Die Stromversorgung soll im Jahr 2035 nahezu vollständig auf erneuerbaren Energien basieren. Die volatile Erzeugung der erneuerbaren Energien erfordert enorme Flexibilität im Energieversorgungssystem und stellt die Netzbetreiber vor Herausforderungen. Gleichzeitig bewirkt die volatile Erzeugung mitunter starke Preisschwankungen am Strommarkt.
Dem verstärkten Einsatz von Stromspeichern und insbesondere rein netzgekoppelten Batteriespeichern kommt eine entscheidende Rolle bei der System- und Marktintegration der erneuerbaren Energien zu. Zudem trägt er dazu bei, Redispatch-Maßnahmen zu vermeiden und die volkswirtschaftlichen Kosten des Energiegesamtsystems zu verringern.
Vor dem Hintergrund dieser netz- und marktdienlichen Betriebsweise von Batteriespeichern sollten Hindernisse reduziert werden, die dem Ausbau der Batteriespeicherinfrastruktur entgegenstehen. Dies gilt insbesondere für Belastungen, die mit der energierechtlichen Doppelrolle der Batteriespeicher als Erzeuger und Letztverbraucher von Strom einhergehen.
Baukostenzuschüsse
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EnWG sind Netzbetreiber verpflichtet, Letztverbraucher sowie Speicheranlagen an ihr Netz anzuschließen – und zwar zu technischen und wirtschaftlichen Bedingungen, die angemessen, diskriminierungsfrei und transparent sind. Diese Bedingungen dürfen zudem nicht ungünstiger sein als jene, die der Netzbetreiber in vergleichbaren Fällen für Leistungen innerhalb seines eigenen Unternehmens oder gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen anwendet. Netzbetreiber dürfen von Anschlussnehmern einen angemessenen Baukostenzuschuss (BKZ) verlangen – so regelt es § 11 Abs. 1 Niederspannungsanschlussverordnung (NAV). Der Zuschuss dient der teilweisen Deckung jener notwendigen Kosten, die bei wirtschaftlich effizienter Betriebsführung für die Erstellung oder Verstärkung der örtlichen Verteileranlagen des Niederspannungsnetzes einschließlich Transformatorenstationen anfallen. Auf der Ebene der Niederspannung angeschlossene Anlagen sind nach § 11 Abs. 3 NAV bis zu einer Leistung von 30 kW von der Zahlung von BKZ befreit.
Positionspapier der BNetzA
Für den Netzanschluss von Anlagen oberhalb der Niederspannung haben Netzbetreiber bislang das von der BNetzA im Positionspapier vom 27. März 2009 (BK6 p-06–041) empfohlene Leistungsmodell zur Erhebung von Baukostenzuschüssen für Netzanschlüsse im Bereich von Netzebenen oberhalb der Niederspannung angewendet.
Nach Auffassung der BNetzA genügt ein so ermittelter BKZ den Angemessenheits- und Transparenzanforderungen des § 17 EnWG, soweit der BKZ auf Basis des Leistungspreismodells ermittelt wird. Nach dem Leistungspreismodell ergibt sich die Höhe des BKZ aus der Multiplikation der vertraglich vereinbarten Leistungsbereitstellung mit dem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses oder der Vertragsanpassung geltenden veröffentlichten Leistungspreis (> 2.500 Benutzungsstunden) der Anschlussnetzebene (sog. „Leistungspreismodell“).
Sachverhalt
Die Antragstellerin begehrt den Netzanschluss eines Batteriespeichers, der als rein netzgekoppelter Speicher errichtet und betrieben werden soll. Dieser soll Systemdienstleistungen für das Stromnetz durch Bereitstellung von Regelleistung gegenüber dem Übertragungsnetzbetreiber, Stromhandel am Intraday-Markt, gezielte Einspeisung zu Zeitpunkten besonders hoher Lastspitzen im lokalen Verteilernetz und Bereitstellung von Blindleistung erbringen, was zu einer Verbesserung der Spannungsqualität im Großraum des Speichers führen soll. Die Netzbetreiberin sagte den Netzanschluss auf der Mittelspannungsebene zu und forderte einen BKZ. Der Berechnung des BKZ liegt das Leistungspreismodell zu Grunde.
Entscheidung des BGH
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 15.07.2025 (EnVR 1/24) die Entscheidung des OLG Düsseldorf aufgehoben und entschieden, dass Netzbetreiber BKZ für den Netzanschluss von Batteriespeichern nach dem Leistungspreismodell erheben dürfen. Nach Auffassung des BGH ist die Erhebung eines BKZ nach Maßgabe des Leistungspreismodells auch nicht diskriminierend im Sinne von § 17 Abs. 1 EnWG.
