Strompreiskompensation

28.02.2014

[Berlin, ] Ausnahmsweise bis zum 30. Mai 2014 für das zurückliegende Jahr 2013 und dann in den Folgejahren jeweils bis 31. März des auf das beantragte Jahr folgenden Jahres können Unternehmen mit stromintensiven Produktionsprozessen Beihilfen zur Kompensation der im Strompreis enthaltenen indirekten CO2-Kosten beantragen. Die Anträge sind in elektronischer Form bei der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) im Umweltbundesamt zu stellen. Die Berechnung und Auszahlung der Beihilfen wird sich erst an den Ablauf der Antragsfrist, in 2014 also an den 30. Mai 2014, anschließen. Sie wird deshalb erst voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2014 erfolgen. Derzeit ist von den Unternehmen aber korrespondierend mit dem laufenden Zuteilungsverfahren von Zertifikaten für die Zuteilungsperiode ab 2013 zunächst zu prüfen, ob eine Antragstellung in Betracht kommt und – wenn ja – diese fristwahrend zu erledigen.

I. Hintergrund

Im Jahr 2005 wurde das Europäische Emissionshandelssystem (EU-ETS) eingeführt. Ziel war es, auf supranationaler Ebene kostengünstig CO2-Emissionen zu senken und damit dem Klimawandel entgegenzuwirken. Die europäische Richtlinie 2003/87/EG bildete die rechtliche Grundlage des weltweit größten Handels mit Emissionszertifikaten.

Mit der Richtlinie 2009/29/EG wurde die erstgenannte Richtlinie in wesentlichen Punkten überarbeitet. Nach Artikel 10a Absatz 6 der Richtlinie 2003/87/EG in der Fassung aus 2009 können die Mitgliedstaaten zugunsten der Sektoren bzw. Teilsektoren, bei denen ein erhebliches Risiko einer Verlagerung von CO2-Emissionen durch auf den Strompreis übergewälzte Kosten der Treibhausgasemissionen angenommen wird, staatliche Beihilfen gewähren, um diese Kosten auszugleichen. Die Bekämpfung der Gefahr einer Verlagerung von CO2-Emissionen wird als ein Umweltziel gesehen. Die Beihilfen zielen in Ermangelung einer bindenden internationalen Vereinbarung über die Reduktion von Treibhausgasemissionen darauf ab, einen durch die Verlagerung von Produktionstätigkeiten an Standorte außerhalb der Europäischen Union bedingten Anstieg der globalen Treibhausgasemissionen zu verhindern.

Zur Verringerung des Risikos einer Verlagerung von Produktionstätigkeiten an Standorte außerhalb der Europäischen Union wurde mit der in 2013 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie erlassenen „Richtlinie für Beihilfen für Unternehmen in Sektoren bzw. Teilsektoren, bei denen angenommen wird, dass angesichts der mit den EU-ETS-Zertifikaten verbundenen Kosten, die auf den Strompreis abgewälzt werden, ein erhebliches Risiko der Verlagerung von CO2-Emissionen besteht (Beihilfen für indirekte CO2-Kosten)“ (im Folgenden die „Richtlinie“) in Deutschland auf nationaler Ebene die Gewährung von Beihilfen zum Ausgleich der auf den Strompreis übergewälzten Kosten der Treibhausgasemissionen geregelt („Strompreiskompensation“). Beihilferechtliche Grundlage für diese Richtlinie sind auch die von der Europäischen Kommission beschlossenen „Leitlinien für bestimmte Beihilfemaßnahmen im Zusammenhang mit dem System für den Handel mit Treibhausgaszertifikaten nach 2012“ (Beihilfe-Leitlinien). Aufgrund von beihilferechtlichen Vorgaben der Europäischen Kommission wurde die nationale Richtlinie mit der Bekanntmachung vom 23. Juli 2013 nochmals geändert und den Beihilfe-Leitlinien der Europäischen Kommission angeglichen.

II. Regelungsinhalt

Eckdaten der Strompreiskompensation in Deutschland sind:

Antragsberechtigt bezüglich einer Strompreiskompensation sind grundsätzlich alle Unternehmen, die in einer oder mehreren Anlagen Produkte herstellen, die unter einen der in Anhang II der Beihilfe-Leitlinien genannten Sektoren oder Teilsektoren fallen. Zu diesen Sektoren gehören beispielsweise der Eisenerzbergbau und die Gewinnung von Mineralien, die Erzeugung von Aluminium, Blei, Zink, Zinn, Roheisen und Stahl, die Herstellung von Chemikalien, Düngemitteln, Lederbekleidung, Papier, Karton und Pappe sowie die Baumwollaufbereitung. Die Berechnung des zu bestimmenden Gesamtbeihilfebetrages aus der Summe der Beihilfebeträge für die einzelnen Anlagen erfolgt nach einem ausführlich beschriebenen und differenzierten Formelwerk. Es ist ferner ein Selbstbehalt vorgesehen. Ein Antragserfordernis besteht dahingehend, dass Beihilfeanträge für die Abrechnungsjahre 2013 bis 2020 jeweils bis zum 30. März des auf das Abrechnungsjahr folgenden Kalenderjahres zu stellen sind. Daneben bestimmt die Richtlinie verschiedene verwaltungstechnische Verfahrensvorgaben und Zuständigkeiten. Die Richtlinie gilt – angelehnt an die Struktur des Einführungsprozesses des Europäischen Emissionshandelssystems – zunächst nur für den Zeitraum der dritten Handelsperiode und mithin für die Abrechnungsjahre 2013 bis 2020.

