Nicht grün genug? – Green Lease im Lichte der geplanten Green Claims Directive

Berlin, 01.09.2025

Die Entwicklungen rund um das Thema Green Lease sind weiterhin hoch dynamisch. Während sich die anfänglichen Bestrebungen zunächst darauf beschränkten, Nachhaltigkeitsziele überhaupt erst in irgendeiner Form mietvertraglich zu implementieren (oft in Form von „Bemühensklauseln“), gewinnt die Frage nach dem Verbindlichkeitsgrad, mit dem diese Nachhaltigkeitsziele verfolgt werden, zunehmend an Bedeutung. Diese Fokusverlagerung ist nicht zuletzt auf die voranschreitenden regulativen Entwicklungen, insbesondere auch im Hinblick auf die geplante Green Claims Directive, zurückzuführen. 

Green-Claims-Richtlinie

Status quo

Die Europäische Kommission verfolgt seit längerem das Ziel, umweltbezogene Produkt-angaben stärker zu regulieren, um irreführende Werbeaussagen zu verhindern. So wurde bereits Anfang letzten Jahres eine Änderung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-Richtlinie) beschlossen. Demnach sollen künftig auch allgemeine Umweltaussagen eine unlautere Geschäftspraktik begründen, wenn die in Bezug genommenen besonderen Umweltleistungen nicht nachgewiesen werden können. 

Aktuelle Entwicklungen

Die Europäische Kommission hat darüber hinaus bereits im März 2023 einen ersten Entwurf für eine Richtlinie über Umweltaussagen (Green ClaimsDirective) vorgelegt, um Mindestanforderungen bei freiwilligen Umweltaussagen zu statuieren. Dem Richtlinienentwurf liegt – wie auch der UGP-Richtlinie – ein weites Begriffsverständnis zugrunde, wonach auch Immobilien als Produkt definiert werden und infolgedessen regelungsgegenständlich sind. 

Die Entwicklungen im Zusammenhang mit der geplanten Green Claims Directive könnten aber kaum turbulenter sein; teilweise ist sogar von einer doppelten Kehrtwende der Kommission die Rede. Hintergrund ist das Spannungsfeld zwischen dem europäischen Green Deal und den hierin begründeten klimapolitischen Zielsetzungen einerseits und der Selbstverpflichtung der Kommission zum Abbau von bürokratischen Hindernissen zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union andererseits. 

Im Kern geht es insoweit wesensmäßig um dieselbe Frage, mit der sich auch zahlreiche Unternehmen seit geraumer Zeit beschäftigen beziehungsweise beschäftigen müssen: Wie können Umwelt- oder Nachhaltigkeitsziele in wirtschaftlich verträglicher Form verfolgt werden? 

Die Bewältigung dieses Interessenspagats beschäftigt nun erneut die Kommission, die nach ihrer – zumindest weitläufig zunächst als Rücknahme des Richtlinienentwurfs verstandenen – vorläufigen Positionierung angekündigt hat, weiter am Richtlinienentwurf festzuhalten und lediglich den Anwendungsbereich weiter anzupassen, damit nur größere Unternehmen in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen. 

Quo vadis?

Zum jetzigen Zeitpunkt ist damit zu rechnen, dass die Kommission den Richtlinienentwurf überarbeiten wird. Ob der Richtlinienentwurf die erforderlichen Mehrheiten erhält, bleibt abzuwarten. Auch im Falle eines Scheiterns des Richtlinienentwurfs ist aber damit zu rechnen, dass künftig weitere Rechtssetzungsvorhaben von der Kommission initiiert werden, um Greenwashing intensiver zu bekämpfen. 

Vorsorge statt Nachsorge

Auch wenn der konkrete Inhalt der Green Claims Directive noch nicht abschließend vorhergesehen werden kann, können verschärfte Anforderungen im Hinblick auf umweltbezogene Werbeaussagen künftig nicht mehr ausgeschlossen werden. 

Als möglicher künftiger Anwendungsfall einer unsubstantiierten umweltbezogenen Werbeaussage beziehungsweise eines Green Claims wird mitunter der Fall diskutiert, dass mit Green Lease geworben wird, obwohl in den maßgeblichen Mietverträgen nur Bemühensklauseln vorgesehen sind. 

Sollte sich diese Annahme bewahrheiten, wären entsprechende Werbeaussagen künftig nicht mehr zulässig, wenn die entsprechenden Mietverträge nicht zumindest auch verpflichtende Vertragsregelungen im Hinblick auf Umweltziele enthalten.

Die häufig anzutreffenden langen Laufzeiten bei Gewerberaummietverträgen legen es daher aus strategischer Sicht nahe, schon jetzt vorsorglich vertragliche Regelungen zu implementieren, die künftigen Vermarktungsstrategien zuträglich sind.

Handlungsdirektiven für die Vertragspraxis

Das Ziel der vertragsgestalterischen Vorsorge stößt in der Praxis nicht selten auf Hindernisse, die es zu überwinden gilt. Oftmals ist der Mietinteressent nicht gewillt, harte Vertragspflichten im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitszielen einzugehen, zumal der mit der Umsetzung verbundene Kostenaufwand mangels oftmals fehlender Erfahrungswerte nicht hinreichend vorhergesehen werden kann.

Neben einer möglichen Kostendeckelung („Cap“) können auch „maßgeschneiderte“ Vertragsklauseln ein Vermittlungskonzept für verpflichtende Green-Lease-Klauseln sein. Während nämlich viele Klauseln in der Praxis bereits eine objektspezifische Präzisierung vorsehen (zum Beispiel in Bezug auf eine bestehende oder angestrebte Gebäudezertifizierung), sind mieterspezifische Präzisierungen noch immer eine eher seltene Ausnahme. Dabei bestehen gerade bei größeren Mietern potente Erkenntnisquellen wie Nachhaltigkeitsberichte, auf Grundlage derer spezifische Regelungen konzipiert werden können, um auch die Verfolgung von mieterspezifischen Nachhaltigkeitszielen zu begünstigen. Der hiermit verbundene Beratungs- und Gestaltungsaufwand lässt sich jedenfalls bei Single-Tenant-Objekten und Großflächenmietern rechtfertigen.

Ausblick

Der European Green Deal zielt auf ein klimaneutrales Europa bis 2050 ab. Damit ist die grobe Marschroute vorgegeben. Die Erreichung dieses Ziels setzt aber voraus, dass privates Kapital effektiv in nachhaltige Anlageoptionen umgeleitet wird („Sustainable Finance“). Durch das europäische Lauterkeitsrecht sollen diese Voraussetzungen für einen auch im Hinblick auf umweltbezogene Werbeaussagen fairen und transparenten Wettbewerb geschaffen werden. Inwieweit diese Voraussetzungen durch die geplante Green Claims Directive geschaffen werden können, bleibt abzuwarten.

Angesichts der anhaltenden dynamischen Entwicklungen bei der Gestaltung von Green Lease gilt es aber gerade für institutionelle Investoren regulative Weitsicht zu beweisen und sich insoweit nicht nur zu bemühen.

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung – wir unterstützen und beraten Sie gern!

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