Referentenentwurf für ein Zukunftsfinanzierungsgesetz – Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligungen

Köln, 03.05.2023

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 12. April 2023 den Referentenentwurf für ein Gesetz zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen (Zukunftsfinanzierungsgesetz – ZuFinG) veröffentlicht. Der Entwurf enthält unter anderem eine Verbesserung der steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligungen. Start-ups, Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sollen Mitarbeiter zukünftig steuerlich noch attraktiver am Erfolg des Unternehmens beteiligen können, um insbesondere auch international wettbewerbsfähiger zu sein.

Bereits mit der Einfügung des § 19a EStG durch das Fondstandortgesetz zum 1. Juli 2021 hatte der Gesetzgeber eine steuerliche Förderung von Mitarbeiterbeteiligungen von KMUs eingeführt. In der Praxis zeigte sich jedoch, dass es noch Verbesserungsbedarf gibt. Hier setzt nun der vorliegende Referentenentwurf des BMF an und sieht sowohl Änderungen in der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 39 EStG als auch Erweiterungen in § 19a EStG vor.

Wesentliche Änderungen im Steuerrecht

Erhöhung des Freibetrags auf EUR 5.000

Gemäß § 3 Nr. 39 EStG ist die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung einer sog. Vermögensbeteiligung (zum Beispiel Aktien oder GmbH-Geschäftsanteile) am Unternehmen des Arbeitgebers bzw. an einem mit dem Arbeitgeber verbundenen Konzernunternehmen steuerfrei, soweit der Vorteil hieraus EUR 1.440 nicht übersteigt. Voraussetzung ist, dass die Beteiligung allen Arbeitnehmern angeboten wird, die im Zeitpunkt des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Unternehmen stehen.

Dieser Freibetrag soll nun von EUR 1.440 auf EUR 5.000 angehoben werden. Im Gegenzug soll hingegen weitere Voraussetzung sein, dass der Vorteil zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird. Dies bedeutet, dass – anders als bisher möglich – eine Vermögensbeteiligung nicht durch eine Entgeltumwandlung finanziert werden könnte. Ausweislich der Begründung soll diese Art der Lohnoptimierung verhindert werden.

Ausweitung des Aufschubs der Besteuerung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen § 19a EStG

Der Entwurf des ZuFinG sieht zudem signifikante Erweiterungen in der Regelung des § 19a EStG zur aufgeschobenen Besteuerung von geldwerten Vorteilen aus der Gewährung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen vor.

Zusammengefasst sieht § 19a EStG eine aufschiebende Besteuerung des geldwerten Vorteils aus der unentgeltlichen oder verbilligten Übertragung einer Vermögensbeteiligung durch den Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer vor, wenn diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgte. Ein etwaiger Freibetrag nach § 3 Nr. 39 EStG ist bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils abzuziehen. Der (verbleibende) geldwerte Vorteil muss sodann nicht im Jahr der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums der Vermögensbeteiligung lohnversteuert werden, wenn der Arbeitnehmer zustimmt. Eine Versteuerung tritt erst bei einem nachfolgenden Ereignis ein, und zwar allgemein formuliert bei ganz/teilweiser entgeltlicher oder unentgeltlicher Übertragung der Vermögensbeteiligung durch den Arbeitnehmer, wenn seit der Übertragung 12 Jahre vergangen sind oder das Dienstverhältnis beendet wird. Voraussetzung für die Anwendung der aufgeschobenen Besteuerung ist bislang, dass es sich bei dem Unternehmen des Arbeitgebers um ein KMU handelt, das die maßgeblichen Schwellenwerte im Jahr der Übertragung oder dem vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschreitet (weniger als 250 Mitarbeiter und Jahresumsatz höchstens EUR 50 Mio. oder Jahresbilanzsumme höchstens EUR 43 Mio.) und seine Gründung nicht mehr als 12 Jahre zurückliegt.

Hintergrund der Norm ist, dass dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Übertragung der Vermögensbeteiligung und damit des Zuflusses des geldwerten Vorteils keine liquiden Mittel zufließen (sog. dry-income). Der Entwurf des ZuFinG sieht nun recht erhebliche Erweiterungen vor, um die dry-income-Problematik weiter zu entschärfen und dem Arbeitgeber auch die Möglichkeit einer Haftungsübernahme für eine pauschale Lohnsteuer zu geben.

