Vergütung von Betriebsratsmitgliedern – Rechtssicherheit durch Gesetzesänderung?

Hamburg, 27.11.2023

Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt. Ihr Arbeitsentgelt bekommen sie während ihrer Freistellung nach dem Lohnausfallprinzip fortgezahlt. Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) regelt in § 78 S. 2 BetrVG, dass Betriebsratsmitglieder wegen ihrer Tätigkeit weder benachteiligt, noch begünstigt werden dürfen. Darüber hinaus legt das BetrVG fest, dass das Arbeitsentgelt von Betriebsratsmitgliedern nicht geringer bemessen sein darf, als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung.

Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 10. Januar 2023- 6 StR 133/22) zur Frage der Untreue bei Verstößen gegen das betriebsverfassungsrechtliche Begünstigungsverbot hat in der Vergangenheit vermehrt zu Rechtsunsicherheiten bei der Anwendung der genannten Grundsätze geführt.

Diese Unklarheiten sollen nun im Rahmen des Zweiten Gesetzes zur Änderung des BetrVG (Bundesrat, Drucksache 564/23) beseitigt werden.

BGH: Untreue bei überhöhter Betriebsratsvergütung möglich

Dem Gesetzesentwurf liegen das Urteil des Bundesgerichtshofs aus Januar 2023 sowie die in der Folge aufgetretenen Rechtsunsicherheiten zugrunde.

Der Bundesgerichtshof entschied, dass im Falle einer überhöhten Vergütung eines Betriebsratsmitglieds neben einem Verstoß gegen das BetrVG darüber hinaus der Straftatbestand der Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) erfüllt sein kann. Der Bundesgerichtshof hatte mit dieser Entscheidung die Freisprüche von vier Personalmanagern der Volkswagen AG aufgehoben, die jahrelang Steigerungen der Arbeitsentgelte und freiwillige Bonuszahlungen an Betriebsratsmitglieder bewilligt hatten.

Zwar bezog sich der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung auch auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Es wurde jedoch nicht in allen Einzelheiten deutlich, wonach der Bundesgerichtshof die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern bestimmte.

Darüber hinaus berücksichtigt der Entwurf die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Benachteiligungsverbot von Betriebsratsmitgliedern in wirtschaftlicher und beruflicher Hinsicht (zuletzt BAG, Urteil vom 23. November 2022 - 7 AZR 122/22) und konkretisiert diese weiter.

Ziele des Gesetzesentwurfs: Sicherheit bei Vergütung von Betriebsratsmitgliedern

Reduzierung der Risiken von Verstößen gegen das Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot

Der Gesetzesentwurf soll es Arbeitgebern und betriebsverfassungsrechtlichen Amtsträgern erleichtern, das Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot einzuhalten. Hierfür sieht es Änderungen bzw. Ergänzungen in Bezug auf § 37 Abs. 4 BetrVG und § 78 BetrVG vor.

§ 37 Abs. 4 BetrVG

§ 37 Abs. 4 BetrVG regelt bislang „nur“, dass das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden darf als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Ergänzt werden soll nunmehr, dass zur Bestimmung eben dieser vergleichbaren Arbeitnehmer auf den Zeitpunkt der Übernahme des Betriebsratsamtes abzustellen ist, soweit nicht ein sachlicher Grund für eine spätere Neubestimmung vorliegt.

Darüber hinaus soll die Möglichkeit des Abschlusses einer Betriebsvereinbarung aufgenommen werden (zur Zulässigkeit einer diesbezüglichen Betriebsvereinbarung bereits BAG, Urteil vom 18. Januar 2017 - 7 AZR 205/15), die ein Verfahren zur Festlegung vergleichbarer Arbeitnehmer regelt. Dabei soll der Überprüfungsspielraum dieser Betriebsvereinbarung auf grobe Fehlerhaftigkeit beschränkt werden.

Da insoweit keine Vorgaben für die Bestimmung der Kriterien gemacht werden, gilt es, sich an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu orientieren, wonach eine Vergleichbarkeit mit anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern besteht, die zur Zeit der Amtsübernahme ähnliche, im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeiten ausgeführt haben und dafür in gleicher Weise in fachlicher und persönlicher Hinsicht qualifiziert waren (vgl. BAG, Urteil vom 23. November 2022 - 7 AZR 122/22).

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist eine grobe Fehlerhaftigkeit gegeben, wenn sich die Vergleichbarkeitsmerkmale nicht hieran orientieren, sachwidrig sind oder Kriterien unberücksichtigt oder unverhältnismäßig gewertet werden (vgl. Bundesrat, Drucksache 564/23).

§ 78 BetrVG

Das Begünstigungs- und Benachteiligungsverbot des § 78 BetrVG soll klarstellend dahingehend ergänzt werden, dass eine Begünstigung oder Benachteiligung bezüglich des Arbeitsentgelts nicht vorliegt, wenn das entsprechende Mitglied die für die Gewährung des Arbeitsentgelts erforderlichen betrieblichen Anforderungen und Kriterien erfüllt und die Festlegung nicht ermessensfehlerhaft erfolgt.

Ausblick für die betriebliche Praxis

Sollte das Gesetz wie vorgesehen verabschiedet werden, würde dies zwar zu klarstellenden gesetzlichen Regelungen in Bezug auf die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern beitragen. Zudem würden Anreize für die Betriebsparteien geschaffen, die Vergleichbarkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern offener und transparenter zu gestalten. Dennoch bleibt festzuhalten, dass der Gesetzesentwurf keine bahnbrechenden Neuregelungen mit sich bringt, da er sich – was insbesondere die Bezugnahmen in der Gesetzesbegründung zeigen – nah an der bereits bestehenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts orientiert.

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