BKZ kein Netzentgelt
Zunächst bestätigt der BGH jedoch die Entscheidung des OLG Düsseldorf dahingehend, dass der BKZ kein Netzentgelt sei und die Erhebung eines BKZ durch den Netzbetreiber nicht durch den Befreiungstatbestand des § 118 Abs. 6 Satz 1 EnWG ausgeschlossen werde.
Nach § 118 Abs. 6 Satz 1 EnWG sind Anlagen zur Speicherung elektrischer Energie unter bestimmten Voraussetzungen für einen Zeitraum von 20 Jahren ab Inbetriebnahme hinsichtlich des Bezugs der zu speichernden elektrischen Energie von den Entgelten für den Netzzugang freigestellt.
Der BKZ zähle aber nicht zu den Entgelten für den Netzzugang in diesem Sinne. Damit seien vielmehr ausschließlich Netznutzungsentgelte im eigentlichen Sinn gemeint, die gemäß § 17 Abs. 2, Abs. 6 StromNEV aus einem Leistungs-, Arbeits- und Grundpreis bestehen.
Keine Diskriminierung
Rechtsfehlerhaft sei jedoch die Annahme des Beschwerdegerichts, die Erhebung eines nach dem Leistungspreismodell ermittelten BKZ für rein netzgekoppelte Batteriespeicher im Sinn des § 17 Abs. 1 Satz 1 EnWG sei diskriminierend.
Das Diskriminierungsverbot nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EnWG erfordere, vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich zu behandeln. Es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt.
Unterschiede zwischen netzgekoppelten Batteriespeichern und anderen Letztverbrauchern
Mit nach dem Leistungspreismodell ermittelten BKZ sollen die Anschlussnehmer angehalten werden, Netzanschlüsse nur ihrem tatsächlichen Leistungsbedarf entsprechend zu beantragen; sie erfüllten ferner eine Finanzierungsfunktion. Der BGH bestätigt, dass der Anschluss von netzgekoppelten Batteriespeichern und von anderen Letztverbrauchern (§ 3 Nr. 25 EnWG) an das Verteilernetz wesentliche Unterschiede aufweise, sodass die Gleichbehandlung der Sachverhalte im Hinblick auf die Erhebung von BKZ objektiv gerechtfertigt sein müsse.
Hinsichtlich der physikalischen Wirkung des Entnahmevorgangs bestünden zunächst keine Unterschiede. Bei der Speicherung der elektrischen Energie werde zunächst Elektrizität aus dem Verteilernetz entnommen, was technisch der Nutzung des Netzes durch andere Entnahmen entspreche. Netzgekoppelte Batteriespeicher nähmen insoweit eine Doppelrolle ein, da sie energiewirtschaftlich sowohl als Letztverbraucher als auch als Erzeuger auftreten. Die beiden Rollen seien jedoch getrennt voneinander zu betrachten.
Ein technischer Unterschied zu anderen Letztverbrauchern bestehe jedenfalls darin, dass bei netzgekoppelten Batteriespeichern die maximale Entnahmeleistung nicht ununterbrochen abgerufen werden könne, sondern wieder zurückgespeist werden müsse.
Zudem sei eine netzdienliche Wirkung von Batteriespeichern möglich, weil sie bei drohenden Netzengpässen bedarfsgerecht Strom speichern oder ins Netz einspeisen können.
Ein weiterer Unterschied bestehe darin, dass der BKZ bei Batteriespeichern stärker standortsteuernd wirke als bei anderen Letztverbrauchern.
Rechtfertigung der Gleichbehandlung unterschiedlicher Sachverhalte
Nach Auffassung des BGH habe das OLG Düsseldorf allerdings rechtsfehlerhaft nicht geprüft, ob die Gleichbehandlung von netzgekoppelten Batteriespeichern und anderen Letztverbrauchern nach dem Sinn und Zweck des BKZ objektiv gerechtfertigt sei.
Zunächst sei eine Gleichbehandlung unterschiedlicher Sachverhalte objektiv gerechtfertigt, wenn sie auf objektiven und angemessenen Kriterien beruhe.