350 Millionen Euro Gesamtvolumen sind im Haushaltsplan 2014 für eine Strompreiskompensation in Deutschland bereit gestellt.

III. Verfahrensgang

Die DEHSt ist die nationale Bewilligungsbehörde für die Strompreiskompensation. Sie hat auf ihrer Internetseite unter www.dehst.de nicht nur Links zur Antragstellung und zum Formular-Management-System festgehalten, sondern auch einen Leitfaden für Antragsteller zum Download bereitgestellt, der dort aufgerufen werden kann.

Der Leitfaden vermittelt allgemeine Hinweise zum Antragsverfahren. Er hat nicht den Anspruch, jeden Einzelfall zu regeln (was ohnehin dem jeweiligen Verfahren vorbehalten bleiben muss), sondern fasst vereinfachend noch einmal die Liste der beihilfeberechtigten Sektoren und Teilsektoren nach NACE-Revision 1.1 (2007) gemäß der maßgeblichen EU-Beihilfe-Leitlinien zusammen und beschreibt über eine ebenfalls beigefügte Liste der Prodcom-Codes die beihilfeberechtigten Antragsteller. Erläutert wird ferner, dass Beihilfen (i) Unternehmen erhalten, die Produkte aus beihilfeberechtigten Sektoren herstellen. Soweit für diese beihilfefähigen Produkte produktspezifische Stromeffizienzbenchmarks bereits existieren (Benchmarks), liegen der Berechnung der Beihilfe diese Benchmarks zugrunde. (ii) Soweit Produkte beihilfefähig sind, für die es keine Benchmark gibt, muss sich die Beihilfe nach dem Stromverbrauch für die Herstellung dieser Produkte richten. Sie wird dann mit einem einheitlichen Fallback-Stromeffizienzbenchmark-Faktor (Fallback-Faktor) korrigiert. Neben dieser nicht ganz unkomplizierten Herleitung veranschaulicht der Leitfaden auch Definitionen und Abgrenzungen.

IV. Eigenerzeugter Strom

Nach den Beihilfe-Leitlinien der EU-Kommission dürfte die Eigenstromerzeugung einer Strompreiskompensation grundsätzlich zugänglich sein. Denn dort heißt es in Anlage IV:

„Um eine Gleichbehandlung der Stromquellen zu gewährleisten und Missbrauch vorzubeugen, gilt für alle Strombezugsquellen (Eigenerzeugung, Stromlieferungsvertrag und Netzversorgung) und für alle Beihilfeempfänger in den betreffenden Mitgliedsstaaten derselbe CO2-Emissionsfaktor.“

Unter Ziff. 3.11 ist im Leitfaden dazu nunmehr festgehalten:

„Die „EU-Beihilfe“-Leitlinien definieren indirekte CO2-Kosten als einen „Anstieg der Strompreise infolge der Einbeziehung der Kosten von Treibhausgasemissionen im Rahmen des EU-ETS“ […] beziehungsweise als „auf den Strompreis übergewälzte Kosten der Treibhausgasemissionen“ […]. Grundsätzlich dient die Strompreiskompensation dazu, diese Kosten auszugleichen […]. Ein Stromlieferungsvertrag enthält CO2-Kosten, wenn mindestens ein Teil des gelieferten Stroms aus fossilen Energieträgern gewonnen wurde. Dies muss dem Antragsteller von Energielieferanten über die Stromkennzeichnung nach § 42 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) bestätigt werden. […] Sollte kein Stromlieferungsvertrag vorliegen (z. B. bei Eigenerzeugungsanlagen), so wird der Stromverbrauch nur berücksichtigt, wenn die Anlagen, von denen der Strom bezogen wird, emissionshandelspflichtig sind und für den erzeugten Strom kein Vergütungsanspruch nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz besteht. Bei Stromerzeugungsanlagen, die am Emissionshandel teilnehmen, wird davon ausgegangen, dass die Stromerzeugung mit CO2-Kosten verbunden ist. Ein gesonderter Nachweis über CO2-Kosten ist dann nicht erforderlich. Die Kompensation erfolgt bei diesen Anlagen unabhängig von den eingesetzten Brennstoffen und tatsächlichen CO2-Emissionen der Anlagen. Auch für eigenerzeugten Strom gilt, dass er nur einer Anlage zugeordnet werden darf, in der er tatsächlich verbraucht wurde.“

V. Fazit

Abzuwarten bleibt, wie viele der in der praktischen Handhabung anstehenden Fragen durch den Leitfaden der DEHSt ausgeräumt worden sind. Interessant dürfte insbesondere die tatsächliche Bescheidung der Eigenstromerzeugung sein. Da diese über die anstehende Reform des EEG der Befreiung der EEG-Umlage verlustig zu gehen scheint, dürften viele wirtschaftlich bisher durchaus sinnvolle Projektkonstellationen mit Blick auf eine Strompreiskompensation einerseits und den Beibehalt des EEG-Umlagebefreiungsprivilegs andererseits in den nächsten Monaten auf dem Prüfstand stehen.

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