Neue Vorgaben der Europäischen Union?

Frankfurt am Main, 11.04.2024

Am 16.02.2024 hat die EU die neuen Geldwäschepräventionsregelungen als Ergebnis einer langwierigen Abstimmung zwischen EU-Parlament, EU-Rat und EU-Kommission vorgestellt. Die Verabschiedung in den jeweiligen Gremien steht noch aus, dennoch ist bereits jetzt ersichtlich, dass es erhebliche Änderungen geben wird. Auf einige dieser Änderungen gehen wir nachstehend ein.

Aus Eins mach Drei oder Vier?

Bislang gab es in der EU die Geldwäsche-Richtlinie (EU) 2015/849[1]. Diese soll nun ersetzt werden durch die neue Geldwäschepräventionsrichtlinie, eine Geldwäschepräventionsverordnung, eine Verordnung über eine europäische Geldwäschepräventionsaufsichtsbehörde und die Neufassung der Geldtransferverordnung[2].

Die Hintergründe für die entsprechende Erweiterung des Kanons sind vielfältig. Dabei ist in Teilen zunächst eine bessere und einheitliche Organisation der Behörden Ziel der Vorgaben. Dies insbesondere bei der geplanten Geldwäschepräventionsverordnung, die eine bessere Abstimmung der verschiedenen national zuständigen Stellen (in Deutschland die Financial Intelligence Unit beim Zoll) ermöglichen soll. Dabei soll die Zusammenarbeit und die Datenqualität europaweit einheitlich vorgegeben werden.

Durch die Einführung einer europäischen Aufsichtsbehörde, der sogenannten AMLA, die ihren Sitz in Frankfurt am Main erhalten wird, soll zudem sichergestellt werden, dass die Aufsicht europaweit einheitlich erfolgt. Dabei soll auch in Zukunft auf die Besonderheiten der verschiedenen Verpflichtetengruppen, insbesondere den Finanzunternehmen und den Nicht-Finanzunternehmen (jeweils im weitesten Sinne), weiter Rechnung getragen werden. 

Für die Praxis die zunächst wesentlichste Bedeutung ist von der Geldwäschepräventionsrichtlinie 2024 zu erwarten. Diese wird die bisherige Richtlinie vollständig ablösen und ersetzen und damit insgesamt neue Regelungen vorgeben. Auf dieser soll auch der Schwerpunkt dieser Veröffentlichung liegen.

Der deutsche Gesetzgeber hat versucht, einige der anstehenden Änderungen schon im Zuge des Entwurfs des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung von Finanzkriminalität (Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz - FKBG) aufgenommen, welches – Stand der Veröffentlichung – noch nicht verabschiedet ist.[3]

Geldwäschepräven­tionsrichtlinie 2024

Änderungen bei den Verpflichteten geplant

Die für die Praxis wesentlichste Veränderung wird es bei den Verpflichteten geben. 

So werden die Güterhändler im Wesentlichen nicht mehr Verpflichtete sein. Eine Ausnahme gilt nur für Händler von Schmuck sowie Gold- und Silberwaren oder Uhren mit einem Wert von mehr als 10.000 EUR oder seltenen Metallen und Steinen. Neu ist hingegen die Aufnahme von Jachten und Flugzeugen (ab 7,5 Mio. EUR) und Fahrzeugen (ab 250.000 EUR). Im Gegenzug entfällt die Verpflichtung für alle anderen Warenhändler, mithin insbesondere Händlern des täglichen Bedarfs. 

Des Weiteren werden neu als Verpflichtete eingeführt auch die Fußballvereine und Fußballagenten.

Auch werden Intermediäre in allen Bereichen stärker in die Verpflichtung eingebunden, was an vielen Stellen eine Berufung auf den Hauptkunden / Hauptvertragspartner erschweren wird und zur Beachtung der nun eigenen Pflichten führen wird. Hier wird aber auch die nationale Umsetzung abzuwarten sein, um die genaue Reichweite zu ermitteln.

Von praktischer Bedeutung wird die Einführung der Verpflichteten Eigenschaft für die im Text noch als „non-financial mixed activity holding“ company bezeichneten Gesellschaften werden. Um eine solche soll es sich nach den Definitionen immer dann handeln, wenn eine Gesellschaft, die keine Finanzholding oder eine gemischte Finanzholding ist, aber auch keine Tochtergesellschaft einer anderen Gesellschaft ist und deren eigene Beteiligungsgesellschaften mindestens eine nach der Richtlinie verpflichtete Gesellschaft umfassen, die nicht Kredit- oder Finanzunternehmen ist. Für diese Gesellschaften werden neue Pflichten auf Gruppen- und Gruppenbeteiligungsgesellschaften eingeführt.

Änderungen bei Notaren

Die wichtigste Änderung für Notare ist eine praktische: Da Notare keine Mandanten haben, sondern nur Urkundsbeteiligte, stellt die neue Richtlinie klar, dass im Zweifel alle Beteiligten als Vertragspartner anzusehen sind und damit die Verpflichtung gegenüber einem jeden besteht. Dies war – zumindest in der bisherigen deutschen Praxis – so bereits anerkannt und verstanden, so dass die neue Formulierung nur klarstellend ist.

Darüber hinaus gilt diese Klarstellung aber auch für Anwälte, wenn diese beispielsweise im Rahmen von Mediationen ein Kataloggeschäft erfüllen und in diesem Rahmen für beide Seiten tätig sind.

Hier wird abzuwarten sein, ob der deutsche Gesetzgeber diese Pflichten weiter konkretisiert und auch andere Konstellationen erfassen wird.

Zu den veränderten Meldepflichten gelten die nachstehenden Aussagen zu den Rechtsanwälten entsprechend.

