Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz - Rechtliche Weichenstellungen für die Gesundheitsforschung

Köln, 26.01.2024

Am 14. Dezember 2023 hat der Bundestag das Gesetz zur Nutzung von Gesundheitsdaten (Gesundheitsdatennutzungsgesetz – GDNG) verabschiedet. Das Gesetz soll gemeinsam mit dem im selben Zug verabschiedeten Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz – DigiG) mit digitalen Lösungen den Versorgungsalltag und die Forschungsmöglichkeiten in Deutschland verbessern. Ziel ist hierbei vor allem die erleichterte Nutzbarkeit von Gesundheitsdaten für gemeinwohlorientierte Zwecke. 

Hintergrund und Ziele

Bereits seit einiger Zeit fordern Vertreter aus Wissenschaft und der Gesundheitsbranche, eine leistungsfähige Forschungsdateninfrastruktur für Gesundheitsdaten zu schaffen, um ein dynamisch lernendes Gesundheitssystem zu ermöglichen, das die immer zahlreicher verfügbaren Gesundheitsdaten nicht nur für die individuelle Behandlung (Primärnutzung), sondern auch für Zwecke außerhalb der Behandlung - wie insbesondere der medizinischen Forschung - fruchtbar macht (Sekundärnutzung). Trotz der immer umfangreicheren Datenerhebungen im Gesundheitssystem sind viele Daten bisher aufgrund entgegenstehender Regelungen nicht für Forschungszwecke zugänglich. 

Mit dem GDNG soll der Austausch und die Verknüpfung von Gesundheitsdaten nun erleichtert und den Kranken- und Pflegekassen die Nutzung von Gesundheitsdaten zur Erkennung individueller Gesundheitsrisiken ermöglicht werden. Dies soll die Qualität der Gesundheitsversorgung verbessern und die Forschung vorantreiben.

Wesentliche Regelungen des GDNG

Zentrale Datenzugangs- und Koordinierungsstelle für Gesundheitsdaten

Ein zentraler Aspekt des GDNG ist die Einrichtung einer zentralen Datenzugangs- und Koordinierungsstelle für Gesundheitsdaten bei dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Ihre Aufgabe soll es vor allem sein, den direkten Datenzugriff zu steuern. 

Zu den konkreten Aufgaben der Datenzugangs- und Koordinierungsstelle gehört nach § 3 Abs. 2 GDNG z.B. die Pflege eines öffentlichen Metadaten‑Katalogs, die Beratung bei Anträgen auf Zugang zu Gesundheitsdaten, die Annahme und Weiterleitung entsprechender Anträge an die zuständigen datenhaltenden Stellen sowie die Unterstützung bei der Kommunikation zwischen antragstellenden und zuständigen Stellen. 

Erstmalig wird über die zentrale Datenzugangs- und Koordinierungsstelle die Möglichkeit geschaffen, Daten aus verschiedenen Datenquellen miteinander zu verknüpfen. Zur Erprobung der Datenverknüpfung ist in § 4 GDNG zunächst ein Verfahren vorgesehen, das die Verknüpfung und Verarbeitung pseudonymisierter Daten des Forschungsdatenzentrums Gesundheit („FDZ“) und der klinischen Krebsregister der Länder ermöglicht. 

Hierbei sollen die datenhaltenden Stellen, also die klinischen Krebsregister und die FDZ, bei Vorliegen einer entsprechenden Genehmigung die beantragten Daten in pseudonymisierter Form an die festgelegte sichere Verarbeitungsumgebung zusammen mit einer Forschungskennziffer übermitteln. Über diese auf Grundlage der Krankenversichertennummer erstellte Forschungskennziffer erfolgt sodann in einem technischen Verfahren die Verknüpfung der pseudonymisierten Daten miteinander. 

Wegfall des Akteurbezugs

Bislang haben nur die in § 303e Abs. 1 SGB V genannten Akteure, z.B. Krankenkassen und Universitäten, die Möglichkeit bei dem FDZ einen Antrag auf Zugang zu pseudonymisierten Patientenabrechnungsdaten zu stellen. Diese Daten können dann für gesetzlich festgelegte Zwecke genutzt werden, wie beispielsweise zur Forschung. Kommerziell forschenden Unternehmen wird bislang kein Zugang zu den Abrechnungsdaten gewährt. Mit dem GDNG wird dieser Akteurbezug nun aufgehoben und es wird ein zweckgebundener Zugangsmechanismus eingeführt. Der Zugang zu den Daten – auch den nach § 4 GDNG verknüpften Datensätzen – kann damit künftig grundsätzlich auch anderen Akteuren gestattet werden, sodass bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch kommerziell forschende Unternehmen etwa der Pharma- oder Medizinproduktebranche die Daten für ihre Forschungsinitiativen verwenden können.  

