Nachweis der Veräußerung an zwei Drittel der Mieter. Die Umwandlungsgenehmigung zur Begründung von Wohnungseigentum (zu VG Berlin, Urteil vom 07.09.2023, VG 13 K 368/22).

Frankfurt am Main, 04.12.2023

Im Zuge des Baulandmobilisierungsgesetzes hat der Gesetzgeber mit der Einführung des § 250 BauGB bestimmt, dass die Aufteilung von Bestandsimmobilien mit mehr als fünf Wohnungen in Wohnungseigentum in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt einer behördlichen Genehmigung bedarf. Durch dieses Genehmigungserfordernis soll das öffentliche Interesse am Erhalt eines ausreichenden Angebots an bezahlbaren Mietwohnungen berücksichtigt werden.

§ 250 Abs. 3 S.1 Nr. 1 - 5 BauGB nennt Fälle, in welchen die Genehmigung im Regelfall zu erteilen ist; dies ist u.a. dann der Fall, wenn das Wohnungseigentum zur eigenen Nutzung an mindestens zwei Drittel der Mieter veräußert werden soll. Mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin vom 07.09.2023 werden nun die Anforderungen an den Nachweis der Genehmigungsvoraussetzung der Veräußerung an die Mieter konkretisiert. 

Verhältnis zur Genehmigungspflicht nach § 172 Abs. 1 S. 4 BauGB 

Vor Einführung des § 250 BauGB bestand bereits eine Genehmigungspflicht für die Aufteilung von Bestandsgebäuden in Wohneigentumseinheiten nach § 172 Abs. 1 S. 4 BauGB, sofern eine gemeindliche Satzung zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung (sog. Milieuschutzsatzung) für das Gebiet, in dem sich das Gebäude befindet, bestand und die Genehmigungspflicht durch Rechtsverordnung des Landes angeordnet war. Gemäß § 172 Abs. 4 S. 2 Nr. 6 BauGB ist in einem solchen Fall die Genehmigung zur Aufteilung u.a. zu erteilen, wenn sich der Eigentümer verpflichtet, innerhalb von sieben Jahren ab der Begründung von Wohnungseigentum Wohnungen nur an die Mieter dieser Wohnungen zu veräußern. Zum Nachweis genügt hier nach allgemeiner Auffassung eine entsprechende Verpflichtungserklärung des Eigentümers. 

Sofern ein Gebäude nunmehr im Geltungsbereich einer Rechtsverordnung nach dem mit Wirkung zum 23.06.2021 neu geschaffenen § 250 Abs. 1 S. 3 BauGB liegt, geht diese einer Rechtsverordnung nach § 172 Abs. 1 S. 4 BauGB vor. In diesem Fall richtet sich das Genehmigungserfordernis für die Aufteilung in Wohneigentum damit nun nach dem spezielleren § 250 BauGB. 

Die Umwandlungsgenehmigung nach § 250 BauGB

Die Begründung von Wohnungseigentum bedarf in durch Rechtsverordnung des jeweiligen Landes bestimmten Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt der behördlichen Genehmigung nach § 250 Abs. 1 S. 1 BauGB. Das Genehmigungserfordernis gilt nur bezüglich Gebäuden, die zum Tag des Inkrafttretens der jeweiligen Rechtsverordnungen bereits bestanden und soweit sich in dem Gebäude mehr als fünf Wohneinheiten befinden; die Rechtsverordnung des jeweiligen Landes kann jedoch auch eine abweichende Anzahl an Wohneinheiten (zwischen drei und 15) bestimmen, die das Genehmigungserfordernis auslösen. Die Rechtsverordnungen der Länder sind bis Ende des Jahres 2025 zu befristen. In Absatz 3 der Norm sind Erlaubnistatbestände geregelt, also Fälle, in welchen die Genehmigung im Regelfall zu erteilen ist. Dies ist unter anderem der Fall, „wenn das Wohnungseigentum oder Teileigentum zur eigenen Nutzung an mindestens zwei Drittel der Mieter veräußert werden soll“. Vor dem Hintergrund des – sprachlich insgesamt missglückten – Wortlauts des § 250 BauGB war unklar, welche Anforderungen an den Nachweis des Erlaubnistatbestandes, der Veräußerung an zwei Drittel der Mieter, gestellt werden. 

Hintergrund des Verfahrens 

Die Klägerin des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist Eigentümerin eines Grundstücks in Berlin, das mit einem Gebäude mit 15 Mietwohnungen bebaut ist. Im Oktober 2021 teilte die Klägerin das Grundstück durch notarielle Erklärung in 15 Wohnungseigentumseinheiten auf und beantragte im Anschluss beim zuständigen Bezirksamt die Genehmigung zur Begründung von Wohnungseigentum (sogenannte Umwandlungsgenehmigung) nach § 250 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BauGB. Sie bot zur Darlegung der Veräußerungsabsicht an zwei Drittel der Mieter eine bis Ende 2025 befristete Verpflichtung zum Verkauf ausschließlich an die Mieter an. Das Bezirksamt forderte – neben weiteren Dokumenten – jedoch beglaubigte Kopien notarieller Kaufverträge mit den Mietern, die eine Wohnung erwerben.  Nur so sei der Nachweis geführt, dass tatsächlich an die Mieter verkauft werde. Die Klägerin trug vor, dass angesichts der mit einem notariellen Kaufvertrag und den erforderlichen Beleihungswertgutachten verbundenen Kosten die Anforderungen an den Nachweis überspannt würden. Der Wortlaut der Vorschrift „veräußert werden soll“ meine gerade nicht, dass bereits Kaufverträge abgeschlossen sein müssten. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob die Klägerin Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin. 