Entscheidungsspielraum des Netzbetreibers
Der BGH betont hier zunächst, dass dem jeweiligen Netzbetreiber ein Entscheidungsspielraum in Bezug auf die Festlegung der Vertragsbedingungen zukommt. Der Netzbetreiber sei rechtlich nicht verpflichtet, einen BKZ zu verlangen. Entscheide er sich aber in Ausfüllung seines wirtschaftlichen Gestaltungsspielraumes für die Erhebung eines solchen, müsse er sicherstellen, dass die von ihm festgelegte Erhebung die von § 17 Abs. 1 S. 1 EnWG geforderte Transparenz aufweise und in einem angemessenen Verhältnis zu den mit ihm verfolgten Zielen stehe. Der Netzbetreiber könne hier auf die von der BNetzA in ihrem Positionspapier niedergelegten Leitlinien zurückgreifen. Dabei habe der Netzbetreiber jedoch eine generalisierende Betrachtungsweise anzustellen.
Beurteilungsspielraum der BNetzA
Darüber hinaus stellt der BGH fest, dass der Regulierungsbehörde bei der Auslegung des § 17 Abs. 1 Satz 1 EnWG im Hinblick auf die von ihr für zulässig erachtenden Methoden der Berechnung eines BKZ ein Beurteilungsspielraum zusteht. Daher sei die von der BNetzA gebilligte Methode des Leistungspreismodells und dessen Anwendbarkeit auf die Anschlussnehmer nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar. Eine Kontrolle finde lediglich dahingehend statt, ob die BNetzA den Maßstab des § 17 Abs. 1 Satz 1 EnWG korrekt ausgelegt habe, den Sachverhalt zutreffend ermittelt habe, Sinn und Zweck des BKZ sowie dessen Auswirkungen auf Anschlusspetenten zutreffend erfasst habe. Eine Grenze bilde das Willkürverbot.
Objektive Rechtfertigung der Ungleichbehandlung
Nach den Feststellungen des BGH sei die Erhebung eines BKZ nach dem Leistungspreismodell jedoch auch unter Berücksichtigung der Unterschiede zwischen den Batteriespeichern und anderen Letztverbrauchern sowohl dem Grunde nach als auch in der errechneten Höhe objektiv gerechtfertigt.
Ein sachlicher Grund für die Gleichbehandlung von Batteriespeichern und anderen Letztverbrauchern ergebe sich unter Berücksichtigung des Entscheidungsspielraums des Netzbetreibers und des Beurteilungsspielraums der BNetzA aus dem Sinn und Zweck des BKZ. Nach Ansicht des BGH durfte der Netzbetreiber davon ausgehen, dass die Erhebung des BKZ in einem angemessenen Verhältnis zu den damit verfolgten Zielen steht.
Rechtlich zulässiges Ziel
Der BGH begründet dies zunächst mit den Zielsetzungen des BKZ. Dieser erfülle eine Lenkungs- und Steuerungsfunktion. Durch den BKZ solle der Anschlussnehmer angehalten werden, den Netzanschluss an seinen tatsächlichen Leistungsbedarf anzupassen, um eine Überdimensionierung des Verteilernetzes zu vermeiden.
Darüber hinaus komme dem BKZ eine Finanzierungs- und Investitionsfunktion zu. Die Netznutzungsentgelte refinanzieren zwar grundsätzlich die Elektrizitätsnetze, dennoch senken die BKZ die Netzkosten und kämen daher der Gesamtheit der Energiekunden zugute. Das bestehende Ziel der Netzfinanzierung könne daher berücksichtigt werden. Der BKZ diene damit dem Ziel einer preisgünstigen, verbraucherfreundlichen und effizienten Stromversorgung (§ 1 EnWG).
Geeignetheit und Erforderlichkeit
Zunächst bestehe auch bei netzgekoppelten Batteriespeichern die Gefahr einer Überdimensionierung. Der Netzbetreiber habe den Netzanschluss entsprechend der vom Anschlussnehmer gewünschten und beantragten Entnahmeleistung zu dimensionieren. Somit erscheine es nicht ausgeschlossen, dass Batteriespeicherbetreiber nicht benötigte Entnahmeleistungen beantragen, soweit damit keine Kosten verbunden seien.
Zudem stehe eine mögliche netzdienliche Wirkung eines Batteriespeichers der Erhebung eines BKZ nicht entgegen. So könnten Batteriespeicher in Überschussphasen Strom aufnehmen und bei Engpässen Strom einspeisen, was möglicherweise den Netzausbau entlasten könne. Bei Sicherstellung einer netzdienlichen Wirkung wäre der BKZ zur Erreichung des Lenkungs- und Steuerungszieles allerdings nicht geeignet.
