Rechtliche Ansätze zur Identifikation von Optimierungspotenzialen für den Immobilienbestand

Köln, 08.03.2023

ImmobilienDie aktuell herrschende hohe Inflation sowie die gestiegenen Zinsen machen sich derzeit auch auf dem Immobilienmarkt bemerkbar: Die Anzahl der Immobilientransaktionen ist stark zurückgegangen. Wie lange dies noch andauert, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht abgeschätzt werden. Es bietet sich daher an, die Zeit zu nutzen und den Immobilienbestand einer Bestandsanalyse zu unterziehen, um Optimierungspotenziale zu identifizieren und ihn zum Beispiel für einen späteren Verkauf zu optimieren und vorzubereiten.  

Was ist das Ziel einer Bestandsanalyse?

Erzielung höherer Kaufpreise durch frühe Identifizierung, Bewertung und Beseitigung rechtlicher Risiken

Ein Ziel einer Bestandsanalyse kann es sein, die rechtliche und vertragliche Situation so zu verbessern, dass ein möglichst hoher Kaufpreis erzielt werden kann und (unnötige) Verzögerungen der Vertragsverhandlungen und des sogenannten Closings verhindert werden. Insoweit sollten sowohl die üblichen wertbildenden Faktoren optimiert und Einfallstore für (spätere) Kaufpreisreduzierungen vermindert bzw. idealerweise ausgeschlossen werden. Schließlich sind rechtliche Risiken zu eliminieren.

Des Weiteren könnte schon vorausschauend eine sogenannte Vendor Due Diligence durchgeführt und ein entsprechender Bericht vorbereitet werden. Dies kann später wertvolle Zeit sparen, Prozessabläufe verbessern und abkürzen.

Ungeachtet dessen bietet sich eine solche Analyse aber auch für Bestandshalter an. Denn auch für diese kann eine Optimierung Kosten reduzieren und Risiken ausschließen oder zumindest minimieren.

Was bedeutet das im Einzelnen?

Mietvertragsprüfungen

Das Hauptaugenmerk sollte regelmäßig auf die bestehenden Miet- und Pachtverträge nebst der abgeschlossenen Nachträge gelegt werden.

  • Ein Fokus bei der Mietvertragsprüfung liegt auf der Feststellung von Schriftformverstößen. Die Rechtsprechung zu Schriftformverstößen ist umfangreich und mittlerweile recht unübersichtlich. Daher bergen mögliche Schriftformverstöße stets das Risiko einer Kündigung durch den Mieter, das der potenzielle Erwerber wiederum zur Vornahme (erheblicher) Abschläge beim Kaufpreis anführen kann. Denn das Argument des Käufers wird immer sein, dass der Mietvertrag aufgrund des (vermeintlichen) Schriftformverstoßes jederzeit mit der gesetzlichen Kündigungsfrist ordentlich gekündigt werden kann und daher bei der Bemessung des Kaufpreises nicht mit seiner vereinbarten Vertragslaufzeit zu berücksichtigen ist. Im Vorfeld bereits identifizierte Mängel können aber regelmäßig mittels eines Nachtrags (unauffällig) geheilt und somit das Risiko von Kaufpreisabschlägen minimiert werden.
  • Die Vereinbarung von Wertsicherungsklauseln und deren Wirksamkeit ist durch die Inflation besonders in den Fokus der rechtlichen Bewertung gerückt. Da bereits an die Zulässigkeit von Wertsicherungsklauseln erhöhte Anforderungen gestellt werden und die wirksame Formulierung solcher Klauseln nicht ohne Tücken ist, besteht insoweit ein erhebliches Fehlerpotenzial, das bei der wirtschaftlichen Bewertung durch den Kaufinteressenten erheblich ins Gewicht fallen kann. Umso wichtiger ist es zu vermeiden, dass Mieter auf Feststellung der Unwirksamkeit derartiger Klauseln klagen und zukünftige Käufer damit belastet werden. Eine frühzeitige Prüfung der entsprechenden Vereinbarungen kann daher die Chance bieten, etwaige Risiken im Vorfeld zu beseitigen oder jedenfalls zu reduzieren.
  • Auch mietvertragliche Vereinbarungen über die Tragung von Betriebs- und Nebenkosten bieten ein hohes Diskussionspotenzial. Der Betriebskostenkatalog sowie die Umlagefähigkeit sollten daher rechtlich geprüft und nicht umlagefähige Nebenkosten (sogenannte non-recs) identifiziert werden. Ggf. können festgestellte Defizite dann noch rechtzeitig geheilt werden.
  • Zukunftsorientiert mit Green Lease: Die Erfüllung von Nachhaltigkeitskriterien ist von immer größerer Bedeutung. Investoren legen daher vermehrt Wert auf die Einhaltung von ESG-Kriterien, jedenfalls aber auf ihre Berücksichtigung in den Mietvertragsregelungen. Insbesondere die Implementierung von sogenannten Green-Lease-Klauseln in Mietverträgen wird daher immer stärker nachgefragt. Daher bietet es sich durchaus an, dem Nachhaltigkeitsgedanken beim Abschluss neuer Mietverträge Rechnung zu tragen. Aber auch in Bestandsmietverträgen können entsprechende Regelungen im Rahmen eines Nachtrags vereinbart werden. Das hat regelmäßig nicht nur für den Vermieter, sondern auch für den Mieter Vorteile, sodass insoweit die Chancen für eine entsprechende Vertragsoptimierung regelmäßig sehr gut stehen dürften.
  • Kaufpreisrelevant sind üblicherweise auch Instandhaltungs- und Instandsetzungsverpflichtungen. Deren Wirksamkeit ist in der Regel, insbesondere vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, zu  bewerten. Da unwirksame Instandhaltungs- und Instandsetzungsklauseln Kaufinteressenten regelmäßig einen Ansatz für erhebliche Kaufpreisreduzierungen bieten, ist eine Überprüfung und ggf. Anpassung meist lohnenswert.

Grundstückssituation

Während eines Verkaufsprozesses können grundstücksrechtliche Risiken zwar identifiziert, aber zeitnah kaum beseitigt werden.

Daher ist es ratsam, grundstücksbezogenes Optimierungspotenzial frühzeitig zu identifizieren und zu korrigieren. Hierbei sind insbesondere zu korrigierende Grundbucheintragungen (zum Beispiel alte Dienstbarkeiten, Grundpfandrechte oder Ähnliches), nachbarrechtliche Problemstellungen sowie Fragen der Zuwegung in Augenschein zu nehmen.

Schlussbetrachtung

Die Praxis zeigt, dass eine Bestandsanalyse meist erhebliches Optimierungspotenzial zutage fördert. Wer dieses Optimierungspotenzial bereits jetzt ausschöpft, kann häufig einen messbaren Mehrwert schaffen, der sich im Falle einer späteren Veräußerung der Immobilie, aber auch für einen Bestandshalter bezahlt macht. Die vorstehend beschriebenen Positionen sind dabei erfahrungsgemäß von Bedeutung. Gleichwohl ist diese Aufzählung nicht abschließend. Denn so unterschiedlich Immobilien und ihre rechtlichen Beziehungen sind, so vielfältig sind auch die Ansatzpunkte für deren Optimierungspotenzial. Eine fachmännische Beratung ist daher regelmäßig lohnenswert.

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