Die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG)

02.03.2021

Zum 1. Dezember 2020 ist das ImmobilienWohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) in Kraft getreten. Die damit für das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) verbundenen Änderungen gehen weit über die ursprünglich bezweckte Anpassung an die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, insbesondere den Erleichterungen baulicher Maßnahmen, hinaus. Vielmehr bringen die nunmehr geltenden neuen Vorschriften, insbesondere für die Wohnungs- und Teileigentümer sowie WEG-Verwalter, eine Vielzahl von Veränderungen mit sich. Das 1951 eingeführte WEG erfährt mit dem WEMoG seine zweite grundlegende Reform.

Überblick über die wesentlichsten Änderungen

Neben den schon erwähnten Erleichterungen baulicher Maßnahmen beziehen sich die Änderungen unter anderem auch auf die Erweiterung der Möglichkeit der Sondereigentumsfähigkeit von Flächen, die Kodifizierung des sogenannten „werdenden Wohnungseigentümers“, das Entstehen der Eigentümergemeinschaft, die Fortentwicklung der Rechtspersönlichkeit der Eigentümergemeinschaft und ihrer Organe sowie der Erleichterung der Durchführung von und der Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung.

Sondereigentum an Stellplätzen und Teilen des Grundstücks

Stellplätze gelten nach § 3 Abs. 1 S. 2 WEG n. F. nunmehr als Räume im Sinne des WEG. Nach der WEG-Reform kann von jetzt an nicht mehr nur Sondereigentum an Stellplätzen in Garagen begründet werden. Vielmehr sind auch Außenstellplätze damit grundsätzlich sondereigentumsfähig. 

Sondereigentum kann nach § 3 Abs. 2 WEG n.F. zudem an außerhalb des Gebäudes liegenden Teilen erstreckt werden. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Wohnung oder die nicht zu Wohnzwecken dienenden Räume dadurch wirtschaftlich nicht die Hauptsache bleiben. Nach der neuen Fassung ist es nun möglich, unter anderem an Garten- und/oder Terrassenflächen im Freien Sondereigentum als Annex zum eigentlichen Wohn-/Teileigentum zu begründen. Anders als bei Stellplätzen ist jedoch eine eigenständige Begründung von Sondereigentum an solchen Teilen des Grundstücks nicht möglich.

Zu beachten ist allerdings, dass Sondereigentum an Stellplätzen und an außerhalb des Gebäudes liegenden Teilen des Grundstücks nur eingeräumt werden soll, wenn diese durch Maßangaben im Aufteilungsplan bestimmt sind. Diese treten – in Bezug auf Garagenstellplätze – anstelle der bisher erforderlichen dauerhaften Markierung. Für schon vor der Reform beurkundete, aber noch nicht im Grundbuch vollzogene Teilungserklärungen, die Teileigentum an Stellplätzen begründen sollen, aber (noch) keine Maßgaben enthalten, wird aufgrund der Änderung des Gesetzes für den Vollzug voraussichtlich ein Nachtrag erforderlich sein, mit dem die Pläne entsprechend ausgetauscht werden.

Der in der bisherigen Praxis insoweit bislang gehandhabte Rückgriff auf Sondernutzungsrechte ist nicht mehr erforderlich, aber dennoch weiterhin möglich. Für die Strukturierung von Stellplätzen als eigenständiges Sondereigentum spricht die bessere Verkehrsfähigkeit.

Kodifikation der Grundsätze des „werdenden Eigentümers“ und der „werdenden Eigentümergemeinschaft“ bei Teilungen nach § 8 WEG

Gemäß § 9a Abs. 1 S. 2 WEG n. F. entsteht die Eigentümergemeinschaft mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher. Ausdrücklich stellt das WEG n. F. klar, dass dies auch im Fall einer Teilung nach § 8 WEG gilt, und erkennt damit ausdrücklich eine Ein-Personen-Wohnungseigentümergemeinschaft an. Die Veräußerung einer Einheit an einen Dritten ist für die Entstehung der Gemeinschaft daher grundsätzlich nicht mehr erforderlich. Mit Anlegung der Grundbücher kann sich die Eigentümergemeinschaft am Rechtsverkehr beteiligen, gemäß § 9a Abs. 1 S. 1 WEG n. F. Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, vor Gericht klagen und verklagt werden. Dem aufteilenden Eigentümer wird hierdurch erleichtert, Verträge gleich mit Wirkung für die Gemeinschaft abzuschließen, ohne dass es der bislang häufig erforderlichen Vertragsübernahmen bedarf. Möglich sind in diesem Zusammenhang auch Beschlüsse, die der teilende Eigentümer als alleiniges Mitglied der Eigentümergemeinschaft fasst und die dann auch zukünftige Erwerber binden können. Vor diesem Hintergrund wird nunmehr auch allgemein bezweifelt, dass die bislang noch übliche Bestellung des ersten Verwalters unmittelbar in der Teilungserklärung möglich ist.

