HOAI 2009 – Ein erster Überblick

30.06.2009

[] Mit Pressemitteilung vom selben Tage hat der Bundesrat darüber informiert, dass er am 12. Juni 2009 der neuen Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) zugestimmt und eine begleitende Entschließung gefasst habe. Darin begrüßt er die Anhebung der Honorarsätze, fordert aber zugleich eine weitere Modernisierung und redaktionelle Überarbeitung der HOAI. Problematisch findet er, dass verbindliche Honorarsätze allein bei Planungsleistungen vorgegeben sind. Darüber hinaus bitten die Länder die Bundesregierung, innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten der Novelle über die Entwicklung und eventuell notwendige Anpassungsmaßnahmen insbesondere hinsichtlich der Honorarstruktur, des Leistungsbildes, der Anrechenbarkeit nach Bausubstanz sowie der Regelung zur Objektüberwachung zu berichten. Die HOAI-Novelle soll Anreize für kostensparendes Bauen schaffen, Bürokratie abbauen und mehr Freiräume für Vertragsgestaltung ermöglichen, um den Ansprüchen heutiger komplexer Planungsprozesse zu entsprechen. Durch ein so genanntes Baukostenmodell sind die Honorare künftig von den tatsächlichen Baukosten abgekoppelt. Grundlage sind dann die in der Entwurfsplanung Entwurfsplanung berechneten Kosten. Alle Tabellenwerte werden um 10 Prozent erhöht.1

Die geänderte Fassung der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure – HOAI), wie sie von der Bundesregierung beschlossen worden ist steht als Drucksache des Bundesrats mit der Nummer 395/09 auf den Internetseiten des Bundestags zum Download im pdf-Format zur Verfügung.2

Der Verordnungsgeber betont in der amtlichen Begründung, dass die Mindest- und die Höchstsätze ebenso erhalten bleiben wie die Honorarzonen. Auf die Einführung neuer Leistungsbilder wird bisher verzichtet. Die Aktualisierung bestehender Leistungsbilder bleibt einer nächsten Novellierungsstufe vorbehalten. Die übrigen Änderungen dienen der Entschlackung der HOAI, die sich auf preisrechtliche Regelungen beschränken soll. Schuldrechtliche Elemente entfallen in der Neufassung so weitgehend wie möglich.

Als wesentliche Neuerung hebt der Verordnungsgeber in der amtlichen Begründung folgende vier Punkte hervor:

Begrenzung des Anwendungsbereichs der HOAI auf Büros mit Sitz im Inland, Deregulierung der Beratungsleistungen, Abkoppelung der Honorare von der tatsächlichen Bausumme durch die Einführung des Baukostenberechnungsmodells sowie frühzeitige Möglichkeit der Honorarfeststellung durch Einführung des alternativen Baukostenvereinbarungsmodells und Honorarerhöhungen.

Ziel dieses Beitrags ist es, einen ersten Überblick über den Aufbau der HOAI 2009 und über die vom Verordnungsgeber als wesentlich gekennzeichneten Neuerungen zu geben. Alle Paragraphen in diesem Beitrag beziehen sich auf die HOAI 2009.

II. Übergangs- und Schlussvorschriften

Nach § 56 tritt die HOAI 2009 am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft. Die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt ist für den 1. August 2009 angekündigt. Gleichzeitig wird die alte Fassung der HOAI außer Kraft treten. Die HOAI 2009 enthält keine Befristung der Geltungsdauer, soll aber nach der amtlichen Begründung nach einer ersten Erprobungsphase überprüft werden, wobei als ausreichende Erprobungsphase im Umgang mit den Neuregelungen der HOAI ein Zeitraum von maximal fünf Jahren angesehen wird.

Nach § 55 gilt die HOAI 2009 nicht für Leistungen, die vor ihrem Inkrafttreten vertraglich vereinbart wurden; insoweit bleiben die bisherigen Vorschriften anwendbar.

III. Aufbau der HOAI 2009

Die HOAI 2009 ist in fünf Teile gegliedert, wobei Teil 5 die bereits dargestellten Überleitungs- und Schlussvorschriften enthält.

Teil 1 enthält in §§ 1 – 16 gewissermaßen vor die Klammer gezogene Allgemeine Vorschriften, die grundsätzlich für alle Planungsleistungen in Teil 2 bis Teil 4 gelten. Teil 2 regelt die Flächenplanung untergliedert in Abschnitt 1 und 2 für die

Bauleitplanung und die Landschaftsplanung.

