Auskunftsansprüche der Anleger von Fonds in der Form einer Publikums-KG

22.03.2013

(BGH, Urteile vom 5. Februar 2013, II ZR 134/11 und II ZR 136/11 )

Obgleich die Hochphase der Filmfonds und anderer Publikums-Anlagegesellschaften schon einige Jahre zurückliegt, stand eine höchstrichterliche Klärung der Frage bislang aus, inwieweit Zeichner der Anlage ein Recht auf Auskunft bezüglich ihrer über einen Treuhänder beigetretenen Mitgesellschafter haben. In zwei Urteilen hat der Bundesgerichtshof nunmehr die Rechte der Anleger gestärkt und ihnen einen umfassenden Auskunftsanspruch unabhängig von der Form ihrer Anlage zuerkannt.

Publikumsgesellschaften in der Form einer GmbH & Co. KG sind nach wie vor ein beliebtes Vehikel, um Fonds für verschiedene Investitions- und Anlagezwecke aufzulegen. Sie bilden die Schnittstelle zwischen einer Kapitalanlage und einem unternehmerischen Engagement des Anlegers. Gleichwohl bleibt dessen Beteiligung an der bzw. Einflussnahme auf die unternehmerische Führung der Gesellschaft gering. Der Beitritt zur Gesellschaft erfolgt entweder direkt als Kommanditist oder über einen Treuhänder, der für den Anleger im Außenverhältnis auftritt und einzig in das Handelsregister eingetragen wird.

Üblicherweise ist das Interesse der Anleger an Informationen über die Zusammensetzung der Fondsgesellschaft gering. Erst in der Krise der Gesellschaft oder bei vermuteter Fehlwirtschaft versuchen Anleger erfahrungsgemäß auf die Geschicke der Gesellschaft Einfluss zu nehmen. Auch Schwierigkeiten bei der steuerlichen Geltendmachung der aufgelaufenen Verluste gegenüber dem Finanzamt können eine solche Entscheidung motivieren.

Die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung oder bloß der Informationsaustausch mit den anderen Kommanditisten ist bei einer unmittelbaren Beteiligung an einer KG ohne Weiteres möglich. Denn die dem Handelsregister vorliegende Gesellschafterliste hält die Information über die unmittelbar beteiligten Mitzeichner bereit. Ein Auskunftsbedürfnis der Anleger gegen die Initiatoren oder Verwalter des Fonds entsteht erst dann, wenn überhaupt Fondsanteile in Treuhand gezeichnet werden. Dieses Bedürfnis hat der BGH nunmehr rechtlich bestätigt.

I. Die Entscheidungen des BGH

Der Bundesgerichtshof hat in zwei jüngst ergangenen Urteilen (II ZR 134/11 und II ZR 136/11 vom 5. Februar 2013) entschieden, dass Anleger, die sich als Treugeber über einen Treuhandgesellschafter an (Film-)Fonds in der Form von Publikums-Kommanditgesellschaften beteiligt haben, Auskunft über die übrigen an der Gesellschaft beteiligten Anleger verlangen können, wenn ihnen im Innenverhältnis der Gesellschaft die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters (Kommanditisten) eingeräumt ist.

1. Sachverhalt

In beiden Verfahren waren die Kläger an Filmfonds beteiligt, die in der Form einer Publikums-GmbH & Co. KG aufgelegt worden waren. Die Sachverhalte unterschieden sich nur insoweit, als der Kläger im einen Fall (II ZR 134/11) als Treugeber über eine Treuhandkommanditistin der Gesellschaft beitrat, während der Kläger im anderen Fall (II ZR 136/11) unmittelbarer Kommanditist der Gesellschaft war. Beide begehrten Auskunft über die Identität der übrigen Mitgesellschafter, womit insbesondere die Treugeber-Anleger gemeint waren. Dieses Recht auf Auskunft hatte der Initiator des Fonds im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen. Sofern die Anleger Anträge im Rahmen der Gesellschafterversammlung einbringen wollten, wurden sie auf das anonyme Umlaufverfahren verwiesen.

2. Entscheidungsgründe

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass den Anlegern aus dem Gesellschaftsvertrag selbst ein Recht auf Herausgabe der Daten der übrigen Gesellschafter zusteht. Dabei hat der Senat nicht bloß das Recht seinen Vertragspartner zu kennen als selbstverständlichen Bestandteil eines jeden Gesellschaftsvertrages erachtet. Er hat dieses Recht darüber hinaus als dem Gesellschafter unentziehbar eingestuft. Damit trat er schon im Schrifttum vertretenen Ansichten entgegen, wonach die Treugeber untereinander wegen der Relativität der Schuldverhältnisse nicht Vertragspartner werden. Aus Sicht der Richter werde dagegen selbst jeder der Gesellschaft beitretende Treugeber durch den Vertragsschluss Vertragspartner der übrigen Gesellschafter, für die umgekehrt nichts anderes gelten könne. Dabei sei es auch unerheblich, ob im konkreten Fall eine Außenhaftung bestehe, solange die Stellung der Treugeber der eines Quasi-Kommanditisten entspreche. Das Mitgliedschaftsrecht sei nicht an eine Haftungsquote gebunden.