Änderungen bei Rechtsanwälten

Die Verpflichtungen für die Rechtsanwälte ändern sich – wie für alle anderen – nicht in den direkten Umständen der Verpflichtung. Vielmehr wird es für Rechtsanwälte und Notare wesentliche Änderungen bei den Aufgaben der Verpflichteten geben.

Neu geregelt wurden insbesondere die Verpflichtungen zur Abgabe von Verdachtsmeldungen. Diese sind nun mit allen notwendigen Dokumenten abzugeben, wenn der Verpflichtete weiß, vermutet oder auf Grundlage erheblicher Gründe vermutet, dass Mittel oder Aktivitäten, unabhängig vom eingesetzten Betrag, aus kriminellen Handlungen stammen oder einen Bezug zur Terrorismusfinanzierung oder zu terroristischen Aktivitäten haben.

Anwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und vergleichbare Berufsgruppen sollen von dieser Meldepflicht nicht mehr pauschal ausgenommen sein. Vielmehr besteht eine Ausnahme nur noch dann, wenn sie die Informationen von oder über ihren Mandanten bei der Ermittlung der Rechtslage ihres Mandanten oder bei der Wahrnehmung ihrer Aufgabe erhalten, diesen Mandanten in einem gerichtlichen Verfahren oder in Bezug auf ein solches Verfahren zu verteidigen oder zu vertreten, einschließlich der Beratung bei der Einleitung oder Vermeidung eines solchen Verfahrens, unabhängig davon, ob diese Informationen vor, während oder nach einem solchen Verfahren erhalten oder eingeholt wurden. Diese Ausnahme soll nicht greifen, wenn der Verpflichtete bei der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung selbst eine aktive Rolle einnimmt, die Rechtsberatung zum Zwecke der Geldwäsche, seiner Vortaten oder der Terrorismusfinanzierung erteilt oder weiß, dass der Mandant den Rat zum Zwecke der Geldwäsche, seiner Vortaten oder der Terrorismusfinanzierung einholt. Wissen soll sich dabei aus den objektiven Umständen ergeben.

Mit dem letzten Teil wird eine erhebliche Erweiterung der Verpflichtungen zur Abgabe von Verdachtsmeldungen erfolgen. Nach den Begleitdokumenten soll Wissen immer dann vorliegen, wenn eines der bekannten Szenarien der Geldwäsche einschlägig sein könnte. Im Zweifel wird daher der Dokumentationsaufwand in den betroffenen Berufen ansteigen.

In der Praxis wird zudem die Frage der Beratung zur Vermeidung eines Prozesses einen erheblichen Anteil der bisherigen Beratung übernehmen, da nur erstere privilegiert ist.

In den Details wird es daher sehr stark auf die Umsetzung des nationalen Gesetzgebers ankommen.

Änderungen bei der Identifizierung

Bei der Identifizierung wird nun auch die Steuernummer der natürlichen Personen zu erheben sein, bei juristischen Personen wird neben der Steuernummer auch die LEI bedeutsamer. Auch nominelle Anteilseigner sollen in der Identifizierung juristischer Personen stärker als bisher berücksichtigt werden. Des Weiteren werden gesonderte Regelungen für besondere Fälle geregelt, beispielsweise für die Verwendung von virtuellen IBAN.

Prüfungen von Sanktionen

Nach den neuen Vorgaben werden auch die EU-Sanktionen gegen die Vertragspartner und wirtschaftlich Berechtigten eine verstärkte Bedeutung erlangen. So wird eine Prüfung der so ermittelten Personen und der eingebundenen juristischen Personen auf EU-Sanktionen verpflichtend. Darüber hinaus sollen auch Sanktionen der UN überprüft werden, wenn eine Umsetzung in das EU-Recht noch nicht erfolgt ist.

Aufgaben der AMLA

Mit der AMLA wird eine zentrale Aufsichtsbehörde für die Geldwäscheprävention in Europa geschaffen werden. Mit ihrem Sitz in Frankfurt am Main wird sie europaweit einheitliche Regelungen für die Verpflichteten herausgeben und auch für einzelne Verpflichtete diese direkt überprüfen. Für andere Verpflichtete oder ihre Aufsichtsbehörden wird sie nicht nur Ansprechpartner, sondern auch koordinierend tätig sein. Dies lässt darauf hoffen, dass die Anwendungen der Vorgaben in Europa einheitlich erfolgt und Nichtbeachtungen einheitlich bebußt werden.

Ergebnis

Die neuen Regelungen zur Geldwäscheprävention werden eine erhebliche Weiterentwicklung der bisherigen Regelungen darstellen. Einzelne Teilbereiche, aber bei Weitem nicht alle, haben wir in diesem Text einmal angesprochen.

Schon jetzt ist aber davon auszugehen, dass die weitere Entwicklung der Geldwäscheprävention in den meisten Unternehmen auch zu einer Notwendigkeit der Anpassung der internen Prozesse führen wird. Durch die zentralere Prüfung und Überwachung der Vorgaben steht zu erwarten, dass die Nichtbefolgung der Vorgaben keinen dauerhaften Wettbewerbsvorteil mehr auslöst.

Im Detail wird aber der Erfolg oder Misserfolg der neuen Regelungen auch noch von der Umsetzung in nationales Recht abhängen. Hier sind – schon wegen der vielen Kompromisse im EU-Text und den national unterschiedlichen Historien – manche Überraschungen zu erwarten.

 

[1]https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A02015L0849-20210630

[2]https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A02015R0847-20200101

[3]https://dip.bundestag.de/vorgang/gesetz-zur-verbesserung-der-bek%C3%A4mpfung-von-finanzkriminalit%C3%A4t-finanzkrimina-lit%C3%A4tsbek%C3%A4mpfungsgesetz-fkbg/304773

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