Das neue Plattformen-Steuertransparenzgesetz im Überblick

Köln, 11.08.2023

Einleitung und Hintergrund

Seit Beginn des Jahres 2023 gilt das neue Plattformen-Steuertransparenzgesetz (im Folgenden: „PStTG“). Es statuiert eine Meldepflicht für Betreiber digitaler Plattformen, für aktive Anbieter insbesondere die Vergütungen für bestimmte Tätigkeiten zu melden. Konkretisiert wir das Gesetz durch ein BMF-Schreiben vom 2. Januar 2023, mit dem das BMF praxisrelevante Fragen beantwortet.

Mit dem neuen Gesetz wurde die EU-Richtlinie 2021/514 des Rates vom 22. März 2021 (sog. DAC 7-Richtlinie) zur Änderung der EU-Richtlinie 2011/16 (sog. Amtshilferichtlinie) in deutsches Recht umgesetzt. Ziel des Gesetzes ist die Herstellung von Transparenz über geschäftliche Aktivitäten auf digitalen Plattformen, um deren korrekte steuerliche Erfassung sicherzustellen. Zu diesem Zweck stellt das Gesetz eine Reihe von Verfahrensvorschriften auf, die den Finanzbehörden zu einem besseren Zugang zu Informationen verschaffen sollen, um Kenntnis über wirtschaftliche Aktivitäten von Anbietern auf digitalen Plattformen zu erhalten.

Auf die Steuerpflicht und die Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage bei Anbietern auf digitalen Plattformen haben die neuen Regelungen dagegen keine Auswirkungen. Die persönliche und sachliche Steuerpflicht richtet sich weiterhin ausschließlich nach dem materiellen Steuerrecht der hierzu erlassenen Steuergesetze (z.B. Einkommens-, Körperschafts-, Gewerbe- und Umsatzsteuergesetz).

Anwendungsbereich

Das Gesetz richtet sich an Plattformbetreiber, d.h. an Rechtsträger, die sich verpflichten, einem Anbieter eine Plattform ganz oder teilweise zur Verfügung zu stellen (§ 3 Abs. 2 PStTG). Nicht erfasst sind demnach reine Online-Shops, über die ein Händler oder Dienstleister seine eigenen Waren bzw. Dienstleistungen online anbietet und verkauft. Eine Plattform ist jedes Online-System, das ihren Nutzern die Kontaktaufnahme und den Abschluss von Rechtsgeschäften in Bezug auf „relevante Tätigkeiten“ ermöglichen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 PStTG). Ausdrücklich nicht erfasst sind dagegen Plattformen, die die Verarbeitung von Zahlungen ermöglichen, Werbeplattformen und Branchenlisten sowie Plattformen, die Nutzer ausschließlich auf eine (andere) Plattform um- oder weiterleiten (§ 3 Abs. 1 Satz 3 PStTG).

Die relevanten Tätigkeiten, für die eine Meldepflicht besteht, werden von dem Gesetz definiert und umfassen:

  • die zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an unbeweglichen Vermögen
  • die Erbringung persönlicher Dienstleistungen
  • der Verkauf von Waren und
  • die zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an Verkehrsmitteln.

Schließlich unterfallen dem Gesetz nicht nur in der EU ansässige Plattformbetreiber, sondern auch in Drittländern ansässige Plattformbetreiber, sofern diese EU-ansässigen Verkäufern die Ausübung einer „relevanten Tätigkeit“ bzw. Verkäufern in Drittländern eine Vermietung von in einem EU-Mitgliedstaat belegenem unbeweglichen Vermögen ermöglichen (§ 3 Abs. 4 PStTG).

Ausnahmen bestehen, wenn es sich um freigestellte oder um sog. qualifizierte Plattformbetreiber handelt. Auf Antrag freigestellt werden kann ein Plattformbetreiber, wenn er den Nachweis erbracht hat, dass die von ihm betriebene Plattform nicht von meldepflichtigen Anbietern genutzt werden kann. Um einen sog. qualifizierten Plattformbetreiber handelt es sich, wenn dieser, zusammengefasst, in einem Drittstaat ansässig ist mit allen EU-Mitgliedstaaten ein vergleichbarerer Datenaustausch praktiziert wird. 

