Dr. Melanie Ries
Jessica Diehl
Anlässlich der derzeit stattfindenden Fußballweltmeisterschaft stellt sich die Frage, wie die WM aus markenrechtlicher Sicht zu beurteilen ist.
Eine rechtlich spannende Frage ist dabei vor allem, inwieweit sogenannte „Ereignismarken“ Markenschutz genießen können.
Mit diesem Thema haben sich bereits in der Vergangenheit unterschiedliche Gerichte beschäftigt. Das Fazit lautet: Bloße Bezeichnungen wie „FUSSBALL WM mit Nennung der Jahreszahl“, also auch die Bezeichnung „FUSSBALL WM 2018“ können keinen Markenschutz erlangen.
Markenrechte der FIFA
Zahlreiche Markenregistrierungen im Namen der FIFA
Bekanntermaßen wird das Großereignis WM von der FIFA veranstaltet. Selbstverständlich hat diese auch zahlreiche Marken im Zusammenhang mit der WM registrieren lassen. Beispielhaft kann hier die Bezeichnung „WORLD CUP 2018“, die als Unionsmarke Nr. 009 565 342 am 01. Dezember 2010 angemeldet und am 03. Juni 2011 registriert wurde, genannt werden.
Die Markenrechte der FIFA sind natürlich von Dritten zu beachten. Dritte, die mit Markenrechten der FIFA werben möchten, dürfen dies nur mit einer entsprechenden Erlaubnis der FIFA. Üblicherweise wird diese Erlaubnis im Rahmen einer Lizenzvereinbarung erteilt.
Bei der Bezeichnung „WORLD CUP 2018“ handelt es sich um eine geschützte Marke. Daran anknüpfend stellt sich umgekehrt die Frage, ob die Bezeichnung „FUSSBALL WM 2018“ von jedermann frei benutzt werden kann oder ob hier die Gefahr kostenpflichtiger Abmahnungen besteht.
Die Entscheidung des BGH vom 27.04.2006
Schutzfähigkeit der Bezeichnung „FUSSBALL WM 2006“
Im Jahr 2006 befasste sich der BGH mit der Frage, ob die Bezeichnungen „FUSSBALL WM 2006“ und „WM 2006“ als deutsche Marken eingetragen werden können (BGH, Beschluss vom 27. April 2006 – I ZB 96/05 – FUSSBALL WM 2006, und BGH, Beschluss vom 27. April 2006 – I ZB 97/05 – WM 2006).
Die Richter des BGH sahen es ebenso wie bereits die Richter des BPatG und kamen zu dem Ergebnis, dass der Bezeichnung „FUSSBALL WM 2006“ jegliche Unterscheidungskraft fehle und sie somit auch nicht als Marke geschützt werden könne (BGH a.a.O.).
Unterscheidungskraft einer Marke
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufge-fasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet
(BPatG, Beschluss vom 18. Mai 2018 – 30 W (pat) 33/15 – STEINPARK).
Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, sodass bereits jede Art von Unterscheidungskraft, sei sie auch noch so gering, als ausreichend anzusehen ist (BGH, Beschluss vom 27. April 2006 – I ZB 96/05 – FUSSBALL WM 2006).
Nicht unterscheidungskräftig sind aber sprachübliche Bezeichnungen von Ereignissen. Dies gilt dabei nicht nur für das Ereignis selbst, sondern auch für Waren und Dienstleistungen, die der Verkehr mit diesem Ereignis in Verbindung bringt. Ein gesellschaftliches Ereignis, wie z.B. ein Sportgroßereignis oder ein Großkonzert, kann eine rein umgangssprachliche Bezeichnung nicht zu einer Marke erstarken lassen. Auch eine Zusammenfas-sung solcher Bezeichnungen zu einer Kategorie als „Eventmarken“ oder „Ereignismarken“ kann gerade nicht zu geringeren Anforderungen an die Unterscheidungskraft führen. Es ist gerade üblich, sportliche Ereignisse wie die Europa- oder Weltmeisterschaft mit den Kurzbezeichnungen „EM“ und „WM“ zu benennen (so auch BGH, Beschluss vom 27. April 2006 – I ZB 96/05 – FUSSBALL WM 2006).
