„Wesentlichkeit“ eines Mangels – Kriterien für die Auslegung nach UN-Kaufrecht

18.12.2014

BGH Urteil vom 24.09.2014 – Az. VIII ZR 394/12 – Wesentlicher Mangel im UN-Kaufrecht

Zulieferverträge mit Auslandsbezug können dem UN-Kaufrecht (CISG) unterliegen. Das gilt auch, wenn der Zulieferer die Produkte nach Weisung des Abnehmers erst selbst herstellt.  Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte zu entscheiden, nach welchen Kriterien im UN-Kaufrecht die „Wesentlichkeit“ eines Sachmangels zu ermitteln ist. Bedeutung hat dies für die Frage, ob der Käufer sich vollständig vom Vertrag lösen oder nur weniger einschneidende Rechte wie Minderung oder Schadensersatz geltend machen darf.

Grundlage der Entscheidung war ein Rechtsstreit, in dem ein Besteller dem Vergütungsanspruch seines Lieferanten einen erklärten Rücktritt vom Vertrag entgegen hielt. Der BGH ließ ihn damit nicht durchdringen. Es habe sich zwar um „nicht vertragsgemäß“ hergestellte - also: mangelhafte - Waren gehandelt. Eine „wesentliche Vertragsverletzung“ habe aber nicht vorgelegen. Bei der Ausfüllung dieses Begriffs sei Zurückhaltung geboten, denn das UN-Kaufrecht wolle "die Vertragsaufhebung zugunsten der anderen in Betracht kommenden Rechtsbehelfe […] zurückdrängen". Wenn mangelhafte Ware für den Käufer noch nutzbar bleibe, z.B. durch eine anderweitige Verwendung bzw. Verarbeitung, oder wenn der Käufer selbst eine Reparatur durchführen könne, fehle es mitunter an der Wesentlichkeit. Da der Besteller  die Mängel selbst behoben hatte, war ihm die Rücktrittsmöglichkeit abgeschnitten.

Der BGH setzt hier eine bereits bestehende Rechtsprechungslinie fort und erhellt einen zentralen Rechtsbegriff des UN-Kaufrechts. Er ergänzt sie um den für die Praxis wichtigen Hinweis, dass im Vertrag selbst geregelt werden könne, wann ein Mangel "wesentlich" ist und der Käufer zurücktreten darf. Allerdings besitzt der BGH nicht die alleinige Deutungshoheit für dieses Abkommen: Eine einheitliche Auslegungsinstanz - wie es der EuGH für europäische Verordnungen ist - gibt es für das CISG nicht. International tätige Unternehmen sollten daher auch die Rechtsprechung in ihren Zielmärkten beobachten - oder die Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts durch Rechtswahl ausschließen.

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