Fallstricke bei Probezeitvereinbarungen in befristeten Arbeitsverhältnissen

Köln, 05.05.2025

Befristete Arbeitsverträge erfreuen sich in der Praxis einiger Beliebtheit, weil sie vor allem für Arbeitgeber gewisse Vorteile bieten. Häufig enthalten befristete Arbeitsverträge auch eine Probezeitvereinbarung, wonach das (befristete) Arbeitsverhältnis (innerhalb der Probezeit) mit einer (verkürzten) Frist von zwei Wochen gekündigt werden kann. Da ein befristetes Arbeitsverhältnis naturgemäß nur einen begrenzten Zeitraum andauert, stellt sich immer auch zwangsläufig die Frage, wie lange eine Probezeitvereinbarung in einem befristeten Arbeitsverhältnis überhaupt sein darf und welche Folge eine zu lange Probezeitvereinbarung hat. Gilt in diesem Fall schlicht die gesetzliche bzw. arbeitsvertraglich vereinbarte Kündigungsfrist, sodass das Arbeitsverhältnis in der Regel mit einer Frist von vier Wochen zum 15. bzw. zum Monatsende gekündigt werden kann, oder ist in einem solchen Fall das Recht zur ordentlichen Kündigung möglicherweise sogar insgesamt ausgeschlossen?

Ausgangslage

Ausgangspunkt dieser Überlegungen sind die gesetzlichen Vorschriften in § 622 Abs. 3 BGB und § 15 Abs. 3 und Abs. 4 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG).

Gemäß § 15 Abs. 4 TzBfG unterliegt ein befristetes Arbeitsverhältnis nur dann der ordentlichen Kündigung, wenn dies einzelvertraglich (oder im anwendbaren Tarifvertrag) vereinbart ist. Demnach müssen die Arbeitsvertragsparteien ein ordentliches Kündigungsrecht ausdrücklich im Arbeitsvertrag vorsehen, damit das befristete Arbeitsverhältnis ordentlich gekündigt werden kann. Ist dies nicht der Fall, ist die ordentliche Kündigung ausgeschlossen und das befristete Arbeitsverhältnis endet erst zum vertraglich vorgesehenen Beendigungstermin. Probleme ergeben sich insbesondere dann, wenn das ordentliche Kündigungsrecht im Zusammenhang mit einer Probezeitvereinbarung geregelt worden ist. Nach § 622 Abs. 3 BGB kann während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

Bereits mit Wirkung zum 1. August 2022 ist mit § 15 Abs. 3 TzBfG eine neue Regelung in Kraft getreten. Wird hiernach für ein befristetes Arbeitsverhältnis eine Probezeit vereinbart, so muss diese Probezeit im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen.

Durch diese Regelung sind die Vorgaben des Art. 8 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie (EU) 2019/1152 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union („Arbeitsbedingungen-RL“) umgesetzt worden. Weder Art. 8 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie noch § 15 Abs. 3 TzBfG enthalten nach ihrem Wortlaut Anhaltspunkte zur zulässigen Höchstdauer einer Probezeit bei befristeten Arbeitsverhältnissen. Die Unbestimmtheit der unionsrechtlichen Vorgaben hat auch der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung der Richtlinie erkannt, sich aber dennoch nicht zu einer näheren Ausgestaltung und Konkretisierung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 TzBfG entschlossen, sondern dies vielmehr in die Hände der Arbeitsgerichte gelegt.

Bisherige landesarbeitsgerichtliche Entscheidungen

Bislang haben sich seit dem Inkrafttreten der neuen Regelung in § 15 Abs. 3 TzBfG nur einige Landesarbeitsgerichte mit der Frage befasst, welche Probezeitdauer bei befristeten Arbeitsverhältnissen (noch) angemessen ist und für die Praxis entsprechende Richtwerte aufgestellt.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 2. Juli 2024 (Az.: 19 Sa 1150/23) entschieden, dass bei einer einjährigen Befristungsdauer die Probezeit höchstens drei Monate bzw. 25 % der Befristungsdauer betragen dürfe, wobei hiervon im Einzelfall auch Abweichungen möglich sein können. Die Vereinbarung einer Probezeit von vier Monaten in einem auf ein Jahr befristeten Arbeitsverhältnis war demnach in dem zugrundeliegenden Einzelfall zu lange und damit unwirksam. Das Arbeitsverhältnis konnte daher nicht mit der verkürzten Frist von zwei Wochen, sondern nur mit der Regelkündigungsfrist von vier Wochen gekündigt werden. Die Unwirksamkeit der Probezeitvereinbarung führte indes nicht dazu, dass damit auch das ordentliche Kündigungsrecht ausgeschlossen war, weil die Parteien zusätzlich eine von der Probezeitvereinbarung unabhängige Kündigungsmöglichkeit im Arbeitsvertrag vorgesehen hatten.

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat dagegen mit Urteil vom 18. Oktober 2023 (Az.: 3 Sa 81/23) entschieden, dass eine Probezeit angemessen ist, die die Hälfte der Befristungsdauer umfasst. Demnach wäre eine Probezeit von sechs Monaten bei einem auf ein Jahr befristeten Arbeitsverhältnis grundsätzlich noch in Ordnung. In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall galt zudem die Besonderheit, dass die Probezeit, innerhalb derer das Arbeitsverhältnis mit einer verkürzten Frist gekündigt werden konnte, sechs Monate betrug und danach das Arbeitsverhältnis in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übergehen sollte, wenn es nach Ablauf der Probezeit fortgesetzt wird. In diesem Fall entsprach die Probezeit der gesamten Befristungsdauer. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hatte wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage und mangels einer bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung hierzu die Revision zum Bundesarbeitsgericht ausdrücklich zugelassen.

