Nachträgliche Anpassung der Grunderwerbsteuer in Immobilientransaktionen

13.10.2017

Einführung

Wird in Deutschland ein Grundstück veräußert, so fällt regelmäßig Grunderwerbssteuer an, die per Gewohn­heitsrecht der Käufer trägt. Grundlage der Steuerpflicht ist bereits der Abschluss eines (wirksamen) Grundstücks­kaufvertrags. Der Besteuerungsgrund liegt somit in dem vereinbarten Grundbesitzwechsel, d. h. der Begründung des Anspruchs, und nicht erst in dem späteren Vollzug bzw. dem tatsächlichen Eigentumswechsel.

Gemäß § 8 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes („GrEStG“) richtet sich die Höhe der Steuer grundsätzlich nach dem Wert der „Gegenleistung“.

Hierzu gehören beim Kauf von Grundbesitz jedoch nicht nur der Kaufpreis, sondern auch die vom Käufer über­nommenen „sonstigen Leistungen“ sowie die dem „Ver­käufer vorbehaltenen Nutzungen“. „Gegenleistung“ ist also – über den Kaufpreis hinaus – jede Leistung, die der Käufer als Entgelt für den Erwerb des Grundstücks gewährt oder die der Verkäufer als Entgelt für die Veräußerung empfängt.

Obwohl also die Steuerpflicht sowie die Steuerhöhe in einem frühen Stadium, nämlich bereits bei Kaufvertragsabschluss, festgelegt wird, können die weiteren Ver­handlungen und Umstände bei der Abwicklung der Grundstückstransaktion für die endgültige Besteuerung durchaus relevant sein. Tatsächlich können sich sowohl das „Ob“ als auch das „Wie“ der Besteuerung nachträglich noch einmal erheblich ändern.

Folgende Beispielsfälle – ohne Anspruch auf Vollständig­keit – mögen dies illustrieren.

Steuerkorrekturen „nach unten“

Neben Fällen einer fehlgeschlagenen und rückabgewickelten Transaktion, in denen eine Korrektur der festgesetzten Grunderwerbsteuer an sich in Betracht kommt, sind auch flexible (nachträgliche) Anpassungen der Gegenleistung – vornehmlich als Reduzierung – von Interesse.

Direkte Kaufpreisanpassungen
Ein besonders einleuchtender Fall der Herabsetzung der Gegenleistung kann durch eine schlichte nachträgliche Vereinbarung einer Kaufpreisanpassung geschehen. Haben die Parteien beispielsweise eine Art vorläufigen Kaufpreis mit der Maßgabe vereinbart, dass der Verkäufer noch den Abschluss eines werthaltigen Mietvertrags realisiert, kommt eine Kaufpreisreduzierung in Betracht, wenn der Mietvertrag doch nicht (rechtzeitig) abgeschlos­sen wird. Die steuerlich relevante Gegenleistung redu­ziert sich entsprechend. Wird sie per Nachtrag zum Kauf­vertrag dokumentiert und tatsächlich vollzogen, bildet der Nachtrag die Legitimationsgrundlage für die Steuer­anpassung gegenüber dem Finanzamt.

Einen weiteren Anwendungsbereich bilden Sachmängel, die dem Käufer erst nach dem Übergabetag bekannt werden. Ist die Gewährleistung wie üblich ausgeschlos­sen und kann der Käufer – wie regelmäßig – kein arglistiges Verschweigen bekannter Tatsachen durch den Verkäufer im Verkaufsprozess nachweisen, hat der Käufer bei entsprechender Verhandlungsposition nur noch die Möglichkeit, eine nachträgliche Kaufpreisanpassung (i. e. Reduzierung) zu verhandeln. Wird diese vereinbart, stellt dies ebenfalls eine nachträgliche Herabsetzung der steuerlich relevanten Gegenleistung dar.

