Aktuelle Entscheidungen zu Mietverhältnissen in der Insolvenz

01.05.2013

[Essen, ] Die Insolvenz sowohl eines Eigentümers und Vermieters als auch eines Mieters birgt erhebliche wirtschaftliche Risiken für die jeweils andere Partei. Die Auswirkungen einer Insolvenz auf ein Mietverhältnis sollte man sowohl als Vermieter als auch als Mieter kennen, um bereits bei der Vertragsgestaltung, vor allem jedoch bei der Durchführung des Mietvertrages entsprechend reagieren und Risiken mindern zu können. Nachfolgend soll anhand einiger Urteile der jüngeren Zeit zumindest beispielhaft auf zwei regelmäßig relevante Aspekte eingegangen werden: – Folgen der insolvenzrechtlichen Anfechtungsmöglichkeiten: Rückforderung von bereits geleisteten Mietzahlungen bei Insolvenz des Mieters – Erwerb eines Mietobjekts vom Insolvenzverwalter und Schicksal der Barkaution in der Insolvenz.

1. Insolvenzrechtliche Anfechtungsmöglichkeiten: Rückforderung von bereits geleisteten Mietzahlungen durch den Insolvenzverwalter des Mieters

Ein von Vermietern oft unterschätztes Risiko stellen die insolvenzrechtlichen Anfechtungsmöglichkeiten der § § 130 ff. InsO im Fall der Mieterinsolvenz dar. Die §§ 130 ff. InsO sehen verschiedene Anfechtungsmöglichkeiten vor, die jeweils bestimmte Anforderungen voraussetzen und einen variierenden Zeitraum vor der Insolvenzantragstellung, den „Anfechtungszeitraum“, betreffen. Liegen die Voraussetzungen vor, kann der Insolvenzverwalter die im maßgeblichen Anfechtungszeitraum geleisteten Mietzahlungen vom Vermieter zurückfordern. Etwas vereinfacht kann man davon ausgehen, dass Zahlungen, die zeitlich kurz vor Insolvenzantragstellung erfolgten, unter geringeren Voraussetzungen anfechtbar sind als länger zurückliegende Zahlungen. Mit 10 Jahren vor Insolvenzantragstellung sieht die Vorsatzanfechtung des § 133 InsO den maximalen Anfechtungszeitraum der InsO vor, dafür gelten entsprechend hohe subjektive Anforderungen. Dies sollte Vermieter jedoch nicht in trügerischer Sicherheit wiegen.

Anfechtbarkeit bejaht nach Entstehen erheblicher Mietrückstände

Sowohl das OLG Hamburg (OLG Hamburg, U. v. 03.02.2012 – 8 U 39/11 - GuT 2012, 129) als auch das LG Hamburg (LG Hamburg, U. v. 20.08.2012, 323 O 110/11, ZInsO 2012, 1728) haben jüngst einer Vorsatz-anfechtung durch den Insolvenzverwalter über das Vermögen des Mieters bejaht und den Vermieter zur Rückzahlung bereits erhaltener Mieten verpflichtet. In beiden Fällen hatte der Mieter über geraume Zeit einen erheblichen Mietrückstand aufgebaut und nicht ausgeglichen, sowie um Stundung gebeten. Im Fall des OLG wurde ein Dauerauftrag nicht ausgeführt, im Fall des LG war eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen, aber nicht erfüllt worden. Knackpunkt ist, dass die Gerichte aus den jeweiligen Umständen schlossen, dass dem Vermieter die drohende Zahlungsunfähigkeit des Mieters bekannt war und es sich ihm aufdrängen musste, dass der Mieter durch die Zahlung an den Vermieter seine anderen Gläubiger benachteiligte, da deren Aussicht auf Befriedigung entsprechend sank. Somit wurde die Anfechtungsmöglichkeit bejaht. Die beiden Urteile liegen auf einer Linie mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, U. v. 20.11.2008, NZI 2009, 168, zu Mieten; vgl. auch BGH, U. v. 24.05.2007, NZI 2007, 512 zu Steuern und BGH, U. v. 01.07.2010, ZInsO 2010, 1598, zu Sozialversicherungsbeiträgen). Bedenkt man, dass der Anfechtungszeitraum des § 133 InsO, somit der Zeitraum der schlimmstenfalls zurückzuerstattenden Mietzahlungen, zehn Jahre beträgt, sollten Vermieter bei Problemmietern gut abwägen, ob sie dieses Risiko in Kauf nehmen, ggf. auch entsprechende Rückstellungen bilden wollen, oder nicht besser das Mietverhältnis beenden und sich um eine Nachvermietung bemühen.

