Das Bundeministerium für Wirtschaft und Energie („BMWE“) hat am 03.07.2025 den „Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus von Geothermieanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeichern sowie zur Änderung weiterer rechtlicher Rahmenbedingungen für den klimaneutralen Ausbau der Wärmeversorgung“ („GeoGB-RefE“) veröffentlicht.
Bis zum Jahr 2030 sollen 50% der Wärme in Deutschland klimaneutral erzeugt werden. Dies erfordert einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien im Bereich der Wärmeversorgung. Die Geothermie wird hierbei als wichtige Technologie für eine klimaneutrale und zuverlässige Wärmeversorgung hervorgehoben. Die Geothermie besitzt den Vorteil, dass sie heimisch, klimaneutral und unerschöpflich ist und gleichzeitig als wetterunabhängige Energiequelle Zuverlässigkeit bietet. Zusätzlich bieten Wärmepumpen die Möglichkeit einer dezentralen, effizienten und nachhaltigen Wärmeversorgung. Ziel des Gesetzentwurfs ist, die Erschließung des energetischen Potentials der Geothermie, den Ausbau der klimaneutralen Wärme- und Kälteversorgung durch Wärmepumpen sowie den Transport und die Speicherung von Wärme zu beschleunigen und eine gesteigerte Nutzung dieser Potentiale herbeizuführen. Gleichzeitig sollen mit dem Gesetzesentwurf europarechtliche Vorgaben umgesetzt werden.
Geothermie-Beschleunigungsgesetz
Zweck, Ziel und Anwendungsbereich des Gesetzes
Zweck des GeoBG ist die Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen für den vereinfachten und beschleunigten Ausbau einer Infrastruktur für die Aufsuchung, die Gewinnung und Nutzung von Geothermie sowie den Ausbau von Wärmepumpen und -speichern. Das Gesetz soll gemäß § 1 GeoBG-RefE einen Beitrag zur Erreichung der nationalen Klimaschutzziele und zur Ausschöpfung des geothermischen Potentials leisten, um die sichere und umweltverträgliche Aufsuchung, Gewinnung und Nutzung treibhausgasneutraler Wärme und Kälte sicherzustellen.
Das GeoBG findet Anwendung auf das Zulassungsverfahren von Anlagen und Leitungen zur Aufsuchung oder Gewinnung von Tiefengeothermie oder oberflächennaher Geothermie, Wärmepumpen, Wärmespeicher oder Wärmeleitungen einschließlich ihrer jeweiligen Nebenanlagen und Bohrungen (§ 2 GeoBG-RefE). Durch das Gesetz sollen keine neuen Genehmigungstatbestände geschaffen werden.
Im Sinne dieses Gesetzes bezeichnet eine „Anlage zur Gewinnung oberflächennaher Geothermie“ eine Anlage zur Gewinnung von Erdwärme aus Bohrungen von einer Tiefe bis zu 400 Metern (§ 3 Nr. 1 GeoBG-RefE), während eine „Anlage zur Gewinnung von Tiefengeothermie“ solche ab einer Tiefe von 400 Metern (§ 3 Nr. 2 GeoBG-RefE) umfasst. „Erdwärme“ ist die unter der festen Erdoberfläche gespeicherte Wärmeenergie (§ 3 Nr. 3 GeoBG-RefE), ein „Wärmespeicher“ ist ein gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 21 des Wärmeplanungsgesetzes definierter Speicher (§ 3 Nr. 4 GeoBG-RefE) und bei einer „Wärmeleitung“ handelt es sich um eine Rohrleitungsanlage zur Beförderung von Dampf- oder Warmwasser (§ 3 Nr. 5 GeoBG-RefE).
Überragendes öffentliches Interesse
Durch § 4 Satz 1 GeoBG-RefE sollen die Errichtung, der Betrieb oder die Änderung einer Anlage nach § 2 Nr. 1 bis 4 im überragenden öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Sicherheit dienen. Die Regelung bringt das besondere Interesse an einem zügigen Ausbau von Geothermie, Wärmepumpen und -speichern und damit an einer klimafreundlichen Wärmeversorgung zum Ausdruck.
Für „Wärmeleitungen“ ergibt sich das überragende öffentliche Interesse bereits aus § 2 Abs. 3 S. 2 des Wärmeplanungsgesetzes. Das überragende öffentliche Interesse ist grundsätzlich als vorrangiger Belang in die durchzuführenden Schutzgüterabwägungen einzubringen. Gemäß Satz 3 besteht eine Ausnahme gegenüber den Belangen der Landes- und Bündnisverteidigung, Satz 1 ist gegenüber diesen Gütern nicht anzuwenden. Dies bedeutet, dass das überragende öffentliche Interesse an einer Anlage nach § 2 GeoBG-RefE nicht uneingeschränkt gilt, sondern zugunsten der Belange der Landes- und Bündnisverteidigung zurückstehen kann.
