Streit um den Social-Media-Account bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses

21.10.2020

Social-Media-AccountSoziale Netzwerke spielen längst nicht mehr nur im Privatleben, sondern auch im Arbeitsleben eine große Rolle. Insbesondere Plattformen wie Xing, LinkedIn und Co dienen der beruflichen Vernetzung. Während des Bestands des Arbeitsverhältnisses haben Arbeitgeber in der Regel keine Einwände gegen die Nutzung von Social Media durch ihre Arbeitnehmer zu beruflichen Zwecken. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses können aber zahlreiche Probleme auftreten. Denn der Arbeitgeber hat zum einen ein Interesse daran, die durch den Arbeitnehmer gesammelten geschäftlichen Kontakte weiterhin zu nutzen. Zum anderen möchte er nach Möglichkeit verhindern, dass der ausscheidende Arbeitnehmer diese Kontakte zu seinem nächsten Arbeitgeber mitnimmt. Doch kann ein Arbeitgeber den Social-Media-Account eines ausscheidenden Mitarbeiters herausverlangen? Oder kann er wenigstens die Herausgabe und anschließende Löschung der während des Bestands des Arbeitsverhältnisses gesammelten geschäftlichen Kontakte verlangen?  

I. Herausgabeanspruch bzgl. des Accounts – Wem gehört der Account?

Ein Social-Media-Account kann nur dann vom Arbeitgeber herausverlangt werden, wenn er als „erlangt im Rahmen des Arbeitsverhältnisses” (§ 667 BGB analog) anzusehen ist. Während die Einordnung von rein privat genutzten Accounts (gehören dem Arbeitnehmer und sind nicht herauszugeben) sowie von vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Accounts (gehören dem Arbeitgeber und sind herauszugeben) leicht ist, wirft die Einordnung von gemischt genutzten Profilen Probleme auf. Insoweit wird es auf eine Gesamtbetrachtung ankommen, wobei die folgenden Kriterien zu beachten sind (vgl. dazu AG Brandenburg, Urteil vom 31. Januar 2018 – 31 C 212/17):

  • Wer trägt die Kosten für den – möglicherweise kostenpflichtigen – Account?
  • Unter welchem Namen wird der Account geführt?
  • Wessen E-Mail-Adresse wurde als Kontaktadresse hinterlegt?
  • Welche Adresse ist in dem Profil und in einem etwaigen Impressum angegeben? 
  • Sind nach den Nutzungsbedingungen und der Praxis des sozialen Netzwerks geschäftliche/private Accounts überhaupt zulässig?

II. Anspruch auf Herausgabe der Kundenkontakte sowie anschließende Löschung durch den Arbeitnehmer

Außerhalb der sozialen Netzwerke ist der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dazu verpflichtet, dem Arbeitgeber von ihm erstellte (physische) Kundenlisten herauszugeben. Dies ergibt sich aus § 667 BGB analog. Ein Herausgabeanspruch kann sich auch bezogen auf Social-Media-Kontakte nur aus § 667 BGB analog ergeben und setzt damit voraus, dass der Kontakt „aus der Anstellung“ und nicht privat oder lediglich bei Gelegenheit der Anstellung erlangt wurde. Vor dem Hintergrund einer Entscheidung des ArbG Hamburg aus dem Jahr 2013 (Urteil vom 24. Januar 2013 [Az. 29 Ga 2/13]) wird es dem Arbeitgeber im Streitfalle aber schwer fallen, nachzuweisen, dass der Arbeitnehmer die Kontakte im Rahmen seiner geschäftlichen Tätigkeit erlangt hat. Das ArbG Hamburg hat in dieser Entscheidung ausgeführt, dass eine Kontaktaufnahme nur dann im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit erfolgt sei, wenn sie im Zusammenhang mit der von der Beklagten (Arbeitnehmerin) gegenüber der Klägerin (Arbeitgeberin) geschuldeten arbeitsvertraglichen Tätigkeit gestanden hätten und die Kontaktpartner bei der Kontaktaufnahme für ihren jeweiligen Arbeitgeber gehandelt hätten. Weiterhin sieht das ArbG Hamburg die Beweislast für das Zustandekommen des Kontakts bei dem Arbeitgeber (hier Klägerin der Untersagungsverfügung) und lehnt auch eine sekundäre Darlegungslast des Arbeitnehmers insoweit ab. Der Arbeitnehmer muss also von sich aus nichts dazu vortragen, ob es sich bei einem im Account gespeicherten Kontakt um einen Geschäfts- oder einen Privatkontakt handelt.

III. Vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten

Aufgrund der rechtlichen Unsicherheiten sowohl bezüglich der Herausgabe von gemischt genutzten Accounts als auch der Herausgabe und Löschung von Kundenkontakten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist zu empfehlen, die dahingehenden Arbeitgeberrechte durch entsprechende Klauseln im Arbeitsvertrag abzusichern.

  1. Einrichtung von Unternehmens-Accounts
    Als erste Alternative – die sich aber wohl nur bei Verträgen neuer Mitarbeiter anbietet – kommt in Betracht, zu vereinbaren, dass entsprechende Unternehmens-Accounts eingerichtet werden, über die die Mitarbeiter mit Geschäftskontakten kommunizieren. Diese müssten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dann unproblematisch herausgegeben werden.
     
  2. Herausgabe und Löschung von Kontaktdaten
    Als zweite Alternative kommt eine vertragliche Regelung zum Umgang mit Kundenkontakten während des Arbeitsverhältnisses und zur Übertragung und Löschung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht. So könnten die Arbeitnehmer dazu angehalten werden, geschäftliche Kontakte nicht ausschließlich im sozialen Netzwerk zu speichern, sondern stets zusätzlich ein E-Mail-Adressbuch o. Ä. zu führen. Jedenfalls könnte vereinbart werden, die geschäftlichen und die privaten Kontakte im Account jeweils zu kennzeichnen.

Für den Fall der Beendigung sollte sodann eine vertragliche Herausgabe- und Löschungspflicht bezogen auf die geschäftlichen Kontakte aufgenommen werden. Insoweit stellt sich aber das Problem, dass darin bereits ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot i. S. v §§ 74 ff. HGB zu sehen sein könnte, das nur bei gleichzeitiger Vereinbarung einer Karenzentschädigung wirksam wäre. Eine solche Entschädigungspflicht könnte insbesondere dann naheliegen, wenn die Löschungsverpflichtung so zu verstehen sein soll, dass der Arbeitnehmer mit den betroffenen Kunden überhaupt keinen Kontakt aufnehmen darf. Anders läge die Einschätzung, wenn der Arbeitnehmer die Kontakte zunächst zwar löschen müsste, sie dann aber auf anderem Wege (etwa weil sie ihm im Kopf geblieben sind) wieder begründen dürfte.

Weiterhin empfiehlt sich – vor dem Hintergrund der Entscheidung des ArbG Hamburg – eine vertragliche Regelung dahingehend, dass der Arbeitnehmer die fehlende Geschäftsbezogenheit von Kontakten darlegen muss, die er während des Arbeitsverhältnisses erlangt hat.
 

Tatjana Hahn

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