Bundesregierung beschließt Wasserstoffbeschleunigungsgesetz

14.10.2025

Klimaneutral produzierter Wasserstoff ist von großer Bedeutung für ein resilientes, wirt-schaftliches und klimaneutrales Energiesystem der Zukunft: In Wasserstoff und dessen Folgeprodukten (Ammoniak, Methanol oder synthetisch hergestellten Kraft- und Treibstoffen) lässt sich aus erneuerbaren Energien produzierter Strom speichern, über lange Strecken transportieren und insbesondere in Wirtschaftssektoren einsetzen, in denen eine direkte Elektrifizierung technisch nicht möglich, ineffizient oder nicht wirtschaftlich umzusetzen ist.


Dies gilt zum Beispiel für die Schwerindustrie (Stahl-, Zement- und Chemieindustrie) oder den Schwerlastverkehr (Seeschifffahrt, etc.). Gleichzeitig erhöht die Einbindung von Wasserstoff die Resilienz des nationalen Energiesystems, reduziert die Abhängigkeit von Energieimporten und dient der Erreichung der Klimaneutralität.


Die Bundesregierung hat am 1. Oktober 2025 den Entwurf des Wasserstoffbeschleunigungsgesetzes (WasserstoffBG-RegE) beschlossen und dieses in das parlamentarische Verfahren überführt.


Der nun von der Bundesregierung beschlossene Regierungsentwurf erweitert den Anwendungsbereich des WasserstoffBG im Vergleich zum ursprünglichen Referentenentwurf (vgl. hierzu Legal Update), nimmt kleinere redaktionelle Änderungen vor und ergänzt Evaluierungs- und Berichtspflichten.


Wasserstoff-
beschleunigungs-
gesetz

Zweck des WasserstoffBG
Zweck dieses Gesetzes ist die Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen für den vereinfachten und beschleunigten Auf- und Aus-bau einer Wasserstoffinfrastruktur insbesondere für die Erzeugung, die Speicherung, den Import und den Transport von Wasserstoff (§ 1 WasserstoffBG-RegE). Die direkte Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien ist im Vergleich zur Nutzung von Wasserstoff mit geringeren Umwandlungsverlusten verbunden und soll prioritär zum Einsatz kommen. Im Zuge der Transformation Deutschlands zur klimaneutralen Volkswirtschaft sollen zunehmend Wasserstoff und dessen Derivate eine wichtige Rolle übernehmen, erneuerbare Energie zu speichern und zu transportieren. Ist eine direkte Elektrifizierung von Industrieprozessen nicht möglich, wird Wasserstoff daher zukünftig eine zentrale Rolle bei der Dekarbonisierung der Industrie zukommen.

Anwendungsbereich des WasserstoffBG
Der Regierungsentwurf erweitert den sachlichen Anwendungsbereich des WasserstoffBG-RefE um weitere Anlagen. Das sind etwa Anlagen zur Erzeugung von Wasserstoff aus biogenen Reststoffen, zur Umwandlung von Wasserstoffderivaten zu Wasserstoff und zur Konditionierung von Wasserstoff (§ 2 Abs. 1 Nr. 2, 8, 9 WasserstoffBG-RegE).


Im Vergleich zum Referentenentwurf soll nun auch die Zulassung der Errichtung, des Betriebs und der Änderung der erfassten Anlagen und Leitungen, einschließlich der jeweils dazugehörigen Nebenanlagen erfasst werden (§ 2 Abs. 1 WasserstoffBG-RegierungsE). Daneben sind weiterhin u.a. die Zulassung von Elektrolyseuren zur Erzeugung von Was-serstoff, Anlagen zur Speicherung von Was-serstoff sowie Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Kraftstoffen nicht biogenen Ursprungs vom Anwendungsbereich umfasst. Auch Direktleitungen von Energieerzeu-gungsanlagen zu Wasserstoffanlagen bleiben Gegenstand des Gesetzes (§ 2 Abs. 1 Nr. 14 WasserstoffBG-RegierungsE).

 
Der Regierungsentwurf umfasst ebenfalls wie sein Vorgänger sowohl Elektrolyseure zur Erzeugung von Wasserstoff an Land als auch im Küstenmeer (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Nr. 10 WasserstoffBG-RegierungsE).


Offshore-Elektrolyseure
Der Regierungsentwurf erfasst in § 3 Nr. 10 WasserstoffBG-RegE erstmals auch Anlagen zur Erzeugung von Wasserstoff durch Elekt-rolyse, die in der Ausschließlichen Wirt-schaftszone (AWZ) errichtet werden. Damit erfasst das WasserstoffGB somit auch Elekt-rolyseure, die als sonstige Energiegewin-nungsanlagen im Sinne des § 3 Nummer 7 WindSeeG dem Zulassungsregime des WindSeeG unterfallen.