§ 8 Abs. 3 WEG n. F. kodifiziert hierzu ergänzend noch die Grundsätze des „werdenden Eigentümers“. Insoweit ging die überwiegende Ansicht – in Fällen der Teilung nach § 8 WEG – auch schon bislang davon aus, dass die Anwendbarkeit des WEG auf einen Erwerber vom teilenden Eigentümer nicht erst eintreten könne, wenn der Erwerber im Grundbuch als Eigentümer eingetragen sei. Nach der neuen Norm gilt nunmehr gegenüber der Eigentümergemeinschaft als Wohnungseigentümer, wer einen Anspruch auf Übertragung des Wohnungseigentums gegen den teilenden Eigentümer hat, sobald ihm der Besitz am Sondereigentum eingeräumt wurde. Zu beachten ist, dass die Norm und Grundsätze nur für eine Teilung nach § 8 WEG und nicht nach § 3 WEG gelten.

Fortschreibung der Rolle der Eigentümergemeinschaft und des Verwalters

Mit dem WEMoG neu geordnet wurde auch die Rolle der Eigentümergemeinschaft. Nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG n. F. steht den Wohnungseigentümern von jetzt an gegenüber der Eigentümergemeinschaft ein Anspruch auf Verwaltung zu; Letztere ist Trägerin der Verwaltung. Die Eigentümergemeinschaft ist entsprechende Verpflichtete und übt die Tätigkeit durch ihr Organ, den Verwalter, aus.

Gemäß § 9b Abs. 1 WEG n. F. wird die Eigentümergemeinschaft durch den Verwalter gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Die bislang nur eingeschränkte Vertretungsmacht im Außenverhältnis ist damit entfallen. Nur beim Abschluss eines Grundstückskauf- oder Darlehensvertrags bedarf es noch eines Beschlusses der Wohnungseigentümer. 

Im Außenverhältnis ist eine Beschränkung des Umfangs der Vertretungsmacht nach § 9b Abs. 1 S. 2 WEG n. F. unwirksam. Ergänzend hierzu erweitert § 27 Abs. 1 WEG n. F. die Aufgaben und Befugnisse des Verwalters. Die Rechte und Pflichten des Verwalters können durch Beschluss erweitert und auch eingeschränkt werden. Ohne dass eine Abweichung zulässig wäre, kann der Verwalter jederzeit abberufen werden. Die bisherige Praxis der Beschränkung auf einen wichtigen Grund ist nicht mehr zulässig. Das modifizierte WEG gewährt zudem jedem Wohnungseigentümer ein Recht, als Teil der ordnungsgemäßen Verwaltung einen zertifizierten Verwalter zu verlangen.

Erleichterung der Durchführung und Stärkung der Bedeutung der Eigentümerversammlung

Durch zahlreiche Detailänderungen wurde die Durchführung von Eigentümerversammlungen erleichtert. 

Die Wohnungseigentümer können nun beschließen (§ 23 Abs. 1 WEG n. F.), dass Eigentümern auch ohne Anwesenheit am Ort der Versammlung eine Teilnahme im Wege elektronischer Kommunikation möglich sein soll. Dabei ist zu beachten, dass dies nicht die Kompetenz umfasst, Eigentümerversammlungen allein online durchzuführen. Das Recht zur physischen Teilnahme bleibt zwingend.

Die Ladungsfrist wurde etwas – auf drei Wochen – erhöht. 

Eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren ist nun auch per Textform möglich.

Ein Quorum ist zur Beschlussfähigkeit nicht mehr erforderlich.

Das reformierte WEG regelt nun auch ausdrücklich, dass das Protokoll über die Eigentümerversammlung unverzüglich zu erstellen ist.
 
Vereinbarungsändernde Beschlüsse wirkten bislang grundsätzlich auch ohne Eintragung im Grundbuch gegen Einzelrechtsnachfolger. Nach § 10 Abs. 3 in Verbindung mit § 5 Abs. 4 WEG gilt dies für Beschlüsse, die aufgrund einer vereinbarten Öffnungsklausel gelten, nun nur noch, wenn diese im Grundbuch eingetragen wurden. Für Beschlüsse, die auf einer im Gesetz vorgesehenen Öffnungsklausel beruhen, gilt dies weiterhin nicht. Eine Eintragung solcher ist auch nicht möglich.