Entschieden tritt der Senat überdies dem Argument der Fondsgesellschaften entgegen, die Anleger hätten aus dem Gesellschaftsvertrag heraus ein Recht auf Anonymität und deshalb sei es den Betreibern verwehrt, die begehrte Auskunft zu erteilen. Eine solche Klausel im Vertrag verstößt nach Ansicht der Richter gegen Treu und Glauben, denn es könne keine Klausel im Vertrag Geltung beanspruchen, die gleichzeitig die Ausübung der mitgliedschaftlichen Rechte der Gesellschafter vereitele. Schließlich sei die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung von der Zustimmung mindestens eines Viertels der anderen Gesellschafter abhängig. Dieses Quorum könne ohne die Auskunft nicht sinnvoll erreicht werden.

Zu Recht verweist der BGH in diesem Zusammenhang auf § 21 WpHG, der selbst bei der an sich anonymen Wertpapieranlage eine Meldepflicht bei Erreichen bestimmter Quoren vorsieht. Es wäre ein Wertungswiderspruch, ließe man in einer Mischform von Personen- und Kapitalgesellschaft eine Anonymität zu, die in einer Kapitalgesellschaft nicht zu erreichen wäre. Das hieße schlichtweg, dem Kommanditisten weniger rechtlichen Schutz zuzumessen als dem Aktieninhaber.

Die Fondsgesellschaften hatten ferner im Prozess eingewandt, einziges Ziel des Auskunftsbegehrens sei die Mandatsakquirierung durch Rechtsanwälte gewesen. Diesen Einwand ließ der BGH nicht gelten, sondern nahm ihn vielmehr zum Anlass ausführlich zu begründen, warum der Gesellschafter einer Publikums-KG auf die Kenntnis der Identität seiner Mitgesellschafter angewiesen ist. Seine Begründung ging weit über die von den Klägern vorgetragene Konstellation hinaus, in der lediglich die Abstimmung bezüglich einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung ermöglicht werden sollte.

Es sei nämlich, so der BGH, nur dann eine informierte Ausübung des Stimmrechts möglich, wenn die Identität der Gesellschafter bekannt sei und man Stimmrechtsverbote rechtzeitig identifizieren könne. Daneben ließen sich Verstöße gegen die gesellschaftliche Treuepflicht anders weder erkennen noch ahnden. Der Anleger habe auch ein beachtenswertes Interesse, über die Zeichnerstruktur informiert zu sein, damit er seine Anlageentscheidung den innergesellschaftlichen Verhältnissen anpassen kann. Weiter diene das Auskunftsrecht nicht zuletzt der Möglichkeit, die Machtstrukturen in einer Publikums-KG überblicken zu können. Bereits aus diesen Erwägungen sei es nach Ansicht des BGH nicht möglich, die Gesellschafter auf ein Umlaufverfahren zu verweisen oder ihre Rechte auf Auskunft anderweitig zu beschneiden.

Eine Ausnahme lässt der Senat nur für die Fälle gelten, bei denen in der Ausübung des Auskunftsrechts erkennbar gegen das Schikaneverbot (§ 226 BGB) oder Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen wird. Solche Fälle sind indes schwer vorstellbar, wenn die Herausgabe der Daten schon durch das Interesse an der Zusammensetzung der Gesellschafter begründet wird. Jedenfalls wird eine regelmäßige Anfrage zu Veränderungen in der Zusammensetzung der Anteilseigner keiner Beschränkung unterliegen können.

In einem Obiter Dictum lässt der BGH zudem keinen Zweifel daran, dass Umgehungskonstruktionen nicht zu einer Aushöhlung des Informationsrechts führen dürfen. So soll nicht nur die Gesellschaft, sondern auch das geschäftsführende Organ und gegebenenfalls auch die registerführende Treuhandkommanditistin Gegner des Auskunftsanspruches sein können, der zudem auf Herausgabe und nicht bloß auf Einsicht gerichtet ist. Ausdrücklich nicht entschieden hat der Bundesgerichtshof dagegen über das Auskunftsrecht der Treugeber, wenn diesen im Innenverhältnis nicht die Stellung eines Quasi-Kommanditisten eingeräumt wird. Ob hierzu noch ein weiteres Urteil des Senats folgen wird, bleibt abzuwarten.

II. Folgen und Ausblick

Für die Verwalter und Treuhandkommanditisten von Fondsgesellschaften dürfte sich ein erheblicher Verwaltungszusatzaufwand ergeben, wenn eine größere Anzahl von Anlegern von diesem nun höchstrichterlich bestätigten Recht auf Auskunft Gebrauch macht. Auch sinken die mit der Treuhandkonstruktion verbundenen Synergievorteile für die Gesellschaft. Die Publikums-KG als Mischform von verbandsorientierter Gesellschaft und anonymer Kapitalanlage büßt in Zukunft von ihrem auf Geldanlage ausgerichteten Charakter ein.

Die Zeichner von Fondsanteilen dagegen erwerben nunmehr unabhängig von ihrer Anlageart ein mitgliedschaftliches und unabdingbares Recht, das ihnen Einflussmöglichkeiten auf die Gesellschaft eröffnet, die bislang faktisch mittels vertraglicher Gestaltung durch die Initiatoren der Fonds ausgeschlossen wurden. Solche Anleger hingegen, denen es bei ihrer Investition auf Diskretion ankommt, werden in Zukunft von der Publikums-KG Abstand zu nehmen haben.

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