Europäische Kommission erlässt delegierten Rechtsakt mit Kriterien für grünen Wasserstoff

Köln, 15.02.2023

Die Europäische Kommission hat am 10. Februar 2023 den delegierten Rechtsakt mit Kriterien für den Strombezug zur Herstellung erneuerbaren Wasserstoffs für den Verkehr erlassen. Mit Spannung und enormer Verzögerung wurde die delegierte Verordnung zur Ergänzung der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates (sog. „RED II-Richtlinie“) durch die Festlegung einer Unionsmethode mit detaillierten Vorschriften für die Erzeugung flüssiger oder gasförmiger erneuerbarer Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs für den Verkehr erwartet. Zu dem bereits im Mai 2022 veröffentlichten Entwurf der Verordnung gab es zahlreiche kritische Stimmen. Dem Kern der Kritik dürfte der nun vorgelegte delegierte Rechtsakt keine Abhilfe schaffen.

Ziel und Zweck der Verordnung („VO“) ist es, klare Vorschriften auf der Grundlage objektiver und nichtdiskriminierender Kriterien für die Definition von grünem Wasserstoff für den Verkehrssektor festzulegen. Grundsätzlich gelten mit Strom hergestellte flüssige und gasförmige Brennstoffe nicht biogenem Ursprungs für den Verkehr nur dann als erneuerbar, wenn der Strom aus erneuerbaren Energien stammt. Hierzu muss der Elektrolyseur entweder direkt mit der Stromerzeugungsanlage verbunden sein oder Strom und Wasserstoff werden in derselben Anlage hergestellt. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Strom zur Herstellung des grünen Wasserstoffs auch aus dem Netz der allgemeinen Versorgung bezogen werden.

Die VO verhält sich formell gesehen – nicht zuletzt aufgrund der Ermächtigungsgrundlage des Art. 27 Abs. 3 Unterabsatz 7 der RED II-Richtlinie – nur zu den Voraussetzungen für die Herstellung von grünem Wasserstoff für den Verkehrssektor. Die Branche erwartet jedoch, dass es sich um eine allgemeingültige Festlegung der Anforderungen an grünen Wasserstoff handeln wird.

Die VO liegt nun dem EU-Parlament und dem Rat zur Prüfung vor. Beide haben hierfür (grundsätzlich) zwei Monate Zeit. Erheben das Europäische Parlament oder der Rat innerhalb dieses Zeitraums Einwände gegen die VO, kann diese nicht in Kraft treten.

Grüner Wasserstoff für den Verkehrssektor

Die Verordnung enthält detaillierte Vorschriften für die Feststellung, wann Strom für den Betrieb von Elektrolyseuren als vollständig erneuerbar betrachtet wird. Sie gilt auch für den Wasserstoff, der außerhalb des Uniongebiets für den Verkehrssektor erzeugt wurde.

Strombezug über einen Direktanschluss oder Erzeugung in derselben Anlage

Um grünen Wasserstoff handelt sich nach Art. 3 VO zunächst, wenn der Kraftstofferzeuger (d.h. der Elektrolyseur nach Art. 2 Nr. 4 VO) folgende Nachweise erbringt:

  1. die Anlage zur Erzeugung von erneuerbarem Strom ist über eine Direktleitung mit dem Elektrolyseur oder der sonstigen Anlage verbunden oder Strom und Wasserstoff werden innerhalb derselben Anlage erzeugt,
  2. die Erneuerbare-Energien-Anlage wurde frühestens 36 Monate vor dem Elektrolyseur in Betrieb genommen. Dabei gilt die zusätzliche Erweiterung eines bestehenden Elektrolyseurs als Teil der bestehenden Anlage, sofern sich die zusätzliche Kapazität am selben Standort befindet und die Erweiterung spätestens 36 Monate nach Inbetriebnahme der ersten Anlage (Elektrolyseur oder sonstige Anlage) erfolgt,
  3. die Erneuerbare-Energien-Anlage nicht an das Netz angeschlossen ist oder an das Netz angeschlossen ist, aber ein intelligentes Messsystem belegt, dass kein Storm aus dem Netz entnommen wurde, um den Wasserstoff zu erzeugen.

