Problematik
In der Sommerferienzeit kommt es regelmäßig auf Grund vermehrter urlaubsbedingter Abwesenheiten zu Personalengpässen. Arbeitgeber stehen vor dem Problem, wie sie dennoch das Arbeitsaufkommen bewältigen können, um Produktionsausfälle oder Schadensersatzforderungen ihrer Kunden wegen nicht termingerechter Leistung zu vermeiden. Zwar lässt sich dem grundsätzlich durch vorausschauende Urlaubsplanung seitens des Arbeitgebers entgegenwirken, allerdings stößt auch ein elaborierter Urlaubsplan im Falle unvorhergesehener Ereignisse, wie z.B. ein ungewöhnlich hoher Krankenstand oder ein unerwartet hohes Auftragsaufkommen, schnell an seine Grenzen. In dieser Situation erscheint es für viele Arbeitgeber naheliegend, Arbeitnehmer aus dem Urlaub zurückzurufen. Diese betriebliche Praxis ist aber nicht immer konform mit der tatsächlichen Rechtslage.
Praxisrelevanz
Kein Widerrufsrecht
Soweit der beantragte Urlaub einmal gewährt ist, ist ein einseitiger Widerruf grundsätzlich ausgeschlossen. Eine Verpflichtung des Arbeitnehmers, seinen Urlaub abzubrechen, lässt sich weder aus dem Bundesurlaubsgesetz noch aus der arbeitsvertraglichen Treuepflicht des Arbeitnehmers herleiten. Auch die vertragliche Vereinbarung eines Widerrufsrechts ist grundsätzlich unzulässig.
Notfälle
Laut Bundesarbeitsgericht soll allerdings ausnahmsweise bereits genehmigter Urlaub in Notfällen vom Arbeitgeber widerrufen werden können. Voraussetzung ist, dass es sich um zwingende Notwendigkeiten handelt, die einen anderen Ausweg nicht zulassen. Eine genauere Definition eines „Notfalles“ blieb das BAG jedoch bislang schuldig. Allerdings werden eine unerwartet starke Auftragslage oder ein ungewöhnlich hoher Krankenstand allein regelmäßig keinen Notfall im Sinne der Rechtsprechung darstellen.
Widerrufsrecht bei vertraglichem Mehrurlaub
Hingegen sollte hinsichtlich des über den gesetzlichen Mindestanspruch hinaus vertraglich gewährten Mehrurlaubs die Vereinbarung eines Widerspruchsrechts zulässig sein. Laut Bundesarbeitsgericht ist der Arbeitgeber hinsichtlich Regelungen des vertraglichen Mehrurlaubs grundsätzlich frei.
Bei der Formulierung der Arbeitsvertragsklausel ist darauf zu achten, sauber zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und darüber hinausgehendem vertraglichen Mehrurlaub zu differenzieren, um dem vereinbarten Widerrufsrecht im Hinblick auf den vertraglichen Mehrurlaub zur Wirksamkeit zu verhelfen. Im Übrigen ist bei der Urlaubsgewährung eine Tilgungsbestimmung zu empfehlen, d.h. bei der Urlaubsgewährung klarzustellen, ob der gewährte Mehrurlaub dem gesetzlichen Mindesturlaub oder dem vertraglichen Mehrurlaub zugeordnet werden soll.
Fazit
Die Urlaubsplanerstellung sollte mit äußerster Sorgfalt erfolgen und, sofern möglich, eine ausreichende Personalreserve vorsehen, da regelmäßig ein Widerruf einmal gewährten Urlaubs nicht möglich ist. Allerdings besteht die Möglichkeit, mit dem Arbeitnehmer eine freiwillige Vereinbarung zu treffen und Anreize für die vorzeitige Rückkehr aus dem Urlaub zu schaffen (z.B. Übernahme von Stornierungskosten, Kompensationsleitungen). Hierbei ist lediglich zu berücksichtigen, dass ein Verzicht des Arbeitnehmers auf den bereits genehmigten, aber abgebrochenen Urlaub unzulässig ist. Der freiwillig abgebrochene Urlaub ist zu einem späteren Zeitpunkt zu gewähren.