Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz – SanInsFoG)

29.12.2020

Am 18. Dezember 2020 hat der Bundestag das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz (im Folgenden: SanInsFoG)) verabschiedet; das Gesetz ist am 19. Dezember 2020 im Bundesrat gebilligt worden und wird zum 1. Januar 2021 in Kraft treten. Im Zentrum des SanInsFoG steht die Schaffung eines vorinsolvenzlichen Restrukturierungsrahmens durch das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (im Folgenden: StaRUG), welches die EU-weiten Vorgaben der Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 umsetzen soll („Restrukturierungs-RL“). Darüber hinaus sieht das SanInsFoG Änderungen der Insolvenzordnung (InsO) vor, die zum einen der Harmonisierung des StaRUG mit dem Sanierungsinstrumentarium der Insolvenzordnung dienen sollen, zum anderen Erkenntnisse aus der Evaluation des Ende 2011 in Kraft getretenen Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) aufgreifen.

Weitere Regelungen des SanInsFoG erfolgen vor dem Hintergrund der erheblichen wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie. Das SanInsFoG soll auch dazu dienen, dem erheblichen Sanierungs- und Restrukturierungsbedarf, der durch die COVID-19-Pandemie bereits verursacht worden ist und noch werden wird, noch effektiver begegnen zu können als mit dem bislang zur Verfügung stehenden Sanierungsinstrumentarium. Zu diesem Zweck werden vorübergehende Erleichterungen der Zugangsvoraussetzungen für die insolvenzrechtliche Eigenverwaltung vorgesehen, der Überschuldungstatbestand für eine Übergangsphase angepasst und die im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie geregelte Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für bestimmte Fälle noch einmal bis Ende Januar 2021 verlängert.
Dem SanInsFoG in seiner nun verabschiedeten Fassung ist ein Regierungsentwurf vom 14. Oktober 2020 vorausgegangen, über dessen Eckpunkte wir bereits in unserem Legal Update vom 21. Oktober 2020 informiert hatten. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens hat der Regierungsentwurf allerdings noch einige wesentliche Änderungen erfahren.  Daher stellen wir Ihnen im Folgenden die in der endgültigen Fassung des SanInsFoG geregelten Neuerungen für das Restrukturierungs- und Insolvenzrecht, die am 1. Januar 2021 in Kraft treten, vor.

A. Änderung der Insolvenzantragsgründe und Verlängerung der zeitweisen Aussetzung der Insolvenzantragspflicht

Noch nicht zahlungsunfähige (§ 17 InsO) oder überschuldete (§ 19 InsO) Unternehmen sollen, sobald ihre Zahlungsunfähigkeit droht, Zugang zu einem vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahren erhalten. Ein solches wird in Form des Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetzes zur Verfügung gestellt.

Um dieses vorinsolvenzliche Verfahren stärker von der Insolvenz selbst abzugrenzen (sog. „Abstandsgebot“) werden die für die Liquiditätsvorausschau geforderten Prognosezeiträume für Überschuldung (§ 19 InsO) und drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO), die bisher für beide Tatbestände weitgehend identisch waren, ausdifferenziert.

Das StaRUG sieht vor, dass für die Bestimmung der drohenden Zahlungsunfähigkeit künftig „in aller Regel ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen“ ist, während für die Fortbestehensprognose im Rahmen der Überschuldung ein Prognosezeitraum von nur noch 12 Monaten gelten soll.

Praxishinweis: Die Einschränkung „in aller Regel“ zeigt, dass im Einzelfall je nach den besonderen individuellen Umständen abweichende Maßstäbe gelten können. Auch in Fällen, in denen ein Liquiditätsengpass außerhalb des 24-Monats-Zeitraums ersichtlich wird, müssten sich Geschäftsleiter also (sowohl künftig als auch bisher) mit der Frage einer drohenden Zahlungsunfähigkeit auseinandersetzen.

Eine insolvenzrechtliche Überschuldung soll die Geschäftsleiter haftungsbeschränkter Gesellschaften (insbesondere GmbH, GmbH & Co. KG und AG) ebenso wie die (eingetretene) Zahlungsunfähigkeit auch weiterhin zur Stellung eines Insolvenzantrags verpflichten. Allerdings sieht das SanInsFoG für den Fall der Überschuldung eine Verlängerung der maximalen Insolvenzantragsfrist von bislang drei auf künftig sechs Wochen vor. Dadurch soll es Geschäftsleitern ermöglicht werden, die Überschuldung abzuwenden.

Praxishinweis: Trotz Verlängerung der Antragsfrist im Fall der Überschuldung müssen Geschäftsleiter beachten, dass die Frist nach wie vor nur zur Verfügung steht, soweit der Antragsteller davon ausgehen darf, die Überschuldung innerhalb des sechs-Wochen-Zeitraums ausräumen zu können. Steht bereits vor Fristablauf fest, dass sich die Überschuldung nicht mehr rechtzeitig beseitigen lassen wird, ist der Insolvenzantrag unverzüglich zu stellen. Wenn die Beseitigung der Überschuldung auch bislang nicht gelungen und ein Restrukturierungsplan nicht vorbereitet oder nicht erfolgversprechend ist, wird ab dem 1. Januar 2021 in jedem Einzelfall genau zu prüfen sein, ob und inwieweit die sechswöchige Antragsfrist noch ausgenutzt werden darf.