Die Norm schließt an den ebenfalls im überragenden öffentlichen Interesse liegenden Ausbau erneuerbarer Energien in § 2 EEG an. Rechtstechnisch ist sie - wie ihre Parallelbestimmung in § 2 EEG - als Gewichtungsvorgabe und diesbezügliche Erleichterung der Darlegungs- und Beweislast einzustufen.
Regelungen zur Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens
Der Referentenentwurf enthält mit den §§ 5 bis 8 GeoBG-RefE Regelungen zur Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens.
Gemäß § 57b Abs. 1 Nr. 3 Bundesberggesetz (BBergG) muss die zuständige Behörde bei einer vorzeitigen Ausführung eines Vorhabens prüfen, ob ein öffentliches Interesse an einem vorzeitigen Beginn besteht. Für Anlagen zur Gewinnung von Tiefengeothermie wird dieses Interesse gemäß § 5 GeoBG-RefE festgestellt.
§ 6 GeoBG-RefE enthält Erleichterungen im Zusammenhang mit der Aufsuchung von Erdwärme. Demnach ist § 39 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) im Rahmen der Erlaubnis zur Aufsuchung von Erdwärme derart anzuwenden, dass die seismische Exploration mittels Vibration nicht zu einer mutwilligen Beunruhigung wild lebender Tiere führt (§ 6 Abs. 1 GeoBG-RefE). Ferner führt eine seismische Exploration durch Vibrotrucks auf befestigten Straßen und Wegen in der Regel nicht zu einer erheblichen Störung wild lebender Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG (§ 6 Abs. 2 GeoBG-RefE).
Eine solche Explorationskampagne ist notwendig, um sinnvolle Standorte für geothermische Projekte festzustellen. Die Identifikation dieser Gebiete dient der Umsetzung der klimapolitischen Ziele der Bundesregierung, welches das Vorgehen rechtfertigt. Aufgrund der lediglich kurzzeitigen und vorübergehenden akustischen und physikalischen Beeinträchtigung ist weder eine Resonanzerscheinung, noch eine erhebliche Störung mit Auswirkung auf den Populationsbestand zu erwarten.
Gleichzeitig haben Eigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte die vorübergehende Anbringung von Messeinrichtungen, Markierungszeichen sowie den Einsatz von Messfahrzeugen auf privaten Straßen und Wegen im Rahmen einer seismischen Exploration mittels Vibration zur Ermittlung des Geothermiepotentials bei Vorhaben nach § 2 Nr. 1 bis 4 zu dulden (§ 7 Abs. 1 GeoBG-RefE). Die Regelung beschleunigt das Aufsuchen von Geothermie- und Speicherpotentialen.
Nach § 7 Abs. 1 GeoGB-RefE soll die Errichtung, der Betrieb sowie die Änderung einer Wärmeleitung der Planfeststellung bedürfen, die Anlage 1 Nr. 19.7 oder 19.8 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) unterfällt, der Planfeststellung bedürfen. § 8 Abs. 2 GeoBG-RefE sieht bezüglich des Planfeststellungsverfahrens Erleichterungen vor, sodass hier eine Verfahrensbeschleunigung und Digitalisierung ermöglicht wird. Dabei sind die Maßgaben der § 43a, § 43b Abs. 1 Nr. 3, § 43c, § 43g, § 43k und § 44 EnWG auf das Verfahren anzuwenden. So wird zusätzlich ein Gleichlauf des Ausbaus der Geothermieanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeichern mit dem Ausbau der Wärmeleitungen ermöglicht.
Daneben bestimmt § 8 Abs. 3 GeoBG-RefE, dass eine Entziehung oder Beschränkung von Grundeigentum oder von Rechten am Grundeigentum im Wege der Enteignung unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist.
Rechtsschutz gegen Zulassungsentscheidungen
Schließlich enthält der Referentenentwurf Regelungen zum Rechtsschutz gegen Zulassungsentscheidungen für Anlagen oder Leitungen nach § 2 GeoBG-RefE.
Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine Zulassungsentscheidung für eine Anlage oder Leitung sollen nach § 2 GeoBG-RefE sowie gegen eine Entscheidung über den vorzeitigen Beginn einer Maßnahme keine aufschiebende Wirkung entfalten (§ 9 Abs. 1 GeoBG-RefE).
