Der Versicherungsmakler und die rechtswidrige Pflichterfüllung

Köln, 14.11.2019

1. Die Pflicht zur „laufenden Beratung“

Anerkanntermaßen handelt der Versicherungsmakler für den Bereich der Versicherungsverhältnisse des von ihm betreuten Versicherungsnehmers als dessen Sachwalter. Das bedeutet jedoch nicht lediglich eine rein formale „Seitenwahl“ zur Abgrenzung des für den Versicherer handelnden Versicherungsvertreters gemäß der §§ 59 Abs. 2, 3 VVG. Vielmehr ergibt sich für den Versicherungsmakler, auf dessen Expertise der Versicherungsnehmer vertraut und auch vertrauen soll, ein umfangreicher Pflichtenkatalog, der in § 61 VVG schlicht mit „Beratungs- und Dokumentationspflichten“ bezeichnet wird.

Regelmäßig wird der Versicherungsmakler dabei nicht nur punktuell bei dem Abschluss der Versicherungen tätig, sondern er übernimmt auch die Dauerbetreuung der Interessen des Versicherungsnehmers in Bezug auf die vermittelten Verträge. Häufig ist er daher auch nach dem Vertragsschluss verpflichtet, über Anpassungen und Veränderungen des Versicherungsschutzes zu beraten. Nach der Rechtsprechung des BGH gehört diese „laufende Beratung“ sogar zu den zentralen Verpflichtungen des Versicherungsmaklers, so dass ein formularmäßiger Ausschluss gemäß § 307 Abs. 1 BGB wegen eines Verstoßes gegen die Gebote von Treu und Glauben unzulässig ist (BGH, Urteil vom 20. Januar 2005 – III. ZR 251/04, VersR 2005, 406). Verstößt der Versicherungsmakler gegen gegen diese Pflichten, droht ihm zudem ein Schadensersatzanspruch gemäß § 63 VVG.

2. Die rechtswidrige Erfüllung der Beratungspflicht

Vorgaben für die praktische Ausgestaltung dieser laufenden Beratung gibt es kaum. In einer der seltenen Entscheidungen zu diesem Thema hat das OLG Düsseldorf nunmehr mit Urteil vom 19. September 2019 (15 U 37/19, BeckRS 2019, 24916) hierzu jedoch Stellung bezogen. Das Gericht hat dabei klargestellt, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der einen gesetzlichen Pflicht (wie der aus § 61 VVG) stets in den Grenzen stattzufinden hat, die sich aus anderen, gleichrangigen Rechtsnormen ergeben.

Konkret hat es die Praxis eines Versicherungsmaklers als wettbewerbsrechtlich unzulässig erachtet, der mit sogenannten „Service Calls“ die Kundenzufriedenheit abgefragt hat. Das OLG Düsseldorf hat hierin eine „Werbung mit einem Telefonanruf“ gesehen, die gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG ohne die ausdrückliche Einwilligung eines Verbrauchers oder die zumindest mutmaßliche Einwilligung eines sonstigen Marktteilnehmers unzulässig ist. Denn, so das OLG Düsseldorf, derartige Anrufe seien nicht lediglich auf die Abfrage der „Zufriedenheit“ der Kunden gerichtet. Da einem unzufriedenen Kunden bzw. einem solchen, der bei dieser Gelegenheit Beratungsbedarf anmeldet, auch Angebote unterbreitet werden würden, seien die „Service Calls“ jedenfalls auch auf den Abschluss neuer Verträge gerichtet.

Für Versicherungsmakler bedeutet diese Entscheidung, dass die Praxis der laufenden Beratung einer systematischen Prüfung unterzogen werden sollte. Gerade in dem Versicherungsgeschäft, das auf dem Gut „Vertrauen“ basiert, kann das Urteil Wettbewerber nämlich dazu veranlassen, das Marktverhalten der Konkurrenz nicht mehr „nur“ auf die Erfüllung der teilweise formellen und damit recht einfach zu überprüfenden Anforderungen für den Versicherungsvertrieb gemäß §§ 59 ff. VVG, der VersVermV oder § 34 d GewO zu untersuchen. Vielmehr dürfte künftig auch das sonstige Geschäftsverhalten „unliebsamer Konkurrenz“ verstärkt auf Anhaltspunkte für eine „Abmahnfähigkeit“ hin beobachtet werden.

Mit Blick auf die „Service Calls“, die den Anlass zu dem Rechtstreit gegeben haben, sollten Versicherungsmakler jedenfalls prüfen, ob eine Ansprache der Kunden auch durch die von dem Gericht pauschal angesprochenen „alternativen Kommunikationswege“ geschehen kann. Jedenfalls aber sollte eine entsprechende Einwilligung zur Kontaktaufnahme von jedem einzelnen Versicherungsnehmer eingeholt und nachweisbar dokumentiert werden. Denn, auch darauf weist das OLG Düsseldorf ausdrücklich hin, die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Einwilligung trägt der Werbende.

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