Strombezug aus dem Netz

Bezieht der Elektrolyseur Strom aus dem Netz der allgemeinen Versorgung, gilt der Strom trotzdem als erneuerbar, soweit die Voraussetzungen des Art. 4 VO vorliegen. Danach muss sich der Elektrolyseur oder die sonstige Anlage in sogenannten Gebotszonen (gemäß Art. 2 Nr. 1 VO gleich zu verstehen wie Gebotszonen im Sinne von Art. 2 Nr. 65 VO (EU) 2019/943) befinden, in der der durchschnittliche Anteil des erneuerbaren Stroms im vorangegangenen Kalenderjahr 90 % überstieg und eine gewisse Höchstzahl von Stunden nicht überschreitet (Art. 4 Abs. 1 VO).

Werden diese Kriterien nicht erfüllt, kommen nach Art. 4 Abs. 2 VO auch Gebotszonen in Frage, in denen die Emissionsintensität von Strom unter 18 g CO2-Äq./MJ liegt. Voraussetzungen hierfür sind, dass

  1. der Betreiber des Elektrolyseurs oder der sonstigen Anlagen einen Stromliefervertrag (Power Purchase Agreement, PPA) in einer Menge abgeschlossen hat, die mindestens der Menge an Strom entspricht, die als vollständig erneuerbar geltend gemacht wird und der geltende gemachte Strom tatsächlich in dieser Anlage erzeugt wird.
  2. die Bedingungen für die zeitliche und geografische Korrelation gem. Art. 6 und 7 VO erfüllt sind (s.u.).

Nach dieser Variante, die auf die CO2-Emissionen abstellt, kann der Strom mithin auch aus Netzen mit einem entsprechenden Atomstromanteil bezogen werden.

Schließlich besteht eine weitere Möglichkeit darin, Strom während eines Bilanzkreisabrechnungszeitintervalls unter Erbringung von bestimmten Nachweisen des nationalen Übertragungsnetzbetreibers zu verwenden (Art. 4 Abs. 3 VO).

Zusätzlichkeit, zeitliche und geografische Korrelation

Subsidiär zu den vorstehenden Varianten gilt nach § 4 Abs. 4 VO der Strom aus dem Netz auch dann als vollständig erneuerbar, wenn er die Bedingungen der Zusätzlichkeit, der zeitlichen und der geografischen Korrelation gemäß den Art. 5, 6 und 7 der Verordnung erfüllt.

  1. Die „Zusätzlichkeit“ setzt voraus, dass neue Erneuerbare-Energien-Anlagen kontrahiert werden müssen, damit für den Stromverbrauch der Elektrolyseure zusätzliche Kapazitäten bereitgestellt werden. Art. 11 VO normiert dabei aber eine Übergangsphase bis Ende des Jahres 2027.
  2. Zudem wird eine zeitliche Korrelation zwischen dem erzeugten Wasserstoff und dem dafür notwendigen erzeugten Strom festgelegt. Zunächst gilt dies monatlich, ab Ende 2029 stündlich. Der erzeugte Strom muss dann in derselben Stunde wieder für die Herstellung des Wasserstoffes genutzt werden (Art. 6 VO).
  3. Normiert wurde außerdem eine geographische Korrelation. Voraussetzung hierfür ist, dass sich die Erneuerbare-Energien-Anlage und der Elektrolyseur in derselben Gebotszone befinden. Die Mitgliedsstaaten sind jedoch ermächtigt kleinere Gebotszonen zu definieren, sofern sich dies nicht negativ auf das Funktionieren des Elektrizitätsbinnenmarkts auswirkt. Durch die geographische Korrelation soll eine zusätzliche Belastung des Stromnetzes und ein damit einhergehender Netzausbaubedarf vermieden werden.

Festlegung eines Mindestschwellenwertes für Treibhausgaseinsparungen

Zeitgleich erließ die Kommission einen Anhang zur VO in dem es um die Herstellung von Kraftstoffen auf Basis von grünem Wasserstoff geht. Der Anhang legt einen Mindestschwellenwert in Höhe von 70 % für die Treibhausgaseinsparungen durch wiederverwertete kohlenstoffhaltige Kraftstoffe fest und enthält gleichzeitig eine Methode zur Ermittlung der Treibhausgaseinsparungen durch flüssige oder gasförmige erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs für den Verkehr sowie durch wiederverwertete kohlenstoffhaltige Kraftstoffe. Die Methode erfasst dabei den gesamten Lebenszyklus dieser Kraftstoffe und es werden Kriterien für das für die Produktion verwendete CO2 bestimmt.

 

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