Überragendes öffentliches Interesse
Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 WasserstoffBG-RegE sollen Errichtung und Betrieb von Anlagen oder Leitungen im Sinne des § 2 Abs. 1 WasserstoffBG-RegE im überragenden öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Sicherheit dienen, wobei § 4 Abs. 2 und 3 WasserstoffBG-RegE hiervon partielle Ausnahmen machen.


Dass an der Realisierung von Wasserstoffvorhaben ein überragendes öffentliches Interesse besteht, wird im Entwurf vor allem mit der Vielseitigkeit von Wasserstoff begründet. So kann Wasserstoff insbesondere in der Stahlherstellung direkt als Energieträger verwendet werden. Darüber hinaus kann Wasserstoff als Transport- und Speichermedium für Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen eingesetzt werden. Zudem dient der zügige Hochlauf der nationalen Wasserstoffwirtschaft der Erreichung der nationalen und europäischen Zielsetzungen im Energie- und Klimabereich. Wasserstoff bildet mithin ein „Schlüsselelement“ der Energiewende.


Rechtstechnisch ist die Regelung des § 4 Abs. 1 WasserstoffBG-RegierungsE wie ihre Parallelbestimmungen in § 2 EEG als Abwägungsdirektive zu qualifizieren. Das bedeutet, dass die Zulassungsbehörden dem Interesse an der Realisierung eines Wasserstoffvorhabens im Verhältnis zu anderen betroffenen Interessen und Schutzgütern (z.B. Denkmal-, Landschafts-, Naturschutz) in aller Regel Vorrang einräumen müssen.


Der Regierungsentwurf sieht im Vergleich zum Referentenentwurf auch Anpassungen des WindSeeG vor. Danach soll das bestehende überragende öffentliche Interesse an der Errichtung oder dem Betrieb von Anlagen oder Leitungen nach § 2 Abs. 1 Wasser-stoffBG-RegE im Rahmen der Abwägung über die Zulässigkeit von Festlegungen im Flächenentwicklungsplan nach § 5 Abs. 3 WindSeeG-RegE berücksichtigt werden.


Mit Anlagen oder Leitungen nach § 2 Abs. 1 WasserstoffBG-RegE sind im Kontext des § 5 vornehmlich Elektrolyseure zur Erzeugung von Wasserstoff (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Wasser-stoffBG-RegE) und Wasserstoffleitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 11 WasserstoffBG-RegE) ge-meint. Es handelt sich um eine Klarstellung, um einen Gleichlauf mit den entsprechenden Regelungen für Windenergieanlagen auf See und Offshore-Anbindungsleitungen in § 5 Abs. 3 Satz 3 WindSeeG zu erzielen.


Verhältnis zu wasserwirtschaftlichen Belangen
Eine Ausnahme des § 4 Abs. 2 Wasser-stoffBG-RegE betrifft wasserrechtliche Zulassungsverfahren betreffend die Wasserentnahme durch Elektrolyseure zur Erzeugung von Wasserstoff und Anlagen zur Speicherung von Wasserstoff. Auf diese Verfahren ist die Abwägungsdirektive nicht anzuwenden, wenn durch die Wasserentnahme die öffentliche Wasserversorgung oder der Wasserhaushalt erheblich beeinträchtigt werden kann. Ausreichend ist hierfür bereits eine wahrscheinliche Beeinträchtigung.


Diese Regelung soll vor dem Hintergrund der besonderen Bedeutung der Wasserversorgung als Aufgabe der Daseinsvorsorge, § 50 Abs. 1 Satz 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG), mögliche Konflikte bei Wasserknappheit vermeiden. Eine erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Wasserversorgung liegt nach dem Regierungsentwurf immer vor, wenn die öffentliche Trinkwasserversorgung als Kernbestandteil der öffentlichen Wasserversorgung tangiert werden kann. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Wasserhaushaltes setzt die Reduzierung von Wasser in Wassermangelgebieten oder klimaschutzrelevanten Gebieten voraus.


Verfahrensrechtliche Regelungen
Der Regierungsentwurf enthält zudem verschiedene Regelungen, durch die das Zulassungsverfahren beschleunigt, vereinfacht und digitalisiert werden soll.