Um den besonderen Umständen der COVID-19-Pandemie Rechnung zu tragen, soll der Überschuldungsbegriff für einen Übergangszeitraum zwischen dem 1. Januar 2021 und dem 31. Dezember 2021 allerdings zunächst nur abgeschwächt gelten, indem der Zeitraum für die Fortbestehensprognose für Unternehmen, deren Überschuldung auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist, von zwölf auf vier Monate verkürzt wird. Dabei wird die Ursächlichkeit der Pandemie vermutet, wenn der Umsatz eines Unternehmens  aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit in 2020 gegenüber dem Vorjahr um mind. 30% eingebrochen ist, der Schuldner am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig war und im letzten vor dem 1. Januar 2020 abgeschlossenen Geschäftsjahr ein positives Ergebnis aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit erzielt hat (§ 4 CoVInsAG).

Das SanInsFoG sieht – für bestimmte Fälle – auch nochmals eine COVID-Sonderregelung zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis Ende Januar 2021 vor. Nachdem die Erleichterungen des CovInsAG für infolge der COVID-19-Pandemie insolvenzbedrohte Unternehmen zunächst bis Ende September vorgesehen waren (siehe dazu unser Legal Update vom 3. April 2020), wurde die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht unter den darin vorgesehenen Voraussetzungen zwischenzeitlich für den Fall der Überschuldung bis zum 31. Dezember 2020 verlängert. Im Rahmen des SanInsFoG möchte der Gesetzgeber für Unternehmen, die die Voraussetzungen für die staatlichen Hilfsprogramme zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie erfüllen, diese aber bislang noch nicht erfolgreich in Anspruch nehmen konnten, die Antragspflicht im Rahmen des CovInsAG nun erneut aussetzen, um eine Inanspruchnahme der entsprechenden Stützungsmaßnahmen zu ermöglichen. Nach § 1 Abs. 3 CovInsAG sind Geschäftsführer haftungsbeschränkter Gesellschaften – unter den weiteren Voraussetzungen des § 1 CovInsAG  (siehe dazu im Einzelnen unser Legal Update vom 3. April 2020) – trotz Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung nicht zur Stellung eines Insolvenzantrags verpflichtet, wenn sie entweder (i) im Zeitraum zwischen dem 1. November 2020 und 31. Dezember 2020 einen Antrag auf Gewährung finanzieller Hilfen im Rahmen der COVID-Hilfsprogramme gestellt haben oder (ii) einen solchen Antrag aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht stellen konnten, sie aber antragsberechtigt sind. Unternehmen, für die offensichtlich keine Aussicht auf Erlangung der finanziellen Stützungsmaßnahmen besteht oder für die diese Maßnahmen nicht zur Beseitigung ihrer Insolvenzreife ausreichen, profitieren nicht von der Aussetzung der Antragspflicht.

B. Geschäftsleiterpflichten in der Krise

Das StaRUG verpflichtet Geschäftsleiter nun ausdrücklich zur Einrichtung eines Krisenfrühwarnsystems und entsprechenden Reaktion auf erkennbar werdende wirtschaftliche Bedrohungen (§ 1 Abs. 1 StaRUG). Weitergehende Pflichten, die sich aus anderen Gesetzen ergeben, bleiben hiervon unberührt (§ 1 Abs. 3 StaRUG).

Im Rahmen eines Restrukturierungsverfahrens nach dem StaRUG haben die Geschäftsleiter zudem darauf hinzuwirken, dass der Schuldner die Restrukturierungssache mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters betreibt und die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger wahrt. Für die Verletzung dieser Pflicht haften sie dem Schuldner in Höhe des den Gläubigern entstandenen Schadens, es sei denn sie haben die Pflichtverletzung nicht zu vertreten (§ 43 StaRUG).

