Preisänderungsklauseln in Wärmelieferungsverträgen

01.12.2009

[] Während für die Belieferung von Haushaltskunden, Unternehmen und Sonderkunden im Gas- und Strombereich die Vorgaben des EnWG sowie der StromGGV und der NAV sowie der GasGGV und der NDAV gelten, ist für die Preiskontrolle im (Fern-)Wärmebereich (noch) § 24 III AVB FernwärmeV, §§ 307, 315 BGB einschlägig.

I. Preiskontrolle bei Wärmelieferungsverträgen mit Haushaltskunden

§ 24 Abs. 3 AVB FernwärmeV lautet:

„Preisänderungsklauseln dürfen nur so ausgestaltet sein, dass sie sowohl die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen. Sie müssen die maßgeblichen Berechnungsfaktoren vollständig und in allgemeinverständlicher Form ausweisen. Bei Anwendung der Preisänderungsklausel ist der prozentuale Anteil des die Brennstoffkosten abdeckenden Preisfaktors an der jeweiligen Preisänderung gesondert auszuweisen."

Der Anpassungsmodus gibt mithin eine Kostenelementklausel (Berücksichtigung der Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung) und eine Spannungsklausel (Berücksichtigung der Verhältnisse am Wärmemarkt als Korrekturfaktor = Vergleichsmarktbetrachtung) vor.

§ 24 Abs. III AVB FernwärmeV eröffnet – so er bei Wärmelieferverträgen Anwendung findet – keine behördliche Kontrolle und per se auch keine gerichtliche Kontrolle. Die Regelung ist aber in einer etwaigen zivilrechtlichen Auseinandersetzung über die Wirksamkeit einer Preisanpassung zu beachten (z. B.: Zahlungsklage trifft auf Beanstandungen des Abnehmers zur Höhe der Preisanpassung, Zahlungsklage trifft auf Behauptung des Abnehmers, die Preisklausel sei unwirksam, Abnehmer begehrt Feststellung hinsichtlich der Preisklausel oder aber fordert bereicherungsrechtlich Überzahlungen zurück).

Haben die Parteien keine automatische Preisanpassungsklausel vereinbart, ist nach § 315 III BGB überprüfbar, ob die Leistungsbestimmung des Versorgers der Billigkeit entspricht. So soll ein angemessener Kundenschutz verwirklicht werden (vgl. OLG Brandenburg, 16. März 2006 – 5 U 75/05; LG Itzehoe, 11. November 2008 – 1 S 82/08). Intransparente Klauseln werden jedoch nicht durch die Kontrollmöglichkeit nach § 315 III BGB „kompensiert" (OLG Hamm, 6. März 2008 – 2 U 114/07).

II. Anders: Automatische Preis-Gleitklausel

Eine automatische Preisgleitklausel, also eine Klausel, die kein Ermessen einer Vertragspartei enthält (kein Leistungsbestimmungsrecht), schließt die Anwendung des § 315 BGB aus (vgl. dazu BGH, 11. Oktober 2006 – VIII ZR 270/05; AG Frankfurt, 1. Juni 2007 – 387 C 2783/06 (98), 387 C 2783/06). Bei automatischer Preisanpassung vereinbaren die Parteien, dass der Preis der Wärme und Art sowie Umfang der Veränderung von vorab festgelegten und verbindlichen Parametern abhängig sein sollen. Wichtig ist ferner:

Automatische und gleichgewichtige Anpassung nach oben wie nach unten kein Ermessen (keine „Kann-Klausel“) keine Möglichkeit zur Nichtausschöpfung, zur zeitlichen Verschiebung etc.

Ermessensklauseln, die einem Lieferanten das Ermessen eröffnen, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen die Preise zu ändern (oder aber auch nicht) machen die Preisänderung nicht vorhersehbar. Solche Abreden sind entweder unwirksam (§ 307 ff. BGB) oder Preiserhöhungen unterfallen der Kontrolle nach § 315 BGB. Der BGH kommt in seinen Entscheidungen vom 29. April 2008 (KZR 2/07) und vom 15. Juli 2009 (VIII ZR 56/08 und V ZR 225/07) zu diesem Ergebnis, weil er bei solchen Klauseln das Äquivalenzverhältnis (Gewinnmarge) als unvorhersehbar verschiebbar beurteilt. Jedenfalls dürfen Erhöhungen und Absenkungen faktisch nicht unterschiedlich behandelt werden (BGH 29. April 2008 – KZR 2/07).

III. Untersuchung des Fernwärmesektors durch Bundeskartellamt

Das Bundeskartellamt hat 30 Fernwärmeversorger aufgefordert, Auskunft zu ihrer Preiskalkulation zu geben. Anlass für die Einleitung der Untersuchung (§ 32 EGWB) war, dass Fernwärmeunternehmen innerhalb ihres Leitungsnetzes als Anbieter über eine Alleinstellung verfügen, welche häufig rechtlich durch einen Anschluss- und Benutzungszwang abgesichert ist. Diese Situation eröffnet Preissetzungsspielräume, die bei bestehendem Wettbewerb nicht gegeben wären. Fernwärmekunden haben aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ganz überwiegend keine Möglichkeit, den Anbieter zu wechseln oder auf ein anderes Heizsystem umzustellen. Sie sind in aller Regel „gefangen und daher besonders schutzwürdig".

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