Darüber hinaus wird die erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichtes über Streitigkeiten, die die Errichtung, den Betrieb oder die Änderung einer Anlage nach § 2 Nr. 1 GeoBG-RefE oder einer Anlage nach § 2 Nr. 3 GeoBG-RefE mit einer Leistung von mindestens 500 Kilowatt betreffen, festgelegt (§ 9 Abs. 1 GeoBG-RefE). Gemäß § 9 Abs. 2 GeoBG-RefE erstreckt sich die erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichtes auch auf Streitigkeiten zur Zulassung des vorzeitigen Beginns dieser Anlagen sowie auf Streitigkeiten über den Anschluss dieser Anlagen an ein Wärmenetz.
Weitere Gesetzesänderungen
Neben dem Entwurf eines Geothermie-Beschleunigungsgesetzes enthält der Referentenentwurf zahlreiche Änderungen an weiteren Gesetzen.
Verfahrensrechtliche Änderungen
Eine Änderung am UVPG sieht vor, dass das Zulassungsverfahren von Wärmeleitungen dem Zulassungsverfahren für andere Versorgungsleitungen wie Gas, Wasserstoff oder Strom, gleichgestellt wird und dadurch gleichzeitig beschleunigt wird.
Die VwGO wird hinsichtlich der erstinstanzlichen Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichtes angepasst.
Bundesberggesetz
Zudem sieht der Referentenentwurf Änderungen am Bundesberggesetz (BBergG) zur Verfahrensbeschleunigung und Bürokratieentlastung vor.
Eine Ergänzung des § 4 Abs. 9 BbergG soll Rechtsklarheit darüber schaffen, inwieweit Wärmespeicher von der Definition des Untergrundspeichers erfasst werden. Das führt dazu, dass bei Wärmespeichern künftig die Teufenregelung der Tiefengeothermie anwendbar ist.
Der Referentenentwurf sieht vor, dass die Bergbehörde fehlende Stellungnahmen nach zwei Monaten als Verzicht werten darf, ohne den Amtsermittlungsgrundsatz zu verletzen (§ 15 Abs. 2 BBergG-RefE). Ferner ermöglicht (§ 51 Abs. 3 BBergG-RefE häufiger den Verzicht auf die Betriebsplanpflicht, was insbesondere Projekte der Tiefengeothermie entlastet (§ 51 Abs. 3 BBergG-RefE). Eine Änderung des § 52 Abs. 1 BBergG zielt darauf ab, die Laufzeiten der Betriebspläne zu verlängern, um Behörden und Unternehmen zu entlasten. Die Regel sieht weiterhin eine Laufzeit von zwei Jahren vor, welche jedoch bei weniger dynamischen Projekten verlängert werden kann.
Gleichzeitig wird § 57e BBergG neu gefasst. Zunächst werden in das Verfahren für die Zulassung von Betriebsplänen Untergrundspeicher zur Speicherung von Wasserstoff oder Wasserstoffgemischen sowie Wärmespeicher gemäß § 4 Abs. 9 S. 2 BBergG-RefE aufgenommen. Zur Verfahrensbeschleunigung soll insbesondere die Beteiligung anderer Behörden zügiger gestaltet werden. Unterbleibt eine Stellungnahme innerhalb eines Monats, ist davon auszugehen, dass die Behörde sich nicht äußern möchte (§ 57e Abs. 4 S. 2 BBergG-RefE). Daneben wird geregelt, dass die Prüfung der Vollständigkeit der Antragsunterlagen innerhalb von 45 Tagen erfolgt (§ 57e Abs. 1 S. 1 BBergG-RefE). Insbesondere werden die Verfahrensfristen zur Zulassung der Vorhaben deutlich verkürzt. Es soll eine einjährige Verfahrensfrist gelten (§ 57e Abs. 6 S. 1 Nr. 1 BBergG-RefE), während für Erdwärmepumpen mit einer Kapazität von unter 50 Megawatt eine dreimonatige Verfahrensfrist gilt (§ 57e Abs. 6 S. 1 Nr. 2 BBergG-RefE). Auch die Verlängerungsfristen werden deutlich verkürzt, insbesondere kann die Jahresfrist unter außergewöhnlichen Umständen einmalig um bis zu sechs Monate verlängert werden (§ 57e Abs. 6 S. 2 BBergG-RefE).
Wasserhaushaltsgesetz
Die vorgesehenen Änderungen im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) zielen im Wesentlichen darauf ab, das wasser- und bergrechtliche Verfahren zu vereinheitlichen (§ 11a Abs. 8 WHG-RefE) und bürokratische Hürden zu senken, indem bestimmte Benutzungen als erlaubnisfrei eingestuft werden (§ 46 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WHG-RefE, § 49 Abs. 1 S. 3, 4 WHG-RefE).
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