Eine wesentliche Neuerung für Geschäftsleiter, die noch im Regierungsentwurf vorgesehen war, hat das SanInsFoG in der nun verabschiedeten Fassung allerdings aufgegeben: Nach dem Regierungsentwurf sollten die Geschäftsleiter haftungsbeschränkter Gesellschaften noch ausdrücklich dazu verpflichtet werden, das Management der Gesellschaft ab dem Eintritt bereits der drohenden Zahlungsunfähigkeit primär am Interesse der Gläubiger und nur nachrangig an dem der Gesellschafter, aber auch anderer Stakeholder („sonstige Betroffene“) auszurichten (sog. Shift of Fiduciary Duties). Bereits zu der momentan noch geltenden Rechtslage wird in der Literatur allerdings zum Teil bereits vertreten, dass Geschäftsleiter bei drohender Zahlungsunfähigkeit verpflichtet seien, Sanierungsmaßnahmen (einschließlich der Stellung eines Insolvenzantrages in Eigenverwaltung) zu prüfen und gegebenenfalls auch gegen den Widerstand der Gesellschafter durchzusetzen (vgl. Hölzle, ZIP 2013, 1846). Es bleibt daher abzuwarten, ob und inwieweit sich in der Rechtsprechung und der wissenschaftlichen Diskussion auch ohne dessen ausdrückliche Normierung ein Shift of Fiduciary Duties über eine richtlinienkonforme Auslegung der allgemeinen Regelungen zu den Handlungspflichten von Geschäftsleitern (insbesondere § 43 Abs. 1 GmbHG, § 93 Abs. 1 AktG), ausformen wird. Anknüpfungspunkt für eine entsprechende Auslegung wäre Art. 19 der Restrukturierungsrichtlinie, wonach die Mitgliedstaaten sicherzustellen haben, dass Geschäftsleiter bei einer „wahrscheinlichen Insolvenz“ unter anderem „die Interessen der Gläubiger, Anteilsinhaber und sonstiger Interessenträger“ sowie die „Notwendigkeit, Schritte einzuleiten, um eine Insolvenz abzuwenden“ berücksichtigen.

Praxishinweis: Da sich Geschäftsleiter angesichts der Vorgaben der Restrukturierungsrichtlinie unabhängig von der Streichung der ursprünglich vorgesehenen Regelung künftig noch stärker als bisher in einem Spannungsfeld zwischen Gläubiger- und Gesellschafterinteressen bewegen, erscheint es umso wichtiger, dass sie in Krisensituationen genau dokumentieren, wie und aus welchen Gründen sie von ihrem Handlungsermessen Gebrauch machen. Nur so lässt sich die Gefahr von Rückschauverzerrungen aus einer ex-post-Perspektive minimieren, wenn die Entscheidungen der Geschäftsleiter in einem späteren Haftungsprozess gerichtlich überprüft werden sollten.

C. Wesentliche Eckpunkte des Restrukturierungsrahmens

I. Restrukturierungsplan

Kern des StaRUG ist die Bereitstellung eines an das Insolvenzplanverfahren angelehnten Restrukturierungsplans, der auch gegen den Widerstand dissentierender Minderheiten verbindlich durchgesetzt werden kann. Der Restrukturierungsplan ermöglicht eine flexible Gestaltung der Rechtsverhältnisse eines drohend zahlungsunfähigen Schuldners in Gestalt eines `Baukastensystems´ aus dem sich der Schuldner diejenigen Instrumente herausnehmen kann, derer er in seiner spezifischen Sanierungssituation bedarf. Dementsprechend handelt es sich auch nicht um ein Kollektivverfahren, sondern kann der Plan auf die Einbeziehung bestimmter, nach „sachgerechten Kriterien“ (§ 8 StaRUG) ausgewählter Gläubigergruppen beschränkt werden. Das StaRUG soll so die Lücke zwischen den Sanierungsmöglichkeiten innerhalb eines Insolvenzverfahrens und den außer-insolvenzlichen konsensualen Restrukturierungslösungen schließen und das Obstruktionspotential einzelner „Akkord-Störer“ beseitigen. Von der Einbeziehung in eine Restrukturierung nach dem StaRUG sind allerdings Forderungen von Arbeitnehmern, Forderungen aus vorsätzlichen unerlaubten Handlungen und Geldstrafen ausgeschlossen.

Bei der Ausgestaltung des Restrukturierungsplans und der mit ihm umzusetzenden Maßnahmen gilt, wie beim Insolvenzplan auch, grundsätzlich das Primat der Vertragsfreiheit. Es herrscht damit im Grundsatz Gestaltungsfreiheit, wobei das StaRUG ausdrücklich die folgenden Rechtsverhältnisse als der Gestaltung zugänglich hervorhebt:

  • Verbindlichkeiten des Schuldners (etwa durch (teilweisen) Forderungsverzicht),
  • vom Schuldner bestellte Sicherheiten sowie
  • (gegen angemessene Kompensation) von mit dem Schuldner verbundenen Unternehmen bestellte Drittsicherheiten (etwa durch Sicherheitenfreigabe),
  • vertragliche  „Einzelbestimmungen“ in mehrseitigen Rechtsverhältnissen zwischen dem Schuldner und einer Mehrzahl von Gläubigern, gemeint sind insbesondere Konsortialkreditverträge (etwa durch Verlängerung von Fälligkeiten, Änderung von sog. Covenants oder Kündigungsgründen in einem Konsortialkreditvertrag), aber unter Umständen auch Anleihebedingungen (wobei bei Letzteren im Einzelfall abzuwägen ist, ob die Einbeziehung in einen Restrukturierungsplan Vorteile gegenüber einer (ggf. parallelen) Restrukturierung der Anleihe nach den bestehenden Regelungen des Schuldverschreibungsgesetzes bringt),
  • in diesen mehrseitigen Verträgen oder im Zusammenhang damit abgeschlossenen Interkreditorenvereinbarungen enthaltene Regelungen zwischen den Gläubigern, an denen der Schuldner selbst – wie im Fall von Interkreditorenvereinbarungen – gar nicht beteiligt sein muss (etwa durch Änderung erforderlicher Zustimmungsschwellen in Konsortialkreditverträgen oder Anpassung von Interkreditorenvereinbarungen),
  • an dem Schuldner bestehende Anteils- und Mitgliedschaftsrechte (etwa durch Debt-to-Equity-Swap).

