In seinem Urteil vom 10.4.2025 (Az.: 15 U 249/24) beschäftigt sich das OLG Köln mit der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit der Speicherung von Informationen über Zahlungsstörungen bei zwischenzeitlich erledigten Forderungen durch Wirtschaftsauskunfteien.
Sachverhalt
Die beklagte Wirtschaftsauskunftei speicherte Daten über gegen den Kläger gerichtete Forderungen, welche der Kläger jedoch zwischenzeitlich bezahlt hatte. Der Kläger begehrte zunächst die Löschung der Einträge sowie den Ersatz eines immateriellen Schadens und außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Erst nach Ablauf einer Speicherfrist von drei Jahren löschte die Beklagte die gespeicherten Einträge.
Die Vorinstanz wies die Klage ab und verwies zur Begründung darauf, dass eine Löschfrist von drei Jahren ab Erledigung der Forderungen durch Erfüllung angemessen und die Speicherung aufgrund eines berechtigten Interesses (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO) rechtmäßig sei.
Inhalt der Entscheidung
Das OLG sprach dem Kläger in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung einen Schadensersatzanspruch aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO zu. Dieser ergebe sich daraus, dass die fortdauernde Speicherung nach Erledigung durch Erfüllung rechtswidrig war, da die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO nicht länger erfüllt waren.
Es lag kein berechtigtes Interesse an einer längeren Speicherung vor. Hierbei sei mangels gesetzlich normierter Speicherfristen unter anderem die Wertung des § 882e Abs. 3 Nr. 1 ZPO maßgeblich zu berücksichtigen. Danach wird eine Eintragung im Schuldnerverzeichnis auf Anordnung des zentralen Vollstreckungsgerichts gelöscht, wenn diesem die vollständige Befriedigung des Gläubigers nachgewiesen worden ist. Unter Berücksichtigung dieser Wertung hätte die Beklagte die fraglichen Einträge über Zahlungsstörungen des Klägers löschen müssen, nachdem ihr die vollständige Befriedigung der Gläubiger durch entsprechende Meldungen der Gläubiger nachgewiesen worden war. Das OLG stützt sich zudem argumentativ auf eine Entscheidung des EuGH, der sich mit der Frage der Zulässigkeit der Speicherung von Informationen im Insolvenzregister in zeitlicher Hinsicht beschäftigte und überträgt die darin getroffenen Aussagen wertungsmäßig auf den vorliegenden Fall. Es könne für Eintragungen im Schuldnerverzeichnis schon zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nichts anderes als für Eintragungen im Insolvenzregister gelten. Daher war die gesetzliche Beschränkung der Speicherung des § 882e Abs. 3 Nr. 1 ZPO auch für die Beklagte maßgeblich.
Durch die verspätete Löschung habe der Kläger ferner einen immateriellen Schaden in Form einer Rufschädigung erlitten. Dies ergebe sich jedenfalls daraus, dass die Beklagte Scorewerte und Erfüllungswahrscheinlichkeiten, die auf Basis der gespeicherten Zahlungsstörungen ermittelt wurden, an verschiedene Dritte weitergeleitet hat. Nach Ansicht des OLG folge daraus ein Nachteil, da sich die angebliche Kreditunwürdigkeit abträglich auf den sozialen Geltungsanspruch des Klägers ausgewirkt habe.
Fazit und Ausblick
Die Entscheidung des OLG stützt sich maßgeblich auf die Rechtsprechung des EuGH und hat enorme praktische Bedeutung. Die Praxis der dreijährigen Speicherung erledigter Forderungen durch private Anbieter – insbesondere Wirtschaftsauskunfteien – steht angesichts dieser Entscheidung auf dem Prüfstand.
Dies hat weitreichende Folgen: Das OLG stellt klar, dass Betroffene jedenfalls bei der Weitergabe von unzulässig langen gespeicherten Informationen über Zahlungsstörungen eine ersatzfähige Rufschädigung erleiden. Dabei lässt es ausdrücklich offen, ob nicht bereits die bloße Nichteinhaltung der Löschungsfristen unabhängig von der Weitergabe der Informationen eine Rufschädigung begründen kann.
Gegen die Entscheidung wurde Revision zum BGH eingelegt. Bis zu einer endgültigen Entscheidung des BGH birgt die bisherige Speicherpraxis ein nicht unerhebliches Rechtsrisiko. Werden Informationen über Zahlungsstörungen nicht nach Meldung der Erfüllung der Forderung durch den Schuldner gelöscht, besteht vor dem Hintergrund der vagen Formulierung des OLG ein Risiko von Schadensersatzansprüchen.
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