Teil 3 regelt die Objektplanung untergliedert in Abschnitt 1 bis 4 für

Gebäude und raumbildende Ausbauten, Freianlagen, Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen.

Teil 4 regelt die Fachplanung untergliedert in Abschnitt 1 und 2 für die

Tragwerksplanung und die Technische Ausrüstung.

IV. Allgemeine Vorschriften 1

1. Anwendungsbereich

Nach § 1 ist der Anwendungsbereich der HOAI 2009 auf Büros mit Sitz im Inland beschränkt.

Nach der amtlichen Begründung beruht diese Beschränkung auf den Vorgaben des Artikels 16 der Dienstleistungsrichtlinie. Unbestritten sei, dass Artikel 16 der Dienstleistungsrichtlinie auf die HOAI anwendbar sei und dass staatliches Preisrecht die Dienstleistungsfreiheit grundsätzlich beschränke. Die jüngsten Feststellungen des EuGH im Cipolla-Urteil3 untermauerten, dass Mindest- und Höchstsätze Eingriffe in die Dienstleistungsfreiheit seien. Die HOAI wird nach allgemeiner Auffassung aus den in Artikel 16 Abs. 3 der Richtlinie genannten Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit, Gesundheit oder des Schutzes der Umwelt nicht gerechtfertigt. Deshalb sei die HOAI nur dann mit Artikel 16 der Dienstleistungsrichtlinie konform, wenn ausschließlich im Ausland niedergelassene Planer aus ihrem Anwendungsbereich ausgenommen seien. Der hieraus folgenden sogenannten Inländerdiskriminierung stünden keine europarechtlichen Gründe entgegen.

Mit der Beschränkung des Anwendungsbereichs der HOAI 2009 auf Büros mit Sitz im Inland verfolgt der Verordnungsgeber also den Zweck, die Mindest- und Höchstsätze der HOAI beibehalten zu können, ohne gegen Gemeinschaftsrecht zu verstoßen. Hierzu gehört nach der Konzeption des Verordnungsgebers auch, dass es eine staatliche Preisvorgabe in Gestalt von Mindest- und Höchstsätzen nur noch für Planungsleistungen geben soll, während für Beratungsleistungen verbindliche Preisregelungen wegfallen sollen, um so weitere Freiräume für die Vertragsgestaltung, also für die Privatautonomie zu schaffen.

Für die Anwendbarkeit der HOAI 2009 kommt es nach der amtlichen Begründung auf den Sitz an, von dem aus die Dienstleistung erbracht wird. Hat der Planer Niederlassungen sowohl im Inland als auch in einem anderen EU-Mitgliedstaat, könne nur auf den Sitz abgestellt werden, von dem aus die Dienstleistung erbracht wird. So sei im Falle eines mehrfachen Sitzes ein „Sitz im Inland" im Sinne des § 1 nur dann gegeben, wenn die vereinbarte Leistung von diesem inländischen Sitz aus erbracht wird. In der amtlichen Begründung wird an anderer Stelle klargestellt, dass die Richtlinie einen Auslandssitz nur in engen Grenzen anerkenne. Immer wenn ein Planer seine Tätigkeit faktisch mittels einer festen Einrichtung auf unbestimmte Zeit in Deutschland ausübt, gelte er als in Deutschland niedergelassen, könne sich also nicht auf Artikel 16 berufen.

2. Leistungen und Leistungsbilder

2.1. Planungs- und Beratungsleistungen

§ 3 Abs. 1 enthält das Herzstück der neuen Struktur der HOAI 2009, nach der es staatliche Preisvorgaben in Form von Mindest- und Höchstsätzen nur noch für Planungsleistungen geben soll, während die Vergütung für Beratungsleistungen frei soll vereinbart werden können. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 sind die Honorare für Leistungen in den Teilen 2 bis 4 in der HOAI 2009 verbindlich geregelt, d. h. die Mindest und die Höchstsätze gelten nur noch für die Flächen-, Objekt- und Fachplanung, also für – nur in der amtlichen Begründung – so genannte „Planungsleistungen". Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 sind die Honorare für Beratungsleistungen in der Anlage 1 zur HOAI 2009 enthalten und nicht verbindlich geregelt. Nach Anlage 1 zu § 3 Abs. 1 sind Beratungsleistungen folgende Leistungen:

Umweltverträglichkeitsstudie, Thermische Bauphysik, Schallschutz und Raumakustik, Bodenmechanik, Erd- und Grundbau und vermessungstechnische Leistungen.