Eine wesentliche Änderung betrifft zunächst die Ausweitung der erfassten Unternehmen. Zukünftig soll es nicht mehr auf die einfachen, sondern auf die doppelten KMU-Schwellenwerte ankommen. Ferner wird der Betrachtungszeitraum bzgl. der Schwellenwerte von 2 auf 7 Jahre angehoben. Zudem darf die Gründung nun 20 Jahre zurückliegen. Das bedeutet:

  • Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von höchstens EUR 100 Mio. oder einer Jahresbilanzsumme von höchstens EUR 86 Mio. Euro sind erfasst.
  • Dieser Schwellenwert muss im Jahr der Übertragung oder in einem der 6 Kalenderjahre vor der Übertragung der Vermögensbeteiligung erfüllt sein.
  • Die Gründung des Unternehmens darf nicht länger als 20 Jahre zurückliegen.

Des Weiteren soll zukünftig nicht nur der Fall erfasst sein, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Vermögensbeteiligung verbilligt oder unentgeltlich überlässt, sondern auch der Fall, dass die Zuwendung durch einen Gesellschafter des Arbeitgebers erfolgt. Wie bereits in § 3 Nr. 39 EStG vorgesehen, sollen nun auch Vermögensbeteiligungen an Konzernunternehmen in den Anwendungsbereich fallen. Dies ist unseres Erachtens eine wichtige Klarstellung und Erweiterung der Norm, um auch in einer Gruppenstruktur Mitarbeiter an dem passenden Unternehmen beteiligen zu können. Die Besteuerung des geldwerten Vorteils aus Vermögensbeteiligungen soll ferner nun nicht bereits 12 Jahre nach der Übertragung der Vermögensbeteiligung erfolgen, sondern erst nach 20 Jahren. Damit wird der Zeitraum für diesen Besteuerungstatbestand deutlich verlängert. Dies soll auch für Vermögensbeteiligungen gelten, die bereits vor 2024 übertragen werden bzw. wurden.

Der Arbeitgeber soll außerdem die Möglichkeit bekommen, im Fall eines die Besteuerung auslösenden Ereignisses (ganz/teilweise entgeltliche/unentgeltliche Übertragung, wenn seit der Übertragung (neu) 20 Jahre vergangen sind oder das Dienstverhältnis beendet wird), die Lohnsteuer statt nach den individuellen Lohnsteuermerkmalen pauschal mit 25 % zu versteuern.

Ferner soll auch die dry-income-Problematik weiter dadurch entschärft werden, dass allein der Ablauf der 20 Jahre oder die Beendigung des Dienstverhältnisses nicht mehr zu einer Besteuerung führt, wenn sich der Arbeitgeber unwiderruflich verpflichtet, im Fall der ganz/teilweise entgeltlichen/unentgeltlichen Übertragung für die Lohnsteuer zu haften. Auch hier soll der Arbeitgeber als Steuerschuldner die Lohnsteuer pauschal mit 25 % erheben können.

Erfreulich ist zudem, dass es im Falle des Rückerwerbs der Vermögensbeteiligung durch den Arbeitgeber oder ein Konzernunternehmen (sog. Leaver-Event) nur auf die vom Arbeitgeber gewährte Vergütung ankommen soll. Dies dürfte auch dann gelten, wenn die Vergütung deutlich unterhalb des gemeinen Wertes für die rückerworbene Vermögensbeteiligung liegt.

Einfügung einer „mittelbaren“ 3-jährigen Haltefrist

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass über einen neuen § 20 Abs. 4b EStG eine „mittelbare Haltefrist“ für den betroffenen Arbeitnehmer eingeführt werden soll. Danach sollen die steuerfreien geldwerten Vorteile nach § 3 Nr. 39 EStG nicht zu den Anschaffungskosten bei der Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung der Beteiligung gehören, wenn die Vermögensbeteiligung innerhalb von 3 Jahren veräußert oder unentgeltlich übertragen wird. Die Regelung soll auch für Fälle gelten, in denen der Arbeitnehmer zu 1 Prozent oder mehr beteiligt ist. Ziel ist es, dass so der zunächst steuerfreie Arbeitslohn der Abgeltungssteuer in Höhe von 25 % unterworfen wird.

Praxishinweis

Die vorstehenden Änderungen sollen zum 1. Januar 2024 in Kraft treten. Insbesondere die Erweiterung der erfassten Unternehmen, die weitere Entschärfung der dry-income-Problematik durch die Möglichkeit der Erhebung einer pauschalen Lohnsteuer von 25 % sowie die Möglichkeit, den Fall der Besteuerung auf eine wirkliche Übertragung zu beschränken und im Leaver-Fall nur auf die gezahlte Vergütung abzustellen, sind zu begrüßen.  

Start-ups und KMU sollten das weitere gesetzgeberische Verfahren im Blick behalten, bietet es doch deutliche Erleichterungen, gute und qualifizierte Mitarbeiter unter den dann verbesserten Rahmenbedingungen langfristig an das Unternehmen oder die Unternehmensgruppe zu binden.

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