Erleichterung baulicher Veränderungen

Anlass der Reform des WEG war das Ziel, Beschlüsse über bauliche Veränderungen und die Durchführung von baulichen Veränderungen innerhalb der Eigentümergemeinschaft zu erleichtern.

Vorbehaltlich anderer Vereinbarungen, die in der Praxis weit verbreitet sind, bedurfte nach dem Gesetz eine bauliche Veränderung der Zustimmung aller Wohnungseigentümer, denen ein Nachteil erwachsen würde. Erforderliche Modernisierungen und Aktualisierungen an den jeweiligen Stand der Technik wurden hierdurch erschwert.

Auch weiterhin bedarf zwar jede bauliche Veränderung eines Beschlusses der Eigentümerversammlung. Ausreichend ist jedoch ein Beschluss mit einfacher Mehrheit, mit dem die Vornahme durch die Gemeinschaft beschlossen oder einem Eigentümer gestattet werden kann. Um im Sinne des Ziels des Gesetzgebers bestimmte bauliche Veränderungen zu fördern, wurde zudem für bestimmte privilegierte Maßnahmen ein Anspruch des Wohnungseigentümers begründet. Das sind Maßnahmen, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen, dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge, dem Einbruchschutz oder dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität dienen. Grundlegende Umgestaltungen oder bauliche Veränderungen, die einen Wohnungseigentümer unbillig benachteiligen, sind jedoch durch Beschluss nicht möglich.

Flankierend hierzu wurden auch die Regelungen zur Kostentragung baulicher Veränderungen geändert. Kosten baulicher Veränderungen, die ein Wohnungseigentümer aufgrund Gestattung oder die Gemeinschaft aufgrund eines Verlangens eines Wohnungseigentümers ausführt, sind vom betreffenden Wohnungseigentümer zu tragen. Maßnahmen, die mit mehr als zwei Dritteln der Stimmen und der Hälfte der Miteigentumsanteile beschlossen werden, oder solche, deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren, sind grundsätzlich von allen Wohnungseigentümern anteilig zu tragen. Sonstige Kosten von baulichen Veränderungen haben die Wohnungseigentümer zu tragen, die die bauliche Veränderung beschlossen haben. Vorbehaltlich abweichender Gestaltung steht damit vor einer Abstimmung unter Umständen noch gar nicht fest, wer die Kosten der baulichen Veränderung zu tragen hat. Dies könnte Befürworter von baulichen Veränderungen dazu bewegen, ihre Zustimmung letztlich doch zu verweigern, um sich so ggf. ihrer Kostenhaftung zu entledigen. Möglichkeiten, dem zu entgegnen, werden bereits in der juristischen Fachliteratur erörtert.

Anwendbarkeit auf Altvereinbarungen und Ausblick

Vereinbarungen, die vor Inkrafttreten des WEMoG getroffen wurden und die von den mit der Reform geänderten Vorschriften des WEG abweichen, sollen nach § 47 WEG n. F. der Anwendung der reformierten Vorschrift des WEG nicht entgegenstehen, soweit sich aus der Vereinbarung kein anderer Wille ergibt. Dieser soll in der Regel nicht anzunehmen sein. Die reformierten Vorschriften finden demnach auf Altvereinbarung – vorbehaltlich eines anderen Willens in der Altvereinbarung – generell Anwendung. In der Praxis wird trotz der gesetzlichen Vermutung teilweise nicht ohne Weiteres und klar festzustellen sein, ob ein anderer Wille besteht. 

Wie die notarielle und anwaltliche Praxis des Verfassers zeigt, besteht im Zusammenhang mit der WEG-Reform aktuell ein großer Beratungsbedarf. Insbesondere sollte im jeweiligen Einzelfall geprüft werden, ob und inwieweit Teilungserklärungen und Gemeinschaftsordnungen an die reformierten Vorschriften ggf. angepasst und deren Geltung klargestellt werden sollten. Dies ist besonders dort relevant, wo Teilungserklärungen vor Inkrafttreten des WEMoG bereits beurkundet, aber bislang noch nicht im Grundbuch vollzogen worden sind. In jedem Fall sollten entsprechende Muster für neue Teilungserklärungen einschließlich Gemeinschaftsordnungen an die reformierte Fassung des Gesetzes angepasst werden.

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