingungen aufzunehmen.

(c) Bei der Verwertung von Aktien ist weiter das Verbot von Insider-Geschäften nach § 14 WpHG zu beachten, sofern es sich um börsennotierte Aktien handelt. Dies betrifft insbesondere die verwertende Bank, die weder bei der Verwertung des Pfandrechts durch öffentliche Versteigerung der Aktien noch durch Verkauf über die Börse Insiderinformationen ausnutzen darf.

5. Verwertung in der Insolvenz des Pfandinhabers

In der Insolvenz des Pfandinhabers stellt sich die Frage, ob das Verwertungsrecht bzgl. der verpfändeten Aktien nach § 166 Abs. 1 InsO dem Insolvenzverwalter oder weiterhin nach §§ 1228 ff. BGB dem Pfandgläubiger zusteht. Das Verwertungsrecht steht dem Insolvenzverwalter dann zu, wenn er die verpfändeten Aktien in seinem Besitz hat. Bei einzelverbrieften Aktien wird dies regelmäßig nicht der Fall sein. In der Regel sind jedoch Aktien in einer Dauerglobalurkunde, die bei der Clearstream Banking AG als Wertpapiersammelbank hinterlegt ist, verbrieft, so dass der Pfandgläubiger nur mittelbarer Besitzer der Aktien ist. Ein mittelbares Besitzverhältnis hat jedoch auch der Insolvenzverwalter an den Aktien. Nach einer Ansicht ist das Besitzmittlungsverhältnis des Pfandgläubigers enger als das des Verwalters, so dass das Verwertungsrecht weiterhin dem Pfandgläubiger zusteht. Nach der Gegenansicht liegt das Verwertungsrecht beim Insolvenzverwalter. Der Pfandgläubiger muss somit damit rechnen, dass bei einer Insolvenz des Pfandschuldners der Insolvenzverwalter das Verwertungsrecht in Anspruch nimmt, so dass er sich darüber mit dem Insolvenzverwalter auseinandersetzen muss, was die Verwertung verzögert. Überlässt er hingegen dem Insolvenzverwalter die Verwertung, begibt er sich damit der Kontrolle über den Verwertungsprozess.

Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, ist sowohl bei der Bestellung als auch bei der Verwertung eines Pfandrechts an Aktien eine Vielzahl von Aspekten sorgfältig zu beachten, damit die Sicherheit des Pfandrechts nicht beeinträchtigt wird.

Dr. Werner Mielke

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