Zu beachten ist, dass nach dem Vorbild des § 225a InsO auch die Beteiligung an dem Schuldner selbst, also die Rechte der Gesellschafter in den Plan einbezogen werden können. Dies war in der Diskussion als Einleitungshindernis kritisiert worden, weil der Gesellschafter so Gefahr laufe, seine Beteiligung im Rahmen der Restrukturierung zu verlieren, folgt aber dem Leitbild der weitgehenden Gestaltungsfreiheit.

Praxishinweis: Soweit gruppeninterne Drittsicherheiten in den Restrukturierungsplan einbezogen werden, muss der Wert der Drittsicherheiten entsprechend abgegolten werden. Die Regelung ist daher – uE zu Recht – vor allem als eine Maßnahme zur Vermeidung von Störpotential und von Folgeinsolvenzen dadurch zu verstehen, dass die Verwertung der Drittsicherheiten im Rahmen des Restrukturierungskonzepts koordiniert nach dem Vorbild des § 166 InsO erfolgt. Sie schafft darüber hinaus aber auch die Möglichkeit, neue Finanzierungen (siehe unter C. V.) flexibel zu gestalten, indem frei werdende Drittsicherheiten neuen Finanzierungsgläubigern zur Verfügung gestellt werden können.

Das StaRUG enthält – erwartungsgemäß – keinerlei Vorschriften zu den steuerlichen Folgen der Restrukturierung, weshalb es insoweit bei der Geltung des § 3a EStG verbleibt.

Praxishinweis: Auch das Restrukturierungsverfahren wird daher regelmäßig durch die Einholung einer verbindlichen Auskunft flankiert werden müssen. Da der Erhalt einer verbindlichen Auskunft jedenfalls in komplexen Restrukturierungen regelmäßig deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen wird, als die im Gesetz vorgesehenen Fristen es für die Durchführung eines Restrukturierungsplanverfahrens vorsehen, ist die rechtzeitige und umfassende Vorbereitung des Restrukturierungsprozesses unerlässlich. Der nötige Zeitlauf auch unter Berücksichtigung zu erwartender Bearbeitungszeiten bei der Finanzverwaltung determiniert den Handlungsmaßstab des Geschäftsleiters und muss bei der Auswahl des „richtigen“ Sanierungsintruments (konsensuale Restrukturierung, Restrukturierungsplan oder Eigenverwaltung?) berücksichtigt werden.

Zur Abstimmung über den Plan werden die in den Plan einzubeziehenden Beteiligten in Gruppen von Betroffenen mit gleicher Rechtsstellung eingeteilt (im Regelfall (1.) Gläubiger mit Sicherungsrechten, (2.) unbesicherte Gläubiger, (3.) Gläubiger, deren Forderungen in einem Insolvenzverfahren nachrangig wären; (4.) Anteilsinhaber). Betroffene innerhalb derselben Gruppe sind in dem Restrukturierungsplan grundsätzlich gleich zu behandeln. Bei der Anwendung des Gleichbehandlungsgebots kommt es zu Wechselwirkungen mit der Prüfung der Angemessenheit der Auswahl der in das Vorhaben einzubeziehenden Beteiligten, die nicht willkürlich sein darf, sondern durch das konkrete Vorhaben begründet sein muss.
Zur Annahme des Restrukturierungsplans ist grundsätzlich die Annahme durch jede Gruppe mit mindestens 75% der Stimmrechte erforderlich; die Stimmrechte richten sich für gesicherte Gläubiger nach dem Wert ihrer Sicherheiten, für ungesicherte Gläubiger nach dem Betrag ihrer Forderung und für Anteilsinhaber nach ihrem nominellen Anteil am gezeichneten Kapital oder Vermögen des Schuldners. Dissentierende Gläubigergruppen können allerdings überstimmt werden (sog. „Cross-Class Cram-Down“), wenn (i) die Betroffenen durch den Plan nicht schlechter gestellt werden als sie ohne Plan stünden, (ii) sie angemessen am wirtschaftlichen Wert der Restrukturierung beteiligt werden und (iii) die Mehrheit der Gruppen zugestimmt hat (bei nur zwei Gruppen soll es insoweit sogar genügen, wenn nur eine Gruppe zustimmt) (§ 26 StaRUG).

Praxishinweis: Durch eine geschickte Planarchitektur werden im Restrukturierungsplanverfahren Cram-Down-Entscheidungen auch gegen Mehrheiten möglich werden, wenn nur zwei Gruppen gebildet werden (dürfen), weil dann die Zustimmung der einen Gruppe genügt, um die Gläubiger in der ablehnenden Gruppe zu überstimmen.