Durch § 5 WasserstoffBG-RegE sollen Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) betreffend Anlagen und Leitungen im Sinne des § 2 Abs. 1 WasserstoffBG-RegE modifiziert angewendet werden, sodass hier ebenfalls eine Verfahrensbeschleunigung ermöglicht wird. Die noch im Referentenentwurf vorgesehene Regelung, die die Äußerungsfrist für Anlagen, die ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren durchlaufen und der Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterliegen, auf zwei Wochen verkürzt (§ 5 WasserstoffBG-RegE), wurde gestrichen. Zudem gab es im Zuge des Regierungsentwurfes redaktionelle Änderungen, die das beschleunigte Vergabe- und Nachprüfungsverfahren nun in §§ 6, 7 WasserstoffBG-RegE regeln und somit stärker zwischen Vergabe- und Nachprüfungsregelungen differenzieren.


Rechtsschutz gegen Zulassungsentscheidungen
Schließlich enthält auch der WasserstoffBG-RegE Regelungen zum Rechtsschutz gegen Zulassungsentscheidungen für Wasserstoffvorhaben.


So sollen Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen Zulassungsentscheidungen für Vorhaben im Sinne des § 2 WasserstoffBG-RegE zukünftig keine aufschiebende Wirkung entfalten (§ 8 Abs. 1 WasserstoffBG-RegE). Darüber hinaus wird geregelt, dass erstinstanzliche Entscheidungen über Streitigkeiten, welche die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Elektrolyseuren im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Was-serstoffBG-RegE mit einer Leistung von mindestens 30 MW sowie von Dampf-, Wasser oder Stromleitungen im Anwendungsbereich des Gesetzes betreffen, direkt vom Oberverwaltungsgericht zu treffen sind (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 WasserstoffBG-RegE). Das Oberverwaltungsgericht ist ebenfalls zuständig für Speicher ab einer Speicherkapazität von 25 Tonnen Wasserstoff (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 WasserstoffBG-RegE). Dadurch wird vermieden, dass bereits kleine, oberirdische Speicher der erstinstanzlichen Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts unterliegen. Zudem wird mit dem Schwellenwert ein Gleichlauf zum Schwellenwert bei Elektrolyseuren hergestellt.


Für sämtliche weitere Streitigkeiten im Anwendungsbereich dieses Gesetzes ist in Ergänzung des § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO erst- und letztinstanzlich das Bundesverwaltungsgericht zuständig, § 9 Abs. 2 WasserstoffBG-RegE. Damit soll der Instanzenzug in allen Streitigkeiten außer solchen verkürzt werden, die die Errichtung, den Betrieb oder die Änderung von Elektrolyseuren mit einer Leistung von weniger als 30 MW und Speichern von weniger als 25 Tonnen Wasserstoff betreffen.


Weitere Gesetzesänderungen


Zur Beschleunigung des Verwaltungsverfahrens werden auch Änderungen des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) veranlasst. Besonders hervorzuheben ist die geplante Einführung eines § 11c Abs. 1 WHG-RegE, der im Regelfall eine Frist von sieben bzw. zwölf Monaten für die Erteilung einer Erlaubnis oder Bewilligung nach § 8 WHG für ein Vorhaben gem. § 2 Abs. 1 WasserstoffBG-RegE vorsieht. Der neue § 70 Abs. 1 S. 3 WHG-RegE normiert Verfahrensregelungen für Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungsverfahren für den Gewässerausbau im Geltungsbereich des § 2 Abs. 1 des WasserstoffBG-RegE. Umfasst ist insbesondere die Verfahrensabwicklung über eine einheitliche Stelle und die Anordnung des elektronischen Verfahrens.


Zudem wird der für die Energiewende erforderliche Gleichlauf von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien mit Anlagen zur Erzeugung von Wasserstoff ermöglicht. So sieht etwa § 16c Abs. 3 BIm-SchG-RegE vor, dass die § 16b Abs. 1, 2 und 4 BImSchG auf Anlagen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 WasserstoffBG-RegE anzuwenden sind. Hervorzuheben ist auch, dass § 16c Abs. 1 BImSchG-RegE die Möglichkeit eröffnet, Einwendungen oder Stellungnahmen mündlich zur elektronischen Eingabe bei der zuständigen Behörde abzugeben. Solche Einwendungen waren im Referentenentwurf noch ausgeschlossen.


Die VwGO wird hinsichtlich der erweiterten Zuständigkeiten von Oberverwaltungsgerichten und Bundesverwaltungsgericht angepasst.


Für weitere Informationen stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung – wir unterstützen und beraten Sie gern!
 

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