Referentenentwurf zu virtuellen WEG-Versammlungen, zur Anbringung von Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit von beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen

Frankfurt, 26.09.2023

Das Bundesjustizministerium hat einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von sogenannten Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit von beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen veröffentlicht. 

Der vorliegende Beitrag fasst die Regelungsinhalte dieses Gesetzesvorhabens schlaglichtartig zusammen.

Virtuelle Eigentümerver­sammlung

Derzeit können gemäß § 23 Abs. 1 WEG Wohnungseigentümerversammlungen nur als Präsenzveranstaltungen oder in hybrider Form, also Präsenzveranstaltungen mit Onlineteilnahmemöglichkeit, durchgeführt werden. Eine rein virtuelle Wohnungseigentümerversammlung ist bislang nicht möglich.

Der Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums sieht die Einfügung eines neuen § 23 Abs. 2a WEG vor. Gemäß dieser Regelung können die Wohnungseigentümer mit einer Dreiviertelmehrheit beschließen, Wohnungseigentümerversammlungen innerhalb eines Zeitraums von längstens drei Jahren ab Beschlussfassung rein virtuell durchzuführen. 

Da die Ausübung von Teilnahme-, Frage-, Rede- und Stimmrecht mit einer Präsenzveranstaltung vergleichbar sein muss, ist die Eigentümerversammlung als Videokonferenz mit Audio- und Videoverbindung in Echtzeit durchzuführen. Eine reine Telefonkonferenz oder eine Eigentümerversammlung per Chat scheidet aus. 

Das neue Gesetzesvorhaben hat den Vorteil, dass Eigentümerversammlungen schneller und häufiger organisiert werden können, und ermöglicht einen intensiveren Austausch zwischen den Eigentümern untereinander und mit der Hausverwaltung. Zudem sparen Eigentümer und Hausverwaltung Zeit und Kosten. An- und Abfahrt zum Versammlungsort entfallen und es müssen keine Räumlichkeiten, ggf. auch mit Veranstaltungstechnik, für eine hybride Eigentümerversammlung angemietet werden. 

Bei großen Eigentümergemeinschaften kann es jedoch problematisch werden, die Eigentümerversammlungen rein virtuell durchzuführen. Auch bei mehr als 100 Versammlungsteilnehmern muss jeder Eigentümer die Möglichkeit haben, sein Teilnahme-, Frage-, Rede- und Stimmrecht auszuüben. Eine solche Versammlung online zu leiten und jeden Eigentümer zu Wort kommen zu lassen, stellt eine nicht zu unterschätzende Herausforderung dar. Es ist daher nicht auszuschließen, dass es vermehrt zu Beschlussanfechtungen kommen wird. Zudem ist es möglich, dass einige Eigentümer nicht über die technische Ausstattung oder Fähigkeit verfügen, um an einer virtuellen Wohnungseigentümerversammlung teilnehmen zu können und damit faktisch von der Teilnahme ausgeschlossen werden. 

Wenn die entsprechende Gesetzesänderung in Kraft tritt, muss daher jede Wohnungseigentümergemeinschaft für sich im Einzelfall entscheiden, ob die virtuelle, die hybride oder die Präsenzversammlung für sie die geeignete Versammlungsform ist. 

Privilegierung von Steckersolargeräten

Ferner bringt der Referentenentwurf eine Privilegierung für sogenannte Steckersolargeräte im WEG- und Mietrecht mit sich. Aus Nachhaltigkeitsgründen soll die Anbringung solcher Geräte erleichtert werden. Steckersolargeräte sind kleine Photovoltaikanlagen mit bis maximal 600 Watt Wechselrichterleistung, die häufig an Balkonen montiert werden.

Für die Anbringung von Steckersolargeräten ist bislang ein Beschluss der Eigentümerversammlung erforderlich. Teilweise ist es in der Praxis jedoch schwierig, die erforderliche Mehrheit hierfür zu erlangen. Laut dem Referentenentwurf werden derzeit schätzungsweise ein Drittel der gestellten Anträge auf Anbringung solcher Geräte abgelehnt. Daher sollen zukünftig Steckersolargeräte in die Liste der privilegierten Maßnahmen gemäß § 20 Absatz 2 Satz 1 WEG aufgenommen werden, sodass ein Anspruch des Wohnungseigentümers auf eine zustimmende Beschlussfassung über die Anbringung von Stecksolargeräten besteht. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat dann lediglich hinsichtlich der genauen Durchführung der Maßnahme einen Entscheidungsspielraum. 

Zudem soll auch die mietrechtliche Parallelnorm in § 554 Abs. 1 BGB entsprechend angepasst werden, sodass zukünftig auch Mieter grundsätzlich einen Anspruch gegen den Vermieter auf Genehmigung der Anbringung von Steckersolargeräten haben könnten. 

Übertragbarkeit von Dienstbarkeiten

Zudem soll durch die Gesetzesänderung die Übertragbarkeit von beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten für Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien vereinfacht werden. 

Grundsätzlich sind beschränkte persönliche Dienstbarkeiten gemäß § 1092 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht übertragbar. Jedoch bestehen bereits gemäß § 1092 Abs. 2 und 3 BGB Ausnahmen, zum Beispiel für Anlagen zur Fortleitung von Elektrizität, Gas, Fernwärme, Wasser, Abwasser, Öl oder Rohstoffen. Dieser Ausnahmenkatalog soll nunmehr auf Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien im Sinne des § 3 Nr. 21 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) erweitert werden. 

Beschränkte persönliche Dienstbarkeiten haben bei Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien erhebliche Relevanz. Da solche Anlagen häufig auf fremden Grundstücken errichtet werden, sichert die beschränkte persönliche Dienstbarkeit das vertraglich vereinbarte Recht des Anlagenbetreibers auf Errichtung und Betrieb der Anlagen auf dem fremden Grundstück im Grundbuch dinglich ab. Zudem haben beschränkte persönliche Dienstbarkeiten den Vorteil, dass Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien trotz der festen Verbindung mit dem Boden im Sinne der §§ 94, 95 Absatz 1 Satz 2 BGB sonderrechtsfähig bleiben und damit als Sicherungsmittel für die Finanzierung eingesetzt werden können.

Findet ein Betreiberwechsel statt, muss bislang die Übertragbarkeit der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit über komplizierte rechtliche Lösungen gewährleistet werden. Durch die geplante Gesetzesänderung wird dem praktischen Bedürfnis für eine leichtere Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien Rechnung getragen. 

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