Verwirkung von Vertragsstrafen
Nicht selten verpflichtet sich der Verkäufer, bestimmte Maßnahmen, so z. B. Mängelbeseitigungen oder Baumaßnahmen, noch zu erledigen bzw. noch ausstehende Legalisierungen nicht genehmigter Bauvorhaben durchzuführen. Zwecks wirksamer Durchsetzung dieser Ver­pflichtungen (z. B. auch nach Zahlung des Kaufpreises) werden teilweise Vertragsstrafen vereinbart.

Wird die Vertragsstrafe verwirkt, fließt ein Teil des Kauf­preises, dessen Hinterlegung oder Einbehalt man als Käufer idealerweise vertraglich vereinbart hat, zurück an den Käufer. Auch dies kann eine Herabsetzung der grunderwerbsteuerrelevanten Gegenleistung darstellen. Entscheidend ist, ob die Parteien infolge Verwirkung der Vertragsstrafe mit der Auszahlung des Strafbetrags tatsächlich eine Kaufpreisreduzierung vollziehen wollten oder ob der Rückzahlung vielmehr ein „selbst­ständiger“ Strafcharakter zukommt.

Zusätzliche Leistungen des Verkäufers
Bewilligt der Verkäufer nach Vertragsschluss – über die Regelungen im Kaufvertrag hinaus – nachträglich weitergehende Leistungen zugunsten des Käufers und wird hierdurch das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrags zugunsten des Käufers verschoben, kann auch dies eine Reduzierung der Steuerlast rechtfertigen. In Betracht kommen z. B. nachträgliche Mängelbeseitigungsarbeiten, die nachträgliche Übernahme von öffentlichen Lasten oder Beiträgen oder die nachträgliche Durchfüh­rung von Baumaßnahmen.

Die Übernahme solcher zusätzlichen Aufwendungen durch den Verkäufer stellt, soweit sie auf Basis des Kauf­vertrags eigentlich Käuferpflicht ist, eine faktische Minderung der Gegenleistung dar. Zwingend erforder­lich ist jedoch, dass die zusätzlichen Aufwendungen bei Vertragsschluss noch nicht Verkäuferpflicht waren.

Eigenleistungen des Erwerbers
Auch der umgekehrte Fall, dass die Parteien im Kaufvertrag bzw. nachträglich Eigenleistungen des Käufers vereinbaren, kann mit Blick auf die Bemessungsgrundlage relevant sein. Mit Blick auf die Gegenleistung erfolgen solche anfänglichen und insbesondere eigennützigen Eigenleistungen im grunderwerbssteuerlichen Sinne neutral.

Anderes gilt in Fällen, in denen der Käufer nachträglich Leistungen übernimmt, die nach dem Kaufvertrag eigent­lich durch den Verkäufer zu erbringen gewesen wären. Es gilt hier im Grundsatz dieselbe Systematik wie bei den Verkäuferleistungen. Diese Eigenleistungen können der Gegenleistung nicht zugerechnet bleiben, weil sie mit Blick auf die wirtschaftliche Zuordnung im Kaufvertrag eine tatsächliche Reduzierung der Gegenleistung des Käufers darstellen.

Insoweit müssen nun gedanklich vom verhandelten Kaufpreis die Aufwendungen für die nachträglich über­nommenen Erwerberleistungen – die dieser sozusagen auf Grundlage des ursprünglich Verhandelten wirt­schaftlich nun für den Verkäufer erbringt – abgezogen werden. Verpflichtet sich der Verkäufer z. B. im Kaufvertrag zur Beseitigung von Mängeln oder zur Einholung ausstehender Genehmigungen und leistet er nicht, mit der Folge, dass der Käufer diese Maßnah­men samt Risiken nach Vertragsschluss übernimmt und führt er diese aus, liegt hierin eine faktische Reduzie­rung der Gegenleistung.

Auch an dieser Stelle ist die genaue Formulierung bzw. Ausgestaltung der entsprechenden Regelung in einer etwaigen Nachtragsurkunde der Parteien maßgeblich, um die grunderwerbssteuerliche Relevanz sicherzustellen.