Der amtlichen Begründung zu den Anlagen ist zu entnehmen, dass die Anlage 1 – ebenso wie die Anlage 2 zu § 3 Abs. 3 die Besonderen Leistungen bei verbindlichen Planungsleistungen betreffen – bisherige Regelungen und Tafelwerte, die in der HOAI 2009 gestrichen wurden, als unverbindliche Regelungen beibehält. Die Regelungen in den Anlagen 1 und 2 sollen für die praktischen Anwender als Orientierungshilfe auch zukünftig zur Verfügung stehen. Die Beratungsleistungen seien in Anlage 1 umfassend geregelt, das heißt sie enthalten auch die im Sachzusammenhang mit ihnen stehenden Besonderen Leistungen und Orientierungswerte.

Es ist abzusehen, dass die Rechtsprechung früher oder später die Frage zu klären haben wird, ob die „Orientierungshilfe" in Anlage 1 zu § 3 Abs. 1 als die übliche Vergütung im Sinne von § 632 Abs. 2 BGB angesehen werden kann, wenn Bauherr und Planer über die Vergütung für eine Beratungsleistung keine ausdrückliche Vereinbarung treffen. Bislang ist die HOAI als taxmäßige Vergütung in Sinne von § 632 Abs. 2 BGB angesehen worden.4 Die „Orientierungshilfe" für Beratungsleistungen wird man wohl nicht mehr als taxmäßige Vergütung ansehen können, wird aber wohl die sich nach Mindestsätzen ergebenden Vergütungen als die üblichen anzusehen haben.

Besondere Leistungen

Die Anlage 2 zu § 3 Abs. 3 enthält die Besonderen Leistungen hinsichtlich der verbindlichen Planungsleistungen, während die Besonderen Leistungen zu den Beratungsleistungen in Anlage 1 zu § 3 Abs. 1 enthalten sind. Die Honorare für Besondere Leistungen zu verbindlichen Planungsleistungen können nach § 3 Abs. 3 Satz 2 frei vereinbart werden, müssen es aber auch, wenn der Planer für diese Besonderen Leistungen eine Vergütung beanspruchen will.

3. Anrechenbare Kosten

Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 sind die anrechenbaren Kosten nach fachlich allgemein anerkannten Regeln der Technik oder nach Verwaltungsvorschriften (Kostenvorschriften) auf der Grundlage ortsüblicher Preise zu ermitteln, wobei zu beachten ist, dass § 2 Nr. 12 für die „fachlich allgemein anerkannten Regeln der Technik" eine Begriffsbestimmung enthält. Wird in der HOAI 2009 auf die DIN 276 Bezug genommen, so ist diese in der Fassung vom Dezember 2008 bei der Ermittlung der anrechenbaren Kosten zu Grunde zu legen (§ 4 Abs. 1 Satz 3).

4. Honorarzonen

Nach der Begriffsbestimmung in § 2 Nr. 15 stellen Honorarzonen den Schwierigkeitsgrad eines Objekts oder einer Flächenplanung dar. Die Schwierigkeitsgrade wurden im Teil 1 in § 5 gebündelt. Nach § 5 Abs. 4 Satz 1 sind die Honorarzonen anhand der Bewertungsmerkmale in den Honorarregelungen der jeweiligen Leistungsbilder der Teile 2 bis 4 zu ermitteln. Die Bewertungsmerkmale für Gebäude und raumbildende Ausbauten finden sich beispielsweise in § 34 Abs. 2 bis Abs. 5. Nach § 5 Abs. 4 Satz 2 ist die Zurechnung zu den einzelnen Honorarzonen nach Maßgabe der Bewertungsmerkmale, gegebenenfalls der Bewertungspunkte und anhand der Regelbeispiele in den Objektlisten der Anlage 3 vorzunehmen. Die Objektlisten für Gebäude und raumbildende Ausbauten finden sich beispielsweise in Anlage 3 zu § 5 Abs. 4 Satz 2 in Ziffer 3.1 für Gebäude und in Ziffer 3.3 für raumbildende Ausbauten.