Nach Ansicht des BGH sei jedoch weder dargelegt noch ersichtlich, dass der Betrieb eines Batteriespeichers, mit dem der Betreiber seine eigenen wirtschaftlichen Ziele verfolge, notwendig dazu beitrage, Netzausbaumaßnahmen des lokalen Verteilernetzbetreibers zu vermeiden. Es könne daher nicht angenommen werden, dass der nach dem Leistungspreismodell berechnete BKZ seine Lenkungs- und Steuerungswirkung grundsätzlich verfehle oder im Hinblick auf die Finanzierungsfunktion nicht erforderlich sei.
Bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise sei es unerheblich, ob ein Betreiber bereit sei, netzdienliche Maßnahmen zu ergreifen. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 EnWG liege es im Entscheidungsspielraum des Netzbetreibers sowie im Beurteilungsspielraum der BNetzA, ob und unter welchen Voraussetzungen der netzdienliche Betrieb des Batteriespeichers zu einer Verringerung der Kosten führen könne. Nach Ansicht des BGH ist eine Überschreitung dieses Entscheidungs- und Beurteilungsspielraumes nicht ersichtlich.
Ferner sei der nach dem Leistungspreismodell berechnete BKZ zur Finanzierung der Netzausbaukosten geeignet und erforderlich. Laut BGH würde eine Freistellung oder Reduzierung des BKZ zu einer Verlagerung der Anschlusskosten auf die Netzentgelte führen, die damit von den Letztverbrauchern zu tragen sein würden.
Angemessenheit
Der nach dem Leistungspreismodell berechnete BKZ stehe auch unter Berücksichtigung der standortsteuernden Wirkung in einem angemessenen Verhältnis zu den damit verfolgten Zielen. Der BKZ bezwecke nicht die Ansiedlung in bestimmten Gebieten, sondern diene der Vermeidung von Überkapazitäten und der Finanzierung des lokalen Verteilernetzes. Die Beurteilung eines möglichen standortbezogenen Anreizes falle in den der BNetzA zuzubilligenden Beurteilungsspielraum; eine Überschreitung eines solchen sei nicht ersichtlich.
Zuletzt begründet der BGH seine Entscheidung damit, dass es sich bei der Einspeisung und Entnahme von Elektrizität um getrennte Vorgänge handele, die unterschiedliche Auswirkungen auf das Netz haben könnten. Es treffe zwar zu, dass Speicheranlagen in energiewirtschaftlichen Regelungen teilweise den Erzeugungsanlagen gleichgestellt und ungeachtet ihrer Doppelwirkung als Einheit betrachtet würden, dennoch beziehe sich die Gleichstellung lediglich auf den Netzanschlussanspruch an sich. Eine Angleichung sämtlicher Anschlussbedingungen an die der Erzeugungsanlagen könne daraus nicht abgeleitet werden.
Auswirkung auf die Praxis
Mit der Entscheidung des BGH ist nunmehr höchstrichterlich geklärt, dass Netzbetreiber grundsätzlich einen BKZ nach dem Leistungspreismodell erheben dürfen.
Dass der Betrieb eines Batteriespeichers jedenfalls dazu beiträgt, Netzausbaumaßnahmen zu vermeiden, dürfte eigentlich auf der Hand liegen. Der wirtschaftliche Anreiz für den Speicherbetreiber besteht darin, Strom aus erneuerbaren Energien bei hoher Verfügbarkeit und niedrigen Marktpreisen einzuspeichern und diesen in Zeiten geringer Verfügbarkeit und hohen Marktpreisen wieder ins Netz einzuspeisen. Diese Betriebsweise dürfte gleichzeitig marktdienlich sein, da sie Netzengpässe vermeidet.
Unabhängig davon ist die Praxis der BNetzA zu kritisieren, Regelungen mit erheblicher wirtschaftlicher Tragweite in rechtlich unverbindlichen - und damit nicht unmittelbar rechtlich überprüfbaren - Positionspapieren und Leitfäden zu regeln. Damit werden Streitigkeiten häufig auf die Ebene zwischen Netzbetreibern und Anschlussnehmern verlagert. Es wäre daher zu begrüßen, wenn die BNetzA von ihrer Festlegungskompetenz in § 17 Abs. 4 EnWG Gebrauch macht. Diese umfasst nach § 17 Abs. 4 Satz 3 EnWG insbesondere Vorgaben zu Anschlusskosten und BKZ.
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