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin

Das Verwaltungsgericht wies die Klage als unbegründet ab. Unter Rückgriff auf die Entstehungsgeschichte und die Gesetzesbegründung zu § 250 BauGB legt das Gericht dar, dass eine einfache Verpflichtungserklärung des Eigentümers nicht ausreichend sei. Es müsse hinreichend sicher feststehen, dass das Wohnungseigentum tatsächlich an die erforderliche Anzahl der Mieter verkauft werde. Dies sei im Regelfall nur durch die Vorlage bereits abgeschlossener notarieller Kaufverträge nachweisbar. Die Auslegung der Formulierung in § 250 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BauGB „veräußert werden soll“ in dem Sinne, dass für die Genehmigung gerade nicht erforderlich sei, dass bereits Kaufverträge mit den Mietern geschlossen wurden, sei unzutreffend. Der in der Norm verwandte Begriff der Veräußerung meine nämlich gerade nicht das Verpflichtungsgeschäft in Form des Kaufvertrags, sondern das Verfügungsgeschäft, also die Übertragung des Wohnungseigentums durch Eintragung des Käufers im Grundbuch. Die Vorschrift sei als grundsätzliches Verbot der Begründung von Wohnungseigentum in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt zu verstehen. So solle der mit einer Umwandlung verbundenen Verdrängungsgefahr der Mieter entgegengewirkt werden. Die Erlaubnistatbestände in Absatz 3 seien eng auszulegende Ausnahmevorschriften, um dem öffentlichen Interesses an der Sicherung von Mietwohnungen Rechnung zu tragen. 

Das Erfordernis der Vorlage notarieller Kaufverträge mit den Mietern sei auch nicht wirtschaftlich unzumutbar. Zum einen bestünde eine Befristung der entsprechenden Rechtsverordnungen bis Ende 2025, zum anderen könne der Eigentümer mit den Mietern vor der Umwandlung bereits abstimmen, ob sie die Wohnungen erwerben möchten, wodurch Kosten und Festlegung von Kreditkonditionen handhabbar seien. 

Bewertung und Praxishinweis 

Das Verwaltungsgericht Berlin stellt in seiner Entscheidung klar, dass an den Nachweis der Veräußerung an das Mieterquorum deutlich gesteigerte Anforderungen bestehen. Eine Verpflichtungserklärung, wie sie im Falle des § 172 Abs. 4 S. 2 Nr. 3 BauGB regelmäßig als ausreichend erachtet wurde, genügt nach Auffassung des Gerichts im Falle des § 250 BauGB gerade nicht mehr. In der Praxis dürften die erhöhten Anforderungen an den Nachweis der Veräußerungsabsicht zu einer erheblich erschwerten Aufteilung von Bestandsobjekten im Geltungsbereich einer Rechtsverordnung nach § 250 BauGB führen. 

Um die Genehmigungsvoraussetzungen zu erfüllen, müssten zunächst notarielle Kaufverträge mit der erforderlichen Anzahl von Mietern geschlossen werden, was eine kostenintensive Vorleistung im Hinblick auf die Genehmigungsentscheidung darstellt. Sowohl für den Eigentümer, als auch für kaufinteressierte Mieter besteht ein erhebliches Kostenrisiko, falls die zunächst beabsichtigte Aufteilung nach Abschluss einzelner Kaufverträge scheitert. Diese außerhalb des Einflussbereichs der Parteien liegende Unsicherheit dürfte auch das Kaufinteresse von Mietern deutlich abschwächen. Insbesondere müssten die Verträge so ausgestaltet werden, dass die Mieter die Grunderwerbssteuer noch nicht zahlen müssen, bevor der Vollzug der Verträge sichergestellt ist; gleichzeitig müssten die Mieter trotz ungewissem Vollzug der Kaufverträge bereits ihre Finanzierung klären. Insgesamt dürfte es sehr herausfordernd für alle Beteiligten sein, die notwendige Quote innerhalb eines überschaubaren Zeitraums zu erreichen. 

Die Berufung wurde durch das Verwaltungsgericht nicht zugelassen unter Hinweis darauf, dass § 250 BauGB nur befristet geltendes Recht darstelle. Auch sei nicht erkennbar, dass es eine große Anzahl offener Altfälle oder künftiger Fälle gebe. Die Klägerin hat die Zulassung der Berufung beantragt, eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts über den Antrag steht derzeit noch aus. Es bleibt abzuwarten, ob sich weitere Verwaltungsgerichte und im Falle der Zulassung der Berufung insbesondere das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg der restriktiven Auslegung des Verwaltungsgerichts Berlin anschließen.

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