Entscheidung Bundesarbeitsgericht

Das Bundesarbeitsgericht hatte im Rahmen der Revision erstmals die Gelegenheit, sich mit der Rechtsfrage zu befassen, welche Probezeitdauer innerhalb eines befristeten Arbeitsverhältnisses (noch) angemessen ist und welche Rechtsfolgen eine unwirksame Probezeitvereinbarung hat. Mit Urteil vom 5. Dezember 2024 (Az.: 2 AZR 275/23) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass bei einem befristeten Arbeitsverhältnis eine vereinbarte Probezeit – jedenfalls ohne Hinzutreten besonderer Umstände – nicht der gesamten Befristungsdauer entsprechen darf. Bedauerlicherweise hat das Bundesarbeitsgericht durch diesen Lösungsweg nicht mehr abschließend entscheiden müssen, nach welchen Grundsätzen sich das Verhältnis zwischen der Dauer eines befristeten Arbeitsverhältnisses und einer vereinbarten Probezeit bestimmt. Damit verbleibt auch weiterhin eine gewisse Rechtsunsicherheit in diesem Bereich. Allerdings hat das Bundearbeitsgericht auch klargestellt, dass, wenn neben oder in einer Vereinbarung über die Probezeit eine Abrede über die Beendigung des befristeten Arbeitsvertrages durch ordentliche Kündigung getroffen worden ist, deren Wirksamkeit von der Unwirksamkeit einer unverhältnismäßig langen Probezeit unberührt bleibt. Die unverhältnismäßige Dauer der Probezeit habe dann nur zur Folge, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht mit der (verkürzten) Frist des § 622 Abs. 3 BGB (von zwei Wochen) beendet.

Praxishinweise

Auch wenn das Bundesarbeitsgericht sich nicht abschließend zu der Frage geäußert hat, nach welchen Grundsätzen sich das Verhältnis zwischen der Dauer eines befristeten Arbeitsverhältnisses und einer vereinbarten Probezeit bestimmt und hierfür auch keine festen Richtwerte aufgestellt hat, hat es zumindest klargestellt, dass – vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalles – ein Gleichlauf von Probezeit und Befristung in der Regel unangemessen und damit unverhältnismäßig ist. Eine unverhältnismäßig lange Probezeit führt jedoch – insbesondere nach der nunmehr ergangenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts – nicht zu einem generellen Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts, sondern lediglich dazu, dass nicht die verkürzte Kündigungsfrist von zwei Wochen gilt, sondern (in der Regel) die etwas längere gesetzliche Regelkündigungsfrist. Das Arbeitsverhältnis wird dann durch die Kündigung lediglich etwas später beendet und dauert jedenfalls nicht (mehr) die gesamte Befristungsdauer über fort.

Arbeitgebern ist vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts sowie der bereits ergangenen landesarbeitsgerichtlichen Entscheidungen zu raten, bei befristeten Arbeitsverträgen eine Probezeit von maximal 25 % der Befristungsdauer zu vereinbaren. Darüber hinaus – und dies ist noch viel wichtiger – sollte in dem (befristeten) Arbeitsvertrag sowohl sprachlich als auch systematisch eindeutig zwischen der Probezeit einerseits sowie dem Recht zur ordentlichen Kündigung andererseits unterschieden werden. So wird in jedem Falle sichergestellt, dass das (befristete) Arbeitsverhältnis auch ordentlich kündbar bleibt. Arbeitgeber sollten daher in ihren befristeten Arbeitsverträgen mehrere eigenständige Absätze schaffen, in denen zum einen geregelt wird, dass eine Probezeit von z.B. drei Monaten (abhängig von der Dauer der Befristung) gilt, innerhalb derer das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden kann und zum anderen (zusätzlich) geregelt wird, dass das Arbeitsverhältnis ordentlich (unter Angabe der sodann geltenden Kündigungsfristen) gekündigt werden kann.

Beim letzten Punkt sollte vor allem darauf geachtet werden, dass es sich um eine klare, verständliche und vor allem eigenständige Regelung handelt, die sprachlich keine anderen Regelungsgegenstände zusätzlich mitaufnimmt. So wird sichergestellt, dass die Regelung nicht wegen möglicher Intransparenz der Unwirksamkeit anheimfällt.

Werden diese Vorgaben nicht eingehalten, besteht für Arbeitgeber auch weiterhin die Gefahr, dass die Probezeitvereinbarung nicht nur unverhältnismäßig lang und damit unwirksam ist, sondern auch das befristete Arbeitsverhältnis nicht ordentlich gekündigt werden kann und damit erst zu dem im Arbeitsvertrag vorgesehenen Beendigungstermin endet. Dies kann für Arbeitgeber, je nachdem wie lange das befristete Arbeitsverhältnis bestehen soll, erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen, wenn das (unwirksam gekündigte) Arbeitsverhältnis fortbesteht und der Arbeitnehmer nicht mehr sinnvoll beschäftigt werden konnte oder sich erst nach Ablauf der Befristung die Unwirksamkeit der Kündigung herausstellt und neben (rückwirkenden) Gehaltszahlungen auch noch Urlaubsabgeltungs-, Bonus- sowie möglicherweise weitere Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers für die Dauer des sodann fortbestehenden Arbeitsverhältnisses erfüllt werden müssen.

Bei der Gestaltung befristeter Arbeitsverträge, vor allem im Zusammenhang mit Probezeitvereinbarungen, ist daher besondere Vorsicht geboten. Hierbei unterstützen wir Sie gerne.

 

 

 

Bildnachweis: ©Stockfotos MG

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