Die Richter führten ferner aus, dass die Bezeichnung „FUSSBALL WM 2006“ durch den Verkehr gerade als sportliches Ereignis und nicht als Hinweis auf einen dahinterstehenden Veranstalter als Markeninhaber auf-gefasst werde. Richtigerweise diene deswegen die Bezeichnung „FUSSBALL WM 2006“ daher lediglich als Bezugnahme auf dieses sportliche Großereignis. Der Bezeichnung „FUSSBALL WM 2006“ fehle die Eignung, Waren und Dienstleistungen einem Unternehmen zur Unterscheidung von Waren und Dienstleistungen anderer Unternehmen zu zuordnen.
Die Tatsache, dass die FIFA die Fußball-WM im Jahr 2006 veranstalte, erwecke – so die Richter des BGH – beim Verbraucher nicht die Vorstellung, dass mit der Bezeichnung „FUSSBALL WM 2006“ in Verkehr gebrachte Waren oder Dienstleistungen unter der Kontrolle der FIFA hergestellt oder erbracht werden und sie deswegen für die Qualität wie ein Warenproduzent oder Dienstleister verantwortlich gemacht werden könne.
Bezeichnung „WM 2006“ nicht per se schutzfä-hig
Differenzierende Betrachtungsweise für „WM 2006“
Ferner hatte der BGH auch zu prüfen, ob die Bezeichnung „WM 2006“ als Marke geschützt werden kann (BGH, Beschluss vom 27. April 2006 – I ZB 97/05 – WM 2006).
Dabei kam das Gericht konsequenter Weise zu dem Ergebnis, dass auch für die Bezeichnung „WM 2006“ im Grundsatz das Vorstehende gilt und von einer fehlenden Unterscheidungskraft auszugehen ist. Dies gilt aber nicht ohne Grenzen:
Bei der Bezeichnung „WM 2006“ könne nicht ohne Weiteres von einem glatt beschreibenden Bezug ausgegangen werden, dem jegliche Unterscheidungskraft fehle.
Die Richter stellten darauf ab, dass die Unterscheidungskraft bei allen Waren und Dienstleistungen fehle, die mit der Fußballweltmeisterschaft üblicherweise verbunden werden. Dies sind zum Beispiel alle mit einer Fußballweltmeisterschaft üblicherweise verbundenen Dienstleistungen wie Reisedienste, Beförderung und Bewirtung, aber auch Bekleidungsstücke, Zuckerwaren und Bier. Im Gegensatz dazu besteht bei Waren und Dienstleistungen, die alltäglich verwendet werden und gerade keinen besonderen Bezug zur WM aufweisen, die Unterscheidungskraft. Das Gericht hat beispielhaft technische Geräte, die alltägliche Verwendung finden, und Merchandisingprodukte, die keinerlei Bezug zur WM haben, aufgezählt.
Aus Sicht des BGH war entscheidend, dass der Verkehr die Bezeichnung „WM 2006“ im Hinblick auf Waren, die einen Bezug zur Weltmeisterschaft haben, als beschreibende Angabe verstehe und gerade als Hinweis auf das Sportereignis selbst, nicht aber als Hinweis auf den Anbieter.
Rechtliche Konsequenz
Auch im Jahr 2009 befassten sich deutsche Gerichte mit der Eintragungsfähigkeit von Marken im Zusammenhang mit der WM 2010. Zu nennen ist hier die Entscheidung des BPatG, die sich mit der Unterscheidungskraft der Bezeichnung „WM 2010“ befasst (BPatG, Beschluss vom 25.11.2009 – 25 W (pat) 38/09). Die Entscheidung des BPatG steht – wenig überraschend – im Einklang mit der zuvor dargestellten Rechtsprechung des BGH und entspricht im Ergebnis den Grundsätzen, die der BGH zur Bezeichnung „WM 2006“ aufgestellt hatte.
Insgesamt liegen damit mehrere gerichtliche Entscheidungen vor, die im Hinblick auf die markenrechtliche Beurteilung für die WM 2018 herangezogen werden können.
Daraus folgt, dass die Bezeichnung „FUSSBALL WM 2018“ wegen fehlender Unterscheidungskraft nicht als Marke registriert werden kann, diesbezüglich kein markenrechtlicher Schutz besteht und diese Bezeichnung frei verwendet werden kann. Einen Freibrief für die Benutzung der Bezeichnung „WM 2018“ gibt es hingegen nicht, da eine freie Benutzung nur für bestimmte Waren und Dienstleistungen gilt, die gerade einen Bezug zur WM aufweisen, wie zum Beispiel Bekleidungsstücke.