5. Grundlagen des Honorars

§ 6 enthält die dritte wesentliche Neuerung der HOAI 2009, nämlich die Abkoppelung der Honorare von der tatsächlichen Bausumme durch die Einführung des Baukostenberechnungsmodells und die frühzeitige Möglichkeit der Honorarfestlegung durch Einführung des alternativen Baukostenvereinbarungsmodells.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 richtet sich das Honorar für Leistungen nach der HOAI 2009 für die Leistungsbilder der Teile 3 und 4 – das sind die Objekt- und die Fachplanung – nach den anrechenbaren Kosten des Objekts (siehe die Begriffsbestimmung in § 2 Nr. 1) und auf der Grundlage der Kostenberechnung (siehe die Begriffsbestimmung in § 2 Nr. 14) oder, soweit diese nicht vorliegt, auf der Grundlage der Kostenschätzung (siehe Begriffsbestimmung in § 2 Nr. 13). Die vom Bundesrat in seiner Entschließung vom 14. Juli 1995 (BR-Drs. 399/95) geforderte Abkoppelung der Honorare von den Herstellungskosten soll also dadurch erreicht werden, dass auf die Anpassung der anrechenbaren Kosten auf der Basis des Kostenanschlags beziehungsweise der Kostenfeststellung verzichtet werden soll. Kostenanschlag und Kostenfeststellung dienen demnach nur noch der Kostenkontrolle des Bauherrn, aber nicht mehr der Berechnung des Honorars. Die amtliche Begründung enthält in diesem Zusammenhang den Hinweis darauf, dass gemäß § 7 Abs. 5 der Planer einen Anspruch auf Anpassung des Honorars hat, wenn sich der Leistungsumfang durch Anweisungen des Bauherren ändert.

Im Leistungsbild Gebäude und raumbildende Ausbauten (vgl. Anlage 11 zu den §§ 33 und 38 Abs. 2) ist die Kostenschätzung eine Teilleistung der Leistungsphase 2, Vorplanung (Projekt- und Planungsvorbereitung), und die Kostenberechnung eine Teilleistung der Leistungsphase 3, Entwurfsplanung (System- und Integrationsplanung). Nach § 7 Abs. 1 richtet sich das Honorar nach der schriftlichen Vereinbarung, die die Vertragsparteien bei Auftragserteilung im Rahmen der durch die HOAI 2009 festgesetzten Mindest- und Höchstsätze treffen. Scholtissek5 hat in seinen Anmerkungen zum Referentenentwurf zu Recht darauf hingewiesen, dass es praktisch unmöglich ist, bei Auftragserteilung auf der Grundlage der Kostenschätzung oder gar der Kostenberechnung das Honorar zu vereinbaren, da der Architekt diese Teilleistungen erst erbringen soll. Die Lösung dieses Problems konnte nicht darin liegen, dass der Architekt seine Leistungen zunächst ohne schriftlichen Vertrag erbringt, um die Honorarvereinbarung erst zu treffen, nachdem er die Kostenschätzung oder die Kostenberechnung erarbeitet hat. Der Verordnungsgeber hat das Problem mit folgender Regelung in § 7 Abs. 2 zu lösen versucht:

„Wenn im Zeitpunkt der Beauftragung noch keine Planungen als Voraussetzung für eine Kostenschätzung oder Kostenberechnung vorliegen, können die Vertragsparteien abweichend von Absatz 1 schriftlich vereinbaren, dass das Honorar auf der Grundlage der anrechenbaren Kosten einer Baukostenvereinbarung nach den Vorschriften dieser Verordnung berechnet wird. Dabei werden nachprüfbare Baukosten einvernehmlich festgelegt."

Nach der amtlichen Begründung könne mit der Baukostenvereinbarung bereits in einem sehr frühen Stadium, in dem noch keine Planungen als Voraussetzung für eine Kostenschätzung oder Kostenberechnung vorliegen, eine Honorarvereinbarung getroffen und im Sinne einer verbindlichen Kostenobergrenze festgelegt werden. Um keine unrealistischen Baukosten und hieraus resultierende Honorare zu fixieren, seien nachprüfbare Baukosten Voraussetzung für eine solche Honorarvereinbarung, die zum Beispiel anhand vergleichbarer Referenzobjekte oder einer Bedarfsplanung zum Beispiel auf Basis der DIN 18205 (Bedarfsplanung im Bauwesen) ermittelt werden könnten. Der Abschluss einer solchen Baukostenvereinbarung setze in der Regel einen fachkundigen Bauherrn voraus. Beide Vertragspartner einer Baukostenvereinbarung sollten über den gleichen Informationsstand und das gleiche Fachwissen verfügen. Aus diesem Grunde sei diese Regelung nur als alternative Möglichkeit aufgenommen worden.