II. Publizität des Verfahrens?

Das StaRUG soll außergerichtliche Sanierungen ermöglichen, deren Publizität sich im Grundsatz auf den Kreis der am Verfahren Beteiligten beschränkt. Aus diesem Grunde gibt es für die Aufnahme der Restrukturierungsverhandlungen und die Vorbereitung des Restrukturierungsplans, wie bei einer freien Restrukturierung auch, keine formellen Voraussetzungen. Eine Veröffentlichung des Verfahrens findet daher ebenfalls nicht statt.

Will der Schuldner den Plan allerdings gerichtlich vorprüfen, das Abstimmungsverfahren gerichtlich durchführen oder den Plan gerichtlich bestätigen lassen, was zum Bespiel im Falle der gruppenübergreifenden Mehrheitsentscheidung (des sog. Cross-Class Cram-Down) zwingend erforderlich ist, so muss er dem zuständigen Restrukturierungsgericht das Restrukturierungsvorhaben anzeigen. Dasselbe gilt, soweit Stabilisierungsanordnungen (Vollstreckungs- und/oder Verwertungssperre) oder sonstige Eingriffe in vertragliche Rechte beantragt oder beschlossen werden sollen (vgl. dazu C. III.). Auch in diesem Fall beschränkt sich die Publizität aber auf die an dem Verfahren Beteiligten, also die in das Verfahren einbezogenen Gläubiger.

Die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens beim zuständigen Restrukturierungsgericht hat den Vorteil, dass Insolvenzantragspflichten während der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache ruhen (§ 42 Abs. 1 StaRUG). Eine während des Verfahrens eintretende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung hat der Schuldner dem Gericht jedoch anzuzeigen, wobei die Unterlassung dieser Anzeige strafbewehrt ist. Das Gericht hebt die Restrukturierungssache dann auf, wenn nicht das Restrukturierungsvorhaben schon so weit umgesetzt ist, dass die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens offensichtlich nicht im Interesse der Gläubiger wäre oder die Insolvenzreife aus der Kündigung oder Fälligstellung einer Forderung nach Anzeige der Restrukturierungssache beim Gericht resultiert und der Erfolg des Restrukturierungsplans überwiegend wahrscheinlich ist.

III. Weitere Maßnahmen zur Absicherung des Restrukturierungsvorhabens

Bei dem vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahren handelt es sich um ein Baukastensystem. Der Schuldner kann in verschiedene Schubladen greifen und sich die Instrumente herausnehmen, derer es im konkreten Fall bedarf.

So soll das Gericht auf Antrag des Schuldners, um das Restrukturierungsvorhaben abzusichern, für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten Stabilisierungsanordnungen treffen können, mit denen Gläubigern die Durchsetzung ihrer Forderungen im Wege der Zwangsvollstreckung und die Verwertung von Sicherheiten untersagt wird (§ 49 StaRUG).

Praxishinweis: Bei der Möglichkeit der Anordnung eines Verwertungsstopps (§§ 49 Abs. 1 Nr. 2, 54 StaRUG) in Bezug auf mit Sicherungsrechten belastete Gegenstände nimmt das StaRUG vollumfänglich Bezug auf § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO. Nach der dazu ergangenen Rechtsprechung zur Unanwendbarkeit des Verwertungsstopps auf Umlaufvermögen (BGH v. 24.01.2019 – IX ZR 110/17) muss  in einem vorläufigen Insolvenzverfahren der vorläufige Insolvenzverwalter sicherstellen, dass die Sicherheitenbasis (Raumsicherungsübereignungen, sonstige Sicherheiten an Lagerbeständen, Vermieterpfandrechte) nicht durch weiteren Zugriff auf das Sicherungsgut reduziert wird. Diese Logik greift § 54 Abs. 2 StaRUG auf und verpflichtet den Schuldner bei Erlass eines Verwertungsverbots im Restrukturierungsverfahren zur Separierung oder Auskehr der Erlöse aus der Einziehung sicherungsabgetrener Forderungen oder der Veräußerung oder Verarbeitung beweglicher Sachen, an denen Sicherungsrechte bestehen, sofern mit den Sicherungsnehmern keine anderweitige Vereinbarung besteht. Das bedeutet, dass die Geschäftsführung bzw. der Restrukturierungsbeauftragte gehalten sein werden, nach Möglichkeit „unechte (Masse)Kreditvereinbarungen“ mit den Sicherungsnehmern abzuschließen, um Sicherheitenerlöse nicht separieren zu müssen.

Während des Moratoriums wird auch das Insolvenzantragsrecht für Gläubiger des Schuldners ausgesetzt (§ 58 StaRUG). Die Anordnungsdauer kann unter bestimmten Umständen bei Unterbreitung eines Planangebots um einen weiteren Monat und, nachdem der Antrag auf gerichtliche Bestätigung gestellt worden ist, auf bis zu acht Monate nach der Erstanordnung verlängert werden. Das Restrukturierungsvorhaben kann also durch ein Moratorium gegenüber allen beteiligten Gläubigern flankiert werden.