Pflichten der Plattformbetreiber

Eine Registrierungspflicht gibt es ausdrücklich nur für außereuropäische meldende Plattformbetreiber, also Plattformbetreiber die einem Drittstaat ansässig sind. Diese sind seit dem 1. Januar 2023 dazu verpflichtet, sich unverzüglich bei einem EU-Mitgliedstaat ihrer Wahl zu registrieren, im Fall von Deutschland erfolgt dies beim Bundeszentralamt für Steuern. Alle anderen Plattformbetreiber, die beim Bundeszentralamt für Steuern ihre Meldungen abgeben müssen, müssen sich beim Bundeszentralamt für Steuern anmelden.

Die Meldepflicht aus §§ 13, 14 PStTG

Der wohl wichtigste Regelungsaspekt des Gesetzes ist jedoch die Meldepflicht aus §§ 13, 14 PStTG. Meldende Plattformbetreiber müssen neben Informationen über die Plattform und deren Betreiber auch allgemeine Informationen zu jedem sog. meldepflichtigen Anbieter melden.

Meldepflichtige Anbieter in diesem Sinne sind aktive, nicht freigestellte Anbieter, die im Inland oder in einem EU-Mitgliedstaat ansässig sind und im Meldezeitraum relevante Tätigkeiten über die Plattform erbracht haben oder die in einem Drittstaat ansässig sind und eine relevante Tätigkeit in Form der zeitlich begrenzten Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an unbeweglichen Vermögen, das im Inland oder in einem anderen EU-Mitgliedstaat belegen ist, erbracht haben.

Bezüglich der Informationen, die der meldende Plattformbetreiber für jeden meldepflichtigen Anbieter zu melden hat, differenziert das Gesetz grundsätzlich zwischen einer natürlichen Person bzw. einen Rechtsträger als aktiven Anbieter.

Die zu meldenden Informationen sind recht umfangreich.

Zum einen sind allgemeine Angaben zu machen, wie zum Beispiel Vor- und Nachname der natürlichen Person bzw. der eingetragene Name des Rechtsträgers, Anschrift, Steueridentifikationsnummer und EU-Mitgliedstaat, der sie erteilt hat, das Geburtsdatum bei einer natürlichen Person und die USt-ID (sofern vorhanden).

Zum anderen sind spezifische Informationen zu melden, zum Beispiel Details zum Finanzkonto des Anbieters (sofern vorhanden) und Details zu den getätigten Transaktionen, unter anderem die in jedem Quartal des Meldezeitraums insgesamt gezahlte oder gutgeschriebene Vergütung und die Zahl der relevanten Tätigkeiten, für die in jedem Quartal des Meldezeitraums eine Vergütung gezahlt oder gutgeschrieben wurde.

Zusätzlich und unabhängig davon, ob natürliche Person oder Rechtsträger meldepflichtiger Anbieter ist, sind bei der Nutzungsüberlassung von Immobilien zusätzliche Informationen zu melden. Hierzu gehören die Anschrift jeder inserierten Immobilieneinheit, die jeweils gezahlte bzw. gutgeschriebene Vergütung sowie die Anzahl der relevanten Tätigkeiten je inserierter Immobilieneinheit und – sofern vorhanden – die Art der Einheit, die Anzahl der Vermietungs- bzw. Überlassungstage sowie die Grundbuchnummer.

Die Meldung gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern muss dabei jeweils bis spätestens zum 31. Januar des Folgejahres, d.h. für 2023 grundsätzlich bis zum 31. Januar 2024, an das Bundeszentralamt für Steuern erfolgen. Der Meldung geht die Verpflichtung des Plattformbetreibers voraus, die zu meldenden Anbieter als meldepflichtige Anbieter bis zum 31. Dezember des Meldezeitraums zu identifizieren. Für zum 1. Januar 2023 bestehende Anbieter sieht das Gesetz insoweit eine Verlängerung auf den 31. Dezember 2024 vor.