Jedenfalls für den Bauherrn, der nur ein Mal in seinem Leben ein Einfamilienhaus planen und bauen lässt, bleibt damit auch nach der Vorstellung des Verordnungsgebers das Problem ungelöst, dass bei Auftragserteilung die für eine tragfähige Honorarvereinbarung erforderliche Kostenermittlung regelmäßig nicht vorliegen dürfte.

6. Honorarvereinbarung

§ 7 orientiert sich an der Regelung des § 4 HOAI alte Fassung (a. F.), in dem die Rahmenbedingungen für die Honorarvereinbarung festgelegt werden. Neu sind § 7 Abs. 5 mit Regelungen zur Vergütungsanpassung und § 7 Abs. 7, mit dem eine optionale Bonus-Malus- Regelung eingeführt wird.

6.1 Vergütungsanpassung

§ 7 Abs. 5 stellt nach der amtlichen Begründung klar, dass der dem Honorar zugrunde liegende Vertrag auch im weiteren Verlauf des Verfahrens anzupassen ist, wenn sich auf Grund von Anforderungen des Bauherrn der Leistungsumfang mit der Folge von Änderungen der anrechenbaren Kosten, Werte oder Verrechnungseinheiten ändert. Die Formulierung der neuen Regelung als Anspruch statt als abdingbare Regelung entspräche einem Vorschlag der AHO (Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e. V.). Berücksichtigt werden könnten aber nur Änderungen auf Grund von Anforderungen des Bauherrn, da ansonsten der Abkoppelungseffekt des Baukostenberechnungsmodells konterkariert werde.

Da nach dem Text der Verordnung eine von § 7 Abs. 5 abweichende Vereinbarung anders als beispielsweise in § 648a Abs. 7 BGB für die Bauhandwerkersicherung vom Verordnungsgeber nicht für unwirksam erklärt wird, wird die Praxis durch entsprechende Vertragsgestaltung versuchen, den Vergütungsanpassungsanspruch bis zur Grenze von § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) beziehungsweise der Grundsätze der Leistung nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB auszuschließen. Vermutlich wird man dann auf die Rechtsprechung zu § 2 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B für die Anpassung von in Bauverträgen vereinbarten Pauschalpreisen zurückgreifen können. Selbst wenn nur vom Bauherrn geforderte Änderungen berücksichtigt werden, ist vorhersehbar, dass die vom Verordnungsgeber mit der Neuregelung bezweckte Abkoppelung der Honorare von der tatsächlichen Bausumme durch den in § 7 Abs. 5 vorgesehenen Anspruch auf Anpassung des Honorars nicht vollständig wird erreicht werden können. Denn wie die Erfahrung lehrt, gibt es bei jedem Bauvorhaben Änderungsanordnungen des Bauherrn. Hinzu kommt, dass der Text der Verordnung offen lässt, was eigentlich Bezugspunkt für einen Vergütungsanpassungsanspruch des Planers sein soll. Im Falle einer in einem sehr frühen Stadium des Planungsprozesses nach § 6 Abs. 2 abgeschlossenen Baukostenvereinbarung dürfte es kaum sinnvoll sein, in einem späteren Zeitpunkt die Baukostenvereinbarung zu ändern, indem nachträglich bei der einvernehmlichen Festlegung nachprüfbarer Baukosten unterstellt wird, das Objekt habe von Anfang an so geplant werden sollen, wie es nun vom Bauherrn in der veränderten Form gewünscht wird. Hierzu wird es erst recht nicht kommen, wenn eine Kostenschätzung oder gar eine Kostenberechnung bereits vorliegt, welche die vom Bauherrn geforderte Änderung bereits berücksichtigt. Es ist zu erwarten, dass die Praxis sich so behelfen wird, dass anfangs nach § 6 Abs. 2 geschlossene Baukostenvereinbarungen aufgehoben werden, wenn der Bauherr Änderungen fordert, die zu einer Erhöhung der anrechenbaren Kosten führen, um dann zu einer Abrechnung nach § 6 Abs. 1 zurück zu kehren, die nach der Vorstellung des Verordnungsgebers der Normalfall sein soll.