Praxishinweis: In der Praxis wird genau abgewogen werden müssen, ob eine Erstreckung des Verfahrens insbesondere auf Lieferantengläubiger sachdienlich und sanierungsförderlich ist. Denn deren Einbeziehung wird regelmäßig die Kündigung der Linien durch Warenkreditversicherer, jedenfalls aber deren Einfrieren nach sich ziehen, was den Liquiditätsbedarf des schuldnerischen Unternehmens wegen der deutlichen Reduzierung von Zahlungszielen oder sogar des Umstellens auf Vorkasse merklich erhöhen würde. Ein dadurch entstehender Working Capital-Bedarf müsste dann wieder von Finanzierern bereitgestellt werden, weil gegenläufige Liquiditätsvorteile, wie im Insolvenzverfahren z.B. der Insolvenzgeldeffekt, dem gerade nicht gegenüberstehen.

§ 44 StaRUG enthält außerdem eine an § 119 InsO angelehnte Regelung, wonach Vertragsklauseln, die eine Vertragsbeendigung an die Rechtshängigkeit eines Restrukturierungsplans oder die Inanspruchnahme des StaRUG knüpfen, unwirksam sind.

Der Regierungsentwurf des StaRUG sah darüber hinaus ursprünglich noch eine Regelung vor, nach der im Rahmen eines Restrukturierungsplanvorhabens gegenseitige Verträge des Schuldners beendet werden können sollten. Dies hätte es inbesondere Unternehmen mit Filialgeschäft ermöglicht, sich im Wege des Restrukturierungsplans von langfristigen Mietverträgen und damit unrentablen Standorten zu trennen. Nachdem das Instrument der Vertragsbeendigung im Gesetzgebungsverfahren im Hinblick auf die Vertragsfreiheit auf relativ breite Kritik gestoßen ist, soll diese Konsolidierungsmöglichkeit allerdings weiterhin allein dem Insolvenzverfahren vorbehalten bleiben. Im internationalen Vergleich bleibt das StaRUG damit etwa hinter dem „Dutch Scheme“, der niederländischen Variante für ein Restrukturierungsverfahren, zurück, das auch eine Beendigungsmöglichkeit für Dauerschuldverhältnisse vorsieht.

IV. Einbeziehung einer Restrukturierungsbeauftragten

Das Restrukturierungsverfahren ist als schuldnerautonomes Verfahren ausgestaltet. Grundsätzlich steuert daher der Schuldner das Restrukturierungsplanverfahren selbst und behält die Kontrolle über sein Unternehmen.

Sobald allerdings die Ebene der vollständig konsensualen Abwicklung verlassen wird, nämlich ein Mehrheitsbeschluss gegen Minderheiten durchgesetzt oder ein Moratorium angeordnet werden soll, sieht das StaRUG die Einbeziehung eines Restrukturierungsbeauftragten als unabhängige Kontroll- und Vermittlungsinstanz durch das Restrukturierungsgericht vor. Das Restrukturierungsgericht hat einen Restrukturierungsbeauftragten (von Ausnahmefällen abgesehen) insbesondere zu bestellen, wenn (i) Verbraucher, Kleinst-, kleine oder mittlere Unternehmen beteiligt werden, (ii) Stabilisierungsanordnungen erlassen werden, oder (iii) absehbar ist, dass sich der Plan nur gegen den Widerstand einzelner Planbetroffener durchsetzen lassen wird (§ 73 StaRUG). Der Umfang der dem Restrukturierungsbeauftragten übertragenen Kontroll- und Mitwirkungsbefugnisse liegt im Ermessen des Gerichts. Das Gericht kann den Restrukturierungsbeauftragten insbesondere auch als Sachverständigen mit bestimmten Prüfungsaufgaben betrauen (etwa zum Vorliegen drohender Zahlungsunfähigkeit oder der Angemessenheit einer Entschädigung für die Freigabe konzerninterner Drittsicherheiten).

Praxishinweis: Die vollständig autonome Durchführung des Verfahrens wird nach unserer Erwartung Theorie bleiben. Während rein konsensuale Restrukturierungen auch heute schon möglich sind, liegt der Vorteil des Verfahrens gerade in der Möglichkeit der Anordnung eines Moratoriums und der Überstimmung von Minderheiten. Die Inanspruchnahme dieser Möglichkeiten wird aber zwingend zu der Einsetzung eines Restrukturierungsbeauftragten führen, der weitreichende (Überwachungs- und Prüfungs-)Aufgaben und Befugnisse schon deshalb erhalten wird, weil die Restrukturierungsgerichte innerhalb des vom Gesetz vorgesehenen Zeitrahmens kapazitativ regelmäßig nicht in der Lage sein werden, das Vorhaben umfangreich zu prüfen.

