Steuerfalle: Steuerfreiheit gemeinschaftlich genutzter Immobilie im Scheidungsfall nicht sicher!

Hamburg, 07.04.2021

I. Der Sachverhalt

Im Falle der Scheidung zweier Ehegatten (Hier: A und B) stellt oft die endgültige Regelung der vor dem Trennungsjahr gemeinschaftlich (möglicherweise mit den gemeinsamen Kindern) genutzten Immobilie ein zentrales Problem bei der Auseinandersetzung des gemeinsamen Vermögens dar. Regelmäßig wird zum Beispiel der A ein Interesse daran haben an der Immobilie (samt etwaiger Kinder) das Alleineigentum zu erwerben, wobei die Immobilie zuvor möglicherweise im Miteigentum oder sogar Alleineigentum des B stand. Dieser wird wiederum Interesse daran haben die (gemeinsame) Immobilie zu veräußern, bestenfalls an A.

II. Die Problematik

Grundsätzlich ist der Veräußerungsgewinn des B im Rahmen der Veräußerung der Immobilie an A nach § 22 Nr.2 iVm § 23 I 1 Nr.1 EStG als sonstige Einkünfte iSd § 22 EStG einkommenssteuerpflichtig, soweit zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre vergangen sind.

Auf Grund stets steigender Immobilienpreise in der jüngeren Vergangenheit kann davon ausgegangen werden, dass der Veräußerungsgewinn nach § 23 III 1 EStG, also der Unterschied zwischen Veräußerungspreis und Anschaffungskosten eine relativ beachtliche Summe darstellt.

Die Problematik ergibt sich hier regelmäßig daraus, dass der Miteigentumsanteil des B nicht mehr unter die Ausnahme des § 23 I Nr.1 S.3 EStG fällt, wenn B aus der Immobilie für das Trennungsjahr ausgezogen ist. Dieser konnte in der Zeit vor der Trennung davon ausgehen die Immobilie steuerfrei veräußern zu können, da er sie mit seiner Familie zu eigenen Wohnzwecken nutzte. Durch seinen Auszug liegt diese Voraussetzung jedoch nicht mehr vor, denn die Überlassung an den getrenntlebenden Ehepartner stellt keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken dar (BeckOK EStG/Trossen EStG § 23 Rn. 184).

B hat den Veräußerungsgewinn demnach nach § 22 Nr.2 iVm § 23 I 1 Nr.1 EStG als sonstige Einkünfte zu versteuern.

III. Lösungsansätze

Im Rahmen der Aufteilung des Eigentums sind verschiedene zivilrechtliche Konstellationen denkbar.

Zunächst könnte B seinen Miteigentumsanteil an der Immobilie an A verkaufen. In Betracht kommt in dem Rahmen auch regelmäßig eine Verrechnung mit/ Leistung an Erfüllungs statt für etwaige nacheheliche Ansprüche, wie zum Beispiel der Anspruch auf Zugewinnausgleich. Die Entgeltlichkeit des Geschäfts entfällt dabei jedoch nicht und es entsteht ein Veräußerungsgewinn. Deshalb wird teilweise ein Verzicht auf den Anspruch auf Zugewinnausgleich und eine anschließende Schenkung des Miteigentums vorgeschlagen. Die Rechtsprechung nimmt jedoch auch hier eine Besteuerung an. Im Zweifel handelt es sich hierbei jedenfalls um einen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO (RNotZ 2001, 380).

Sind die Ehegatten (Mit-)Eigentümer mehrerer Immobilien kommt auch ein Tauschgeschäft in Betracht. Auch hier verliert das Geschäft jedoch nicht seinen entgeltlichen Charakter.

Eine Vermeidung der Entgeltlichkeit des Veräußerungsgeschäfts scheint danach auszuscheiden. Es ist den Ehegatten demnach zu empfehlen, die Eigentumsverhältnisse noch im Jahr des Auszuges des B zu klären und damit die Steuerbefreiung nach § 23 I Nr.1 S.3 EStG zu nutzen.

Regelmäßig bleibt sonst nur das Abwarten der sog. Spekulationsfrist (§ 23 I 1 Nr.1 EStG). In diesem Rahmen werden oft Nutzungsvereinbarungen zwischen den Ehegatten abgeschlossen mit einer Vereinbarung des späteren Verkaufs. Dabei ist jedoch als Grenze zu beachten, dass der BFH in Fällen einer Schaffung von Verhältnissen, die wirtschaftlich einem Kaufvertrag gleichstehen und dem Käufer zudem wirtschaftliches Eigentum verschaffen als ein die Veräußerung vorwegnehmendes Geschäft in einigen Fällen bereits eine Anwendung des § 23 EStG vorgesehen hat (RNotZ 2001, 380, 387; vgl. BFH, Urteil vom 23. 1. 1991 - IV R 95/90).

Autoren: Nora Dibbert, Aylin Kaplan und Mette Rieck

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