Umgekehrt besteht für den Plattformbetreiber auch eine Verpflichtung, die meldepflichtigen Informationen bis zum 31. Januar des Folgejahres dem meldepflichtigen Anbieter mitzuteilen. Auf diese Weise ist auch der gemeldete Anbieter informiert, welche Informationen über ihn an die Finanzverwaltung übermittelt worden sind.

Ausnahmen von der Meldepflicht

Eine Ausnahme von der Meldepflicht besteht für freigestellte Anbieter (§ 4 Abs. 5 PStTG). Der wohl praxisrelevanteste Fall betrifft Anbieter, die weniger als 30 Warenverkäufe vorgenommen und hierfür insgesamt weniger als 2.000 Euro Vergütung erhalten haben. Gleiches gilt in Bezug auf die entgeltliche Immobilienüberlassung in mehr als 2.000 Fällen. Ebenfalls freigestellt sind staatliche Rechtsträger sowie Rechtsträger, dessen Aktien regelmäßig an einer anerkannten Wertpapierbörse gehandelt werden, oder mit diesem verbundenen Rechtsträger.

Weitere Sorgfaltspflichten - §§ 16-21 PStTG

Neben der Meldepflicht statuieren die §§ 16-21 PStTG weitere Sorgfaltspflichten der Betreiber. Diese betreffen insbesondere die Erhebung und Überprüfung meldepflichtiger Informationen sowie die Identifizierung freigestellter Anbieter für jeden Meldezeitraum. Zudem bestehen eine Vielzahl von Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten (§ 24 PStTG).

Mitwirkungspflicht der Anbieter aus § 23 PStTG

Auch Anbieter sind von den neuen Regelungen betroffen. Sie sind zur Mitwirkung bei der Erfüllung der Betreiberpflichten verpflichtet. Legt ein Anbieter trotz Aufforderung des Betreibers die von diesen zu erhebenden Informationen nicht vor, hat der Plattformbetreiber den Anbieter nach Ablauf einer Frist von der weiteren Nutzung der Plattform auszuschließen oder die Vergütung an den Anbieter einzubehalten (§ 23 PStTG).

Sanktionen

Das Gesetz enthält zur Ahndung der Verletzung der statuierten Pflichten der Plattformbetreiber verschiedene Ordnungswidrigkeitstatbestände.

Sanktioniert sind insbesondere unterlassene oder unvollständige Registrierungen, unterbliebene, unrichtige, unvollständige, verspätete oder nicht in der vorgeschriebenen Weise erfolgende Meldungen, aber auch Verstöße gegen die Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten. Das Bundeszentralamt für Steuern kann in solchen Fällen Geldbußen je nach Tatbestand zwischen bis zu 5.000 Euro, bis zu 30.000 Euro bzw. bis zu 50.000 Euro verhängen.

Daneben kann das Bundeszentralamt für Steuern bei Verstößen gegen die Registrierungspflicht als letztes Mittel der Betrieb der Plattform untersagen und deren Sperrung anordnen.

Auswirkungen für die Praxis

Die neuen Vorgaben betreffen eine Vielzahl von Plattformen. Mit ihrer praktischen Umsetzung geht ein enormer bürokratischer Aufwand einher und wird insbesondere für viele betroffene Plattformbetreiber neue Complaince-Regelungen auf den Plan rufen. Ihnen ist zu empfehlen, die neuen Vorschriften eingehend zu prüfen und die notwendigen Prozesse einzurichten, um den Pflichten des PStTG gerecht zu werden. In Konzernfällen kann sich zum Beispiel die Frage stellen, wer Plattformbetreiber ist. Hierbei kann es je nach Struktur auch mehrere Plattformbetreiber geben.

Ist im Einzelfall zweifelhaft, ob eine Plattform oder eine relevante Tätigkeit im Sinne des Gesetzes vorliegt, erteilt das Bundeszentralamt für Steuern auf gebührenpflichtigen Antrag Auskunft.

Anbieter auf Plattformen sollten sich auf die Anfragen der Betreiber vorbereiten, ihren Mitwirkungsobliegenheiten nachkommen und vor allem alle Transaktionen sorgfältig dokumentieren.

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