(Teil-)Forderungsausfall bei Insolvenz des Käufers
Der Bundesfinanzhof hat jüngst zutreffend verneint, dass der teilweise Ausfall einer Kaufpreisforderung bei nach­träglicher Insolvenz des Käufers eine Anpassung der grunderwerbssteuerlichen Bemessungsgrundlage recht­fertigt. Denn zeitlicher Anknüpfungspunkt ist – wie beschrieben – der Abschluss des Kaufvertrags. Ein nach­träglicher Ausfall der Kaufpreisforderung aufgrund Insolvenz des Käufers hat somit keinen Einfluss mehr auf die Steuerpflicht.

Etwas anderes mag aber gelten, wenn bereits bei Abschluss des Kaufvertrags Zahlungsunfähigkeit und / oder bilanzielle Überschuldung des Käufers gegeben waren, ohne dass dies zwingend bekannt gewesen sein muss oder ein Insolvenzverfahren eröffnet war. In solchen Fällen kann man vom Nennwert der Gegenleis­tung aufgrund besonderer Umstände abweichen. Entsprechend dokumentiert, rechtfertigt auch dies eine nachträgliche Steueranpassung.

Steuerkorrekturen „nach oben“

Neben den naturgemäß im Fokus stehenden Möglichkeiten einer nachträglichen Steuerkorrektur nach unten besteht über § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEstG auch die Möglichkeit, dass sich die Grunderwerbssteuer nach dem Grundstückserwerb noch mal erhöht. Zur relevanten Gegenleistung gehören nämlich „auch solche Leistungen, die der Erwerber dem Veräußerer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt“. Eine solche zusätzliche Gegenleis­tung kann z. B. in einer nachträglichen Erhöhung des Kaufpreises liegen. Jüngst viel beschrieben sind Fälle, in denen der Erwerber nach Vertragsschluss zusätzlich ausstehende öffentlich-rechtliche Abgaben (z. B. Erschließungsbeiträge nach § 127 BauGB oder KAG-Beiträge) oder Aufwendungen z. B. für die Altlastensanierung zu leisten hatte.

Hier stellt sich aus Sicht des Käufers die Frage, ob solche Zahlungen die steuerlich relevante Gegenleistung erhöhen, mit der unangenehmen Folge einer zusätzlichen Steuererhöhung. Eine Erhöhung der Gegenleistung kommt mit Blick auf den maßgeblichen Bewertungszeit­punkt aber wahrscheinlich nur dann in Betracht, wenn die entsprechenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtun­gen bereits bei Vertragsschluss bestanden haben.

Zusammenfassung

Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass die gesetzlichen Möglichkeiten einer nachträglichen Anpassung der Grunderwerbssteuer mannigfaltiger sind, als man zunächst annehmen mag bzw. als gemeinhin bekannt ist.

Gerade in großen Immobilientransaktionen, die insbe­sondere im Fall von Asset Deals Grunderwerbssteuer in Millionenhöhe auslösen können, ist es ratsam, Chancen einer nachträglichen Steuererstattung prüfen zu lassen, wenn und soweit die Parteien nach Abschluss des notariellen Kaufvertrags noch einmal in das wirtschaftliche Gefüge des Vertrags eingreifen.

Für die nachträgliche Herabsetzung der Steuer bedarf es stets eines Antrags des Steuerschuldners beim zuständi­gen Finanzamt; der Staat gibt also von der einmal verein­nahmten Steuer nicht automatisch bzw. freiwillig etwas zurück. Es ist vielmehr die Initiative des Steuerschuld­ners erforderlich! Aus den vorstehenden Beispielen zeigt sich, dass bereits bei dem Entwurf der entsprechenden kaufvertraglichen Regelungen die Beiziehung steuerlicher Experten äußerst ratsam ist, um eine Steueranpassung überhaupt erst möglich zu machen.

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