Einführung
Wenn Parteien einen Gewerbemietvertrag abschließen, können zu diesem Zeitpunkt noch Unklarheiten darüber bestehen, ob die bezweckte Nutzung tatsächlich möglich sein wird. Dazu können noch beispielsweise Untersuchungen, Genehmigungen oder sogar Bebauungsplanverfahren erforderlich sein. Diese Unklarheiten können vertraglich abgesichert werden.
Der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigte sich in einer Entscheidung zu einem Mietvertrag über Windkraftanlagen mit einer solchen vertraglichen Absicherung. Die Entscheidung ist allgemein für die rechtliche Strukturierung von Laufzeitvereinbarungen bei Mietverträgen relevant.
Sachverhalt der Entscheidung
Die Parteien schlossen einen Mietvertrag für den künftigen Betrieb einer Windkraftenergieanlage ab. Die vertraglichen Regelungen waren allgemeine Geschäftsbedingungen der Mieterin. Der Mietvertrag sollte bereits mit Unterzeichnung beginnen. Der Beginn der Festlaufzeit von 20 Jahren war jedoch an die Inbetriebnahme der letzten geplanten Windkraftanlage geknüpft. Bis zu diesem künftigen und ungewissen Ereignis war der Mietvertrag aufschiebend bedingt. In der Zwischenzeit sollte der Mieter das Grundstück allerdings schon nutzen dürfen.
Der Mietvertrag enthielt keine Regelung zur ordentlichen Kündbarkeit während der Zeit bis zum Eintritt der aufschiebenden Bedingung. Die Parteien vereinbarten jedoch Regelungen zum Rücktritt, falls notwendige Genehmigungen nicht binnen eines bestimmten Zeitraums vorliegen sollten. Zudem trafen die Parteien vom Gesetz abweichende Vereinbarungen zur außerordentlichen Kündigung. Der Vermieter kündigte vor Eintritt der Bedingung.
Rechtliches
Der BGH entschied, dass die Kündigung des Vermieters unwirksam war. Nach seiner Ansicht läuft ein Mietvertrag zunächst auf unbestimmte Zeit, wenn dessen Laufzeit von einer aufschiebenden Bedingung abhängt.
Mietverhältnisse mit unbestimmter Laufzeit sind nach dem Gesetz ordentlich kündbar. Die ordentliche Kündbarkeit war im Mietvertrag auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Das sprach noch für die Wirksamkeit der Kündigung des Vermieters.
Der BGH legte den Mietvertrag aber so aus, dass die Parteien die ordentliche Kündbarkeit stillschweigend ausgeschlossen hätten. Dies begründete der BGH insbesondere in einer Gesamtschau der vertraglichen Regelungen zum Rücktritt und der außerordentlichen Kündbarkeit. Die Kündigung des Vermieters war damit vom Tisch.
Folgen für Verträge
Der BGH stellte in seiner Entscheidung maßgeblich auf die konkrete vertragliche Gestaltung des Einzelfalls ab. Ob die Rechtsprechung daher auch ohne Weiteres auf andere vertragliche Konstellationen übertragbar ist, bleibt abzuwarten. Überraschend ist, dass der BGH den Mietvertrag, der als allgemeine Geschäftsbedingungen der Mieterin einzuordnen war, im Ergebnis zu deren Gunsten ausgelegt hatte.
Auch künftig ist bei Mietverträgen, bei deren Abschluss es in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht noch Risiken wie ausstehende Genehmigungen gibt, besonderes Augenmerk darauf zu legen, wie diese Risiken abzusichern sind.
Dafür kommen verschiedene Optionen in Betracht. Entscheiden sich die Parteien für eine aufschiebende Bedingung, so sollte die ordentliche Kündbarkeit ausdrücklich ausgeschlossen werden. Die Vermieter können durch außerordentliche Rücktritts- oder Kündigungsrechte geschützt werden, wenn die Bedingung nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt („Long Stop Date“) eingetreten sein sollte.
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