Zusätzliches Risiko bei „alternativen“ Zahlungswegen

Kritisch sind auch Zahlungen von Mietern, die nicht so erfolgen, wie mietvertraglich vereinbart. Regelmäßig wird eine monatlich vorschüssige Zahlung durch Überweisung oder Einzug zum 3. Werktag des Monats vereinbart sein. Nimmt der Vermieter stattdessen andere Leistungen entgegen, bspw. Wechsel, direkte Zahlungen des Untermieters (bspw. BGH, U. v. 20.01.2011, NZM 2011, 408, Direktzahlung des Untermieters an den Hauptvermieter; BGH, U. v. 10.01.2008, NZI 2008, 233, Wechsel), handelt es sich insolvenzrechtlich um eine sog. „inkongruente Deckung“. Für derartige inkongruente Mietzahlungen gilt nicht nur der spezielle Anfechtungstatbestand des § 131 InsO, vielmehr kann eine inkongruente Mietzahlung auch dazu führen, dass eine Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO möglich ist.

2. Erwerb eines Mietobjekts vom Insolvenzverwalter und Schicksal der Barkaution in der Insolvenz

Sowohl für den Mieter als auch für denjenigen, der ein Mietobjekt von einem Insolvenzverwalter ersteigert o-der erwirbt, wird die Frage relevant, ob die Mietkaution insolvenzfest angelegt wurde. Für Wohnraummietverhältnisse folgt bereits aus § 551 Abs. 3 S. 3 BGB, dass der Vermieter verpflichtet ist, eine Mietsicherheit getrennt von seinem Vermögen anzulegen. Der Mieter kann verlangen, dass der Vermieter ihm ein entsprechendes Kautionssonderkonto benennt und bis dahin die Kaution zurückbehalten (BGH, U. v. 13.10.2010, NZM 2011, 28). Der Mieter sollte auch auf einer direkten Zahlung auf das Sonderkonto bestehen und sich nicht darauf einlassen, zunächst auf das allgemeine Konto des Vermieters zu zahlen und den Betrag sodann vom Vermieter auf ein Sonderkonto weiterleiten zu lassen, um zu vermeiden, dass das Kautionsguthaben mit dem Vermögen des Vermieters vermischt wird. Für Gewerbemietverhältnisse fehlt zwar eine entsprechende gesetzliche Regelung, aus dem zugrundeliegenden Treuhandverhältnis dürfte aber entsprechendes folgen. Es empfiehlt sich dennoch für den Mieter, bei Vereinbarung einer Barkaution eine Regelung dazu im Gewerbemietvertrag aufzunehmen.

Rückforderungsanspruch des Mieters ist in der Regel Insolvenzforderung

Legt der Vermieter die Barkaution nicht getrennt von seinem Vermögen an, ist die Barkaution nicht „insolvenzfest“. Im Fall der Insolvenz des Vermieters ist der Anspruch des Mieters auf Rückerstattung der Kaution bei Beendigung des Mietverhältnisses eine reine Insolvenzforderung, der Mieter kann seinen Anspruch lediglich durch Anmeldung zur Insolvenztabelle geltend machen und muss sich mit einer allenfalls quotalen Befriedigung abfinden. Dies gilt unstreitig jedenfalls dann, wenn das Mietverhältnis vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Mieters endete (BGH, U. v. 20.12.2007, NZM 2008, 203). Der Mieter läuft in der Vermieterinsolvenz somit Gefahr, seiner Kaution verlustig zu gehen, wenn er nicht zu Beginn auf eine insolvenzfeste Anlage achtete.

Erwerber haftet für die Rückgewähr der Kaution

Für denjenigen, der ein vermietetes Objekt von einem Insolvenzverwalter erwirbt, folgt daraus ein besonderes Risiko: Hat der insolvente Altvermieter die Kaution nicht insolvenzfest angelegt, wäre der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Kaution gegen den Altvermieter zwar eine praktisch meist wertlose Insolvenzforderung. Der Erwerber tritt jedoch in die Pflicht ein, dem Mieter die Kaution zum Mietende auszukehren, selbst wenn er sie vom Altvermieter bzw. Insolvenzverwalter nie erhielt. Dies gilt nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann, wenn das Mietobjekt vom Insolvenzverwalter nicht freihändig veräußert, sondern versteigert wurde (BGH, U. v. 07.03.2012, NZM 2012, 344).

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