6.2 Bonus-Malus-Regelung

Im Unterschied zu § 5 Abs. 4a HOAI a. F. sieht § 7 Abs. 7 nicht nur ein Erfolgshonorar für Kostenunterschreitungen, sondern auch ein Malus-Honorar bis zu 5 % des Honorars für den Fall von Kostenüberschreitungen vor. Der Höhe nach orientiert sich das Malus- Honorar nach der amtlichen Begründung an der zulässigen Höhe einer in allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarten Vertragsstrafe. Auch wenn die Minderung des Honorars bei Kostenüberschreitungen möglicher Weise eine Unterschreitung der Mindestsätze (gemessen an den tatsächlich festgestellten Kosten) zur Folge haben kann, sei dies nach der amtlichen Begründung trotzdem durch die Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Denn die Ermächtigungsgrundlage lasse in Ausnahmefällen eine Mindestsatzunterschreitung zu. Es sei davon auszugehen, dass der Anwendungsbereich der Sanktionsregelung auf Ausnahmefälle beschränkt sei.

7. Wegfall von Zeithonoraren

Die Regelung des geltenden § 6 HOAI a. F. zu den Zeithonoraren wird ersatzlos gestrichen, um den Planern mehr Flexibilität bei der Vertragsgestaltung zu ermöglichen. Nach bisher geltendem Recht durften Zeithonorare nur für Leistungen vereinbart werden, deren Berechnung nach den Leistungsbildern nicht oder nicht exakt möglich war. Die Vertragspartner haben keinesfalls (wie häufig angenommen) die freie Wahl der Abrechnung nach Leistungsbildern oder Zeitaufwand (Ausnahme § 29 Abs. 2 HOAI a. F. für rationalisierungswirksame besondere Leistungen). Hieran dürfte sich durch die HOAI 2009 nichts ändern mit der Folge, dass es hinsichtlich der verbindlichen Planungsleistungen dabei bleibt, dass die Mindestsätze nicht durch die Vereinbarung von Zeithonoraren unterlaufen werden dürfen. Soweit Honorare nach der HOAI 2009 frei vereinbart werden können, also zum Beispiel für Besondere Leistungen zu Planungsleistungen oder für Beratungsleistungen einschließlich der Besonderen Leistungen hierzu ist auch die Vereinbarung eines Zeithonorars ohne weiteres zulässig.

V. Flächenplanung

Im Rahmen dieses ersten Überblicks sollen die Regelungen des Teils 2 über die Flächenplanung (Bauleitplanung und Landschaftsplanung) nicht näher betrachtet werden.

VI. Objektplanung

Die Neuregelungen sollen vielmehr am Beispiel der Gebäude und raumbildenden Ausbauten kurz dargestellt werden, da die Regelungen in den weiteren Abschnitten des Teils 3 hierauf genauso zurückverweisen wie zahlreiche Regelungen des Teils 4 Fachplanung.

1. Besondere Grundlagen des Honorars

§ 32 enthält für Gebäude und raumbildende Ausbauten „Besondere" Grundlagen des Honorars. Durch diesen klarstellenden Hinweis soll nach der amtlichen Begründung deutlich werden, dass diese Regelungen neben den allgemeinen Grundlagen des Honorars in § 6 der Allgemeinen Vorschriften gelten. Entsprechende „Besondere" Grundlagen des Honorars finden sich – auch in Teil 4 Fachplanung – für:

Freianlangen in § 37, Ingenieurbauwerke in § 41, Verkehrsanlagen in § 45, Tragwerksplanung in § 48 und Technische Ausrüstung in § 52.

2. Leistungsbild Gebäude und raumbildende Ausbauten

Die einzelnen Leistungen jeder Leistungsphase sind nach § 33 Satz 3 und § 38 Abs. 2 in Anlage 11 geregelt. Entsprechend der neuen Systematik sind die Besonderen Leistungen in der Anlage 2 zu Ziffer 2.6 enthalten.

3. Honorare für Leistungen bei Gebäuden und raumbildende Ausbauten

§ 34 Abs. 1 enthält die Honorartafel für dieses Leistungsbild. Nach der amtlichen Begründung werden die Tafelwerte um 10 % erhöht, was im Ergebnis zu einer Honorarerhöhung führe. Dieser Hinweis wird in der amtlichen Begründung zu den weiteren Honorartafeln der HOAI 2009 stereotyp wiederholt.

