Risiken der Miterfindergemeinschaft in unternehmensrechtlichen Transaktionen

München, 06.05.2019

Viele Erfindungen entstehen nicht durch den schöpferischen Beitrag eines Einzelnen, sondern werden im Team von mehreren Personen gemeinsam geschaffen. Diese Teamarbeit kann aber im Einzelfall rechtliche Herausforderungen verursachen, wenn bestimmte rechtliche Anforderungen nicht beachtet werden. Im Rahmen von unternehmensrechtlichen Transaktionen, bei denen Erfindungen bzw. darauf basierende Patente Gegenstand der Transaktion sind, sollte insbesondere geklärt werden, ob die Patente auf einer Erfindung mehrerer Personen beruhen und ob etwaige – noch nicht erfüllte – Vergütungsansprüche weiterer Erfinder existieren.

WANN SPRICHT MAN VON MITERFINDERN?

Es besteht keine Legaldefinition des Begriffs des Miterfinders. Nach der Rechtsprechung ist Miterfinder jeder, der einen schöpferischen Beitrag zu der Erfindung geleistet hat (BGH GRUR 2004, 50).

Im Einzelfall kann es hier bereits zu Abgrenzungsschwierigkeiten kommen. Einigkeit besteht indes darin, dass konstruktive Mithilfeleistungen alleine nicht ausreichend sind, ebenso wenig wie Beiträge, die den Gesamterfolg nicht beeinflusst haben und als unwesentlich einzustufen sind. Gleiches gilt für reine Hilfstätigkeiten.

Die Rechtsprechung verlangt hingegen nicht, dass der Beitrag für sich selbstständig erfinderisch sein muss.

Im Ergebnis ist als Mindestanforderung ein kausaler Beitrag zur Erfindung zu fordern, der keine reine Hilfstätigkeit darstellt. In solchen Fällen wird man von Miterfindern ausgehen müssen.

INNENVERHÄLTNIS DER MITERFINDERGEMEINSCHAFT

Wurde eine Erfindung von mehreren Erfindern gemeinschaftlich geschaffen, so spricht man von einer Miterfindungsgemeinschaft.

Diese ist grundsätzlich rechtlich als Bruchteilsgemeinschaft nach §§ 741 ff. BGB einzuordnen. Durch diese Einordnung kann eine Reihe von Folgeproblemen für die Miterfinder entstehen. Sie befinden sich in derselben (misslichen) Lage wie mehrere Erben, die nunmehr ein ererbtes Haus gemeinsam verwalten und ggf. kommerzialisieren müssen.

Handlungsbedarf besteht beispielsweise immer wieder in der Praxis, wenn ein Miterfinder die Anmeldung zum Patent nur im eigenen Namen vornimmt und dadurch andere Miterfinder übergeht.

Auch bei der Erteilung von Lizenzen ziehen nicht immer alle Miterfinder an einem Strang. Manchmal erteilt nur einer der Miterfinder eine Lizenz an einen Dritten. Dann gilt es zu klären, ob einem Miterfinder für sich alleine genommen dieses Recht zusteht, oder ob die Lizenz nur erteilt werden darf, wenn die anderen Miterfinder zugestimmt haben. Es ist umstritten, wie dieser Fall behandelt werden soll. Verschiedene Obergerichte sind der Auffassung, dass die Einräumung einer Benutzungsgestattung, also die Erteilung einer Lizenz, zugunsten eines Dritten eine Maßnahme der Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstands darstellt, die nach § 744 Absatz 1 BGB den Miterfindern nur gemeinschaftlich zusteht.

BERÜCKSICHTIGUNG VON ERFINDERGEMEINSCHAFTEN IN UNTERNEHMENSRECHTLICHEN TRANSAKTIONEN

Im Vorfeld von unternehmensrechtlichen Transaktionen muss im Rahmen einer Legal Due Diligence sorgfältig geprüft werden, ob dem Zielunternehmen sämtliche IP-Rechte tatsächlich zustehen und ob gegebenenfalls noch etwaige Vergütungsansprüche Dritter, etwa in Form von Arbeitnehmererfindungsvergütungsansprüchen, gegen das Zielunternehmen bestehen.