Praxishinweis: Der Restrukturierungsbeauftragte ist nach dem StaRUG auf Grundlage angemessener Stundensätze zu vergüten, deren Höhe durch das Restrukturierungsgericht unter Berücksichtigung der Komplexität der Restrukturierungssituation und der Qualifikation des Restrukturierungsbeauftragten zu bestimmen ist. Die Vergütung soll sich im Regelfall auf bis zu EUR 350 pro Stunde für den Restrukturierungsbeauftragten selbst und bis zu EUR 200 pro Stunde für qualifizierte Mitarbeiter belaufen. Mit Blick auf die umfangreichen Aufgaben des Restrukturierungsbeauftragten einerseits (z.B. Forderungs- und Sicherheitenprüfung) und seine in § 75 Abs. 4 StaRUG vorgesehene Haftung gegenüber den Betroffenen andererseits, bleiben diese Stundensätze jedenfalls in größeren Restrukturierungen deutlich hinter einer marktüblichen Vergütung zurück. Es ist daher davon auszugehen, dass die Praxis in größeren und komplexeren Restrukturierungsfällen von der im Gesetz (§ 83 StaRUG) für besondere Fälle vorgesehenen abweichenden Vergütung (nach höheren Stundensätzen oder Bemessung auf Grundlage des Wertes der in den Restrukturierungsplan einbezogenen Forderungen oder des Unternehmensvermögens) Gebrauch machen wird.

Unabhängig von den Voraussetzungen, unter denen die Beteiligung eines Restrukturierungsbeauftragten zwingend erforderlich ist, kann auf Antrag des Schuldners oder von Gläubigern, denen mehr als 25% der Stimmrechte in einer Gruppe zustehen, auch ein „fakultativer Restrukturierungsbeauftragter“ (§ 77 StaRUG) bestellt werden, der den Schuldner und die Gläubiger bei der Ausarbeitung und Verhandlung des Restrukturierungsplans unterstützt.

V. Absicherung neuer Finanzierungen

Der Restrukturierungsplan kann auch Regelungen über neue Finanzierungszusagen und deren Besicherung (durch Personal- und/oder Sachsicherheiten) vorsehen (§ 12 StaRUG). Die Regelungen eines Restrukturierungsplans und die Rechtshandlungen, die in Vollzug des Restrukturierungsplans vorgenommen werden, sollen (von Ausnahmefällen abgesehen) bis zum Eintritt einer „nachhaltigen Restrukturierung“ von einer späteren Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. InsO ausgenommen sein (§ 90 Abs. 1 StaRUG). Diese Privilegierung verschafft Finanzierern mehr Rechtssicherheit insbesondere mit Blick auf die Anfechtungsfestigkeit der Besicherung neuer Finanzierungen. Die anfechtunsgrechtliche Privilegierung soll allerdings nicht für nachrangige Gesellschafterdarlehen und deren Besicherung gelten. Darüber hinaus sollen (externe) Finanzierer durch den Anfechtungsausschluss nur vor einem Scheitern des geplanten Restrukturierungskonzepts geschützt werden, das wider Erwarten zu einer Insolvenz führt. Tritt die Insolvenz des Schuldners dagegen unabhängig von dem Restrukturierungsvorhaben zu einem späteren Zeitpunkt, und damit erst nach Eintritt einer „nachhaltigen Sanierung“ ein, greift der Anfechtungsschutz nicht mehr. Diese Einschränkung entspricht § 39 Abs. 4 S. 2 InsO, der eine Ausnahme vom insolvenzrechtlichen Nachrang für Sanierungsgesellschafterdarlehen regelt.

Weitere Rechtsrisiken, die in Zusammenhang mit Sanierungsfinanzierungen außerhalb von Restrukturierungsplänen bestehen, sollen dadurch minimiert werden, dass Rechtshandlungen, die in Kenntnis eines Restrukturierungsplanvorhabens vorgenommen werden, nicht als sittenwidriger Beitrag zur Insolvenzverschleppung gewertet werden (§ 89 Abs. 1 StaRUG).

Praxishinweis: Die anfechtungsrechtliche Privilegierung neuer Finanzierungen beschränkt sich im Wesentlichen auf die Besicherung der Finanzierungen. Nach der Begründung zum ursprünglichen Regierungsentwurf, der hinsichtlich der Regelung zum Anfechtungsschutz unverändet übernommen worden ist,  soll § 90 Abs. 1 StaRUG dagegen nicht Rückzahlungen von Darlehen erfassen, da diese nicht mehr in „Vollzug“ des Restrukturierungsplans erfolgen.

VI. Sanierungsmoderation

Unabhängig von dem Restrukturierungsplanverfahren sieht das StaRUG die Möglichkeit vor, auf Antrag des Schuldners für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten gerichtlich einen Sanierungsmoderator zu bestellen, der in einer wirtschaftlichen Krise zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern vermitteln und bei der Ausarbeitung eines (konsensualen) Sanierungskonzepts unterstützen soll. Die Sanierungsmoderation kann in die Ausarbeitung eines Sanierungsvergleichs münden, der, wenn er gerichtlich bestätigt wird, den gleichen anfechtungsrechtlichen Privilegien unterliegt wie die Maßnahmen eines Restrukturierungsplans (siehe oben unter V.).

Anders als der Restrukturierungsplan ermöglicht der Sanierungsvergleich allerdings keine Durchsetzung gegen den Willen obstruierender Gläubiger. Das Mittel der Sanierungsmoderation ist insbesondere für Kleinst- und Kleinunternehmen vorgesehen, welche die Kosten einer professionellen externen Sanierungsberatung finanziell schnell überfordern können.