Opt-Out-Verfahren

Die derzeit gemäß § 363 Abs. 1 SGB V nur bei Vorliegen einer Einwilligung des Versicherten (Opt-in) erfolgende Freigabe der Daten der elektronischen Patientenakte (ePA) für Forschungszwecke wird durch das GDNG in ein Opt-out-Verfahren geändert. Die Daten der elektronischen Patientenakte werden für die gesetzlich in § 303e Abs. 2 SGB V festgelegten Zwecke in pseudonymisierter Form zugänglich gemacht, soweit Versicherte nicht der Datenübermittlung widersprechen. Die Versicherten müssen auf die Widerspruchsmöglichkeit bei der erstmaligen Nutzung der ePA hingewiesen werden. Der Widerspruch zur Datenfreigabe zu Forschungszwecken wird über die ePA-App erfolgen und kann auch auf bestimmte Zwecke beschränkt werden.

Datenverarbeitung durch Kranken- und Pflegekassen

Schließlich ermöglicht das GDNG den gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen die Verarbeitung von Daten zum individuellen Schutz der Gesundheit der Versicherten. Die Kranken- und Pflegekassen können künftig gemäß § 25b SGB V datengestützte Auswertungen vornehmen und den Versicherten auf diese Auswertung hinweisen, soweit die Auswertung einem der gesetzlich genannten Zwecke dient. Möglich ist die Auswertung etwa zur Erkennung von seltenen Krankheiten, Krebserkrankungen, schwerwiegenden Gesundheitsgefährdungen sowie zur Erkennung des Vorliegens von Impfindikationen für empfohlene Schutzimpfungen. Die datengestützten Auswertungen erfolgen nach einer Information des Versicherten, ohne, dass dessen ausdrücklich Einwilligung erforderlich ist. Den Versicherten steht es allerdings frei, der Datenverarbeitung zu widersprechen, worüber sie ebenfalls entsprechend zu informieren sind. 

Gesundheitsdatenschutz

Zum Schutz der verarbeiteten Gesundheitsdaten sind in § 7 GDNG Geheimhaltungspflichten für Datennutzende vorgesehen. Die Gesundheitsdaten dürfen nur für die Zwecke genutzt werden, für die sie den Datennutzenden anvertraut oder sonst bekanntgemacht worden sind, insbesondere dürfen sie grundsätzlich nicht an Dritte weitergegeben oder so verarbeitet werden, dass ein Personenbezug wiederhergestellt oder Leistungserbringer identifiziert werden können. Ein Verstoß gegen diese Pflichten ist nach § 9 GDNG strafbewehrt.

Folgen für die Praxis und Ausblick

Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz enthält umfangreiche Regelungen, um die Forschung auf Basis von Gesundheitsdaten zu erleichtern. Forschungsinstitutionen und nunmehr erstmals auch kommerziell forschende Unternehmen erhalten erleichterten Zugriff auf Gesundheitsdaten für Forschungszwecke. Nach der Verabschiedung im Bundestag wird der 2. Durchgang im Bundesrat voraussichtlich Anfang Februar 2024 stattfinden. Das Gesetz wird sodann am Tag nach der Verkündung in Kraft treten, womitaufgrund des Zeitplans frühestens im Februar 2024 zu rechnen ist. 

Forschungseinrichtungen und forschende Unternehmen sollten sich frühzeitig über die Möglichkeiten der vereinfachten Nutzung von Gesundheitsdaten informieren, um von Anfang an die Potentiale dieser mitunter aus verschiedenen Datenquellen verknüpften Gesundheitsdaten für die eigene Forschung auszuschöpfen. Datenverarbeitende Gesundheitseinrichtungen - wie beispielsweise Krankenhäuser und Arztpraxen - sollten frühzeitig die notwendigen Vorbereitungen für die Weiterverarbeitung von Gesundheitsdaten innerhalb ihrer Einrichtung treffen. 

Gerne beraten wir Sie zu allen Fragen rund um das Gesundheitsdatennutzungsgesetz, insbesondere im Hinblick auf neue Vorgehensweisen sowie Rechte und Verpflichtungen im Rahmen Ihrer unternehmerischen Praxis. Sprechen Sie uns bei Bedarf gerne an.

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