In diesem Zusammenhang erweist sich die Miterfinder-gemeinschaft von mehreren Arbeitnehmern als besonders tückisch, da gerade diese Konstellation gewisse Risiken mit sich bringen kann.

MITERFINDERGEMEINSCHAFT BEI ARBEITNEHMERN

Bei Miterfindern, die Arbeitnehmer sind, und wenn die Erfindung im Rahmen des Arbeitsverhältnisses geschaffen wurde, müssen zunächst gewisse Formalien erfüllt worden sein. Die Erfinder müssen die Erfindung dem Arbeitgeber zunächst ordnungsgemäß melden. In einem nächsten Schritt muss die Arbeitnehmererfindung durch den Arbeitgeber in Anspruch genommen werden.

Das Arbeitnehmererfindungsgesetz (ArbnErfG) sieht eine erhebliche Erleichterung für Arbeitgeber vor, da nach der Fiktion des § 6 Absatz 2 ArbnErfG die Inanspruchnahme als erklärt gilt, wenn nicht der Arbeitgeber innerhalb der Frist von vier Monaten nach der Erfindungsmeldung die Erfindung freigibt.

Erfahrungsgemäß finden sich in den wenigsten Fällen Dokumentationen über Erfindungsmeldungen und deren Handhabung in einem Datenraum einer Legal Due Diligence. Oftmals steht lediglich ein Registerauszug des Schutzrechts zur Verfügung, bei dem die Erfinder benannt sind. Allerdings wirkt die Eintragung im Patentregister nicht konstitutiv und muss nicht der wahren Rechtslage entsprechen. Selbst wenn nur ein Erfinder im Register alleine als Erfinder vermerkt ist, so muss dies nicht unbedingt den Tatsachen entsprechen. Die pauschale Registerabfrage reicht daher für eine ordnungsgemäße Prüfung im Hinblick auf die Miterfindergemeinschaft nicht aus. Vielmehr sollte gezielt abgefragt werden, ob an der Erfindung mehrere Personen beteiligt waren und welchen Beitrag sie geleistet haben.

VERGÜTUNGSANSPRÜCHE DER MITERFINDER

Relevanz hat die Frage der Miterfindergemeinschaft im Hinblick auf potentielle Vergütungsansprüche der beteiligten Erfinder. Insbesondere noch nicht erfüllte Vergütungsansprüche können für den Erwerber relevant werden und ein gewisses Erwerbsrisiko darstellen.

Bei der Miterfindergemeinschaft von Arbeitnehmern haben diese mit der Inanspruchnahme durch den Arbeitgeber nach § 9 Absatz 1 ArbnErfG einen gesetzlichen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Vergütung. Die Berechnung der Vergütungshöhe kann im Einzelfall Schwierigkeiten verursachen. Kriterien für die Bemessung sind insbesondere die wirtschaftliche Verwertbarkeit, die Aufgaben und die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb und der Anteil des Betriebs an der Erfindung.

Die Vergütung erfolgt bei laufender Nutzung regelmäßig durch laufende Zahlungen und im Falle des Verkaufs des Schutzrechts durch abschließende Einmalzahlung.

Bei Arbeitnehmermiterfindern ist nach § 12 Absatz 2 ArbnErfG zusätzlich zu beachten, dass die Vergütung für jeden Miterfinder gesondert festzustellen ist und jedem Miterfinder ein eigenständiger Vergütungsanspruch zusteht. Im Falle des Widerspruchs eines Miterfinders wegen falscher Festsetzung seines Anteils kann der Arbeitgeber die Vergütung für alle neu bestimmen gem. § 12 Absatz 5 ArbnErfG. An eine Einigung mit den anderen Miterfindern ist der Arbeitgeber in solchen Fällen nicht mehr gebunden.

FAZIT

Beim Erwerb von oder der Investition in patentrechtlich geschützte Technologien ist stets zu klären, ob mehrere Erfinder beteiligt waren. Bei Miterfindergemeinschaften sind Besonderheiten bei der Lizenzerteilung zu beachten und im Falle von Miterfindungen, die von Arbeitnehmern geschaffen wurden, können potentielle, noch nicht erfüllte Vergütungsansprüche bislang übergangener Miterfinder ein Risiko bei der geplanten Transaktion darstellen. Diesem Risiko muss man durch die Vereinbarung geeigneter Garantien begegnen.

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