D. Änderungen des Eigenverwaltungs- und Insolvenzplanverfahrens

Schließlich sieht das SanInsFoG Änderungen für das insolvenzrechtliche Eigenverwaltungs- und das Insolvenzplanverfahren vor.

Insbesondere sollen die Eingangshürden für die Inanspruchnahme des Eigenverwaltungsverfahrens im Interesse der Gläubiger erhöht werden. Künftig muss der Schuldner seinem Antrag auf Eigenverwaltung eine Eigenverwaltungsplanung beifügen, die insbesondere (i) eine Finanzplanung für den Zeitraum von sechs Monaten, (ii) ein konkretes Sanierungskonzept, (iii) eine Darstellung des Verhandlungsstands über die Sanierung mit den Gläubigern, (iv) eine Darstellung der Vorkehrungen zur Absicherung der Erfüllung sämtlicher insolvenzrechtlicher Pflichten des Schuldners und (v) eine Darstellung der erwarteten Mehr- oder Minderkosten der Eigenverwaltung im Vergleich zu einem Regelinsolvenzverfahren enthält. Vor Einleitung des Eigenverwaltungsverfahrens hat das Insolvenzgericht die Eigenverwaltungsplanung auf ihre Vollständigkeit und Schlüssigkeit hin zu überprüfen.

Allerdings bleiben nach § 5 CovInsAG die Regelungen über das Eigenverwaltungsverfahren in ihrer bisherigen Fassung anwendbar, wenn das Eigenverwaltungsverfahren zwischen dem 1. Januar 2021 und dem 31. Dezember 2021 beantragt wird und eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Antragstellers auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist. Die Ursächlichkeit der Pandemie für die Insolvenzreife muss dabei durch die Bescheinigung eines Sachverständigen bestätigt werden.

Praxishinweis: Die Anordnung eines Moratoriums unter dem StaRUG soll künftig die Zulässigkeit eines Eigenverwaltungsverfahrens für einen Zeitraum von drei Jahren im Regelfall ausschließen. Das bedeutet, dass im Falle des Scheiterns des Restrukturierungsplans im Grundsatz die Eigenverwaltung nicht mehr offen steht, sondern nur noch das fremdverwaltete Insolvenzverfahren möglich ist. Umso wichtiger wird es für die Beteiligten sein abzuwägen, welches Sanierungsinstrument (ein Restrukturierungsplan mit gezielten Eingriffen etwa in die Finanzierungsstruktur oder eine Eigenverwaltung mit umfassender Sanierung) den wirtschaftlichen Herausforderungen des jeweiligen Unternehmens am besten gerecht wird.

Für das Insolvenzplanverfahren soll – entsprechend den im StaRUG für den Restrukturierungsplan vorgesehenen Regelungen – insbesondere die Möglichkeit eröffnet werden, konzerninterne Drittsicherheiten, die von verbundenen Unternehmen für Verbindlichkeiten des Schuldners bestellt worden sind, in den Plan miteinzubeziehen.

E. Fazit

Das SanInsFoG beschränkt sich nicht auf die Umsetzung der Mindestvorgaben des EU-Gesetzgebers, sondern wählt mit der Einführung eines eigenständigen Restrukturierungsrahmens eine „große Lösung“, dies allerdings im Sinne eines fakultativen Baukastensystems. Der hohe Grad an Flexibilisierung eröffnet ein erhebliches Gestaltungspotential, auch wenn das SanInsFoG durch die Aufgabe des Instruments der Vertragsbeendigung hinter den denkbaren Gestaltungsmöglichkeiten für ein vor-insolvenzliches Sanierungsverfahren zurückbleibt.

Das deutsche Restrukturierungs- und Sanierungsrecht wird durch die Regelungen des SanInsFoG sinnvoll ergänzt. Der geplante Restrukturierungsrahmen dürfte vor allem eine Lösung für Fälle bieten, in denen eine (insbesondere bilanzielle) Restrukturierung am Widerstand einzelner Akkord-Störer zu scheitern droht. Zu denken ist insbesondere an Unternehmen mit hohen Finanzierungsverbindlichkeiten (etwa auch in Folge der Inanspruchnahme der in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie zur Verfügung gestellten KfW-Kredite), aber auch an Miet- oder Steuerverbindlichkeiten, die im Rahmen der COVID-19-Unterstützungsmaßnahmen gestundet worden sind. Wie groß die Vorteile bzw. der Anwendungsbereich neben gut vorbereiteten Eigenverwaltungsverfahren sein wird, kann erst die Praxis zeigen. Mit dem SanInsFoG wird das deutsche Sanierungs- und Restrukturierungsrecht aber weiter ausdifferenziert, Ausweichbewegungen in ausländische Rechtordnungen, die man in der Vergangenheit beobachten konnte, dürften sich so zum Teil verhindern lassen. Insbesondere infolge der Streichung der Vertragsbeendigungsmöglichkeiten wird man die Möglichkeiten ausländischer Rechtsordnungen – sofern anwendbar – aber in die restrukturierungsrechtlichen Überlegungen weiter einfließen lassen müssen.

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