4. Leistungen im Bestand

Neu ist, dass nach § 35 Abs. 1 Satz 1 für Leistungen bei Umbauten und Modernisierungen (siehe die Begriffsbestimmungen in § 2 Nr. 6 und Nr. 7) für Objekte (siehe die Begriffsbestimmung in § 2 Nr. 1) ein Zuschlag bis zu 80 % vereinbart werden kann. § 35 gilt entsprechend für:

5. Instandhaltungen und Instandsetzungen

Neu ist ferner, dass nach § 36 Abs. 1 für Leistungen bei Instandhaltungen und Instandsetzungen (siehe die Begriffsbestimmung in § 2 Nr. 9) von Objekten vereinbart werden kann, den Prozentsatz für die Bauüberwachung um bis zu 50 % zu erhöhen. § 36 Abs. 1 gilt entsprechend nur für die Technische Ausrüstung. Denn die übrigen Verweisungsnormen (siehe oben zu Leistungen im Bestand) verweisen nur auf § 36 Abs. 2.

VII. Projektsteuerung ersatzlos gestrichen

Leistungen der Projektsteuerung waren in § 31 HOAI a. F. geregelt. Nach der amtlichen Begründung ist unter anderem diese Vorschrift ersatzlos gestrichen worden, da sie keine klare Honorarregelung enthalte. Ferner seien alle Vorschriften zu streichen, die sich in der Praxis in preisrechtlicher Hinsicht als bedeutungslos erwiesen haben oder Leistungen nur kursorisch ansprachen, ohne dass dabei ein klares Leistungsbild entstanden sei. Die Streichung entspreche weitgehend den Streichungsvorschlägen des AHO vom 19. September 2003, dessen Einschätzung der Verordnungsgeber in diesem Punkt teile. Die Praxis wird sich bei der Gestaltung von Projektsteuerungsverträgen nach Inkrafttreten der HOAI 2009 nur noch an den von den Verbänden entwickelten Leistungsbildern orientieren können.6

VIII. Fazit

Die HOAI 2009 ist schon deshalb zu begrüßen, weil sie die Vertragsfreiheit stärkt. Hiermit verbunden ist aber auch die Pflicht der Bauherren und Planer, künftig bei der Gestaltung von Verträgen über Planungsleistungen und Beratungsleistungen noch sorgfältiger zu sein als bisher.
Hinsichtlich der Planungsleistungen wird sich die Praxis auf die Abkoppelung der Honorare von der tatsächlichen Bausumme und an das sogenannte Baukostenberechnungsmodell erst einstellen müssen. Ob die in § 6 Abs. 2 vorgesehene Baukostenvereinbarung praktikabel sein wird, wird sich erst noch zu erweisen haben. Bei der Vereinbarung von Honoraren für Besondere Leistungen der verbindlichen Planungsleistungen können die Vertragsparteien sich an dem jeweiligen Katalog in Anlage 2 zur HOAI 2009 orientieren und die Honorare dafür frei vereinbaren, sodass auch an dieser Stelle die Vertragsparteien zu sorgfältiger Vertragsgestaltung aufgerufen sind.

Hinsichtlich der Beratungsleistungen einschließlich der hierzu gehörenden Besonderen Leistungen können die Vertragsparteien sich an Anlage 1 orientieren, sind aber vom Verordnungsgeber ausdrücklich dazu aufgerufen, die Gestaltung der entsprechenden Verträge selbst in die Hand zu nehmen und sorgfältig und verantwortungsvoll zu gestalten.

Durch die HOAI 2009 werden in der bisherigen HOAI verstreute Regelungen zu den Grundlagen des Honorars in den Allgemeinen Vorschriften von Teil 1 gebündelt und die Verordnung dadurch erheblich entschlackt und gestrafft. Auch dies ist ein Fortschritt.

Vom Verordnungsgeber noch nicht befriedigend beantwortet ist die Frage, auf welcher Grundlage die Honorarvereinbarung mit einem privaten Bauherrn getroffen werden soll, wenn bei Unterzeichnung des Vertrages die Kostenschätzung noch nicht vorliegt. Die in § 6 Abs. 2 vorgesehene Baukostenvereinbarung wird vom Verordnungsgeber selbst als ungeeignet angesehen, da es im Verhältnis zu privaten Bauherren an der für den Abschluss einer Baukostenvereinbarung erforderlichen Waffengleichheit regelmäßig fehlen dürfte.

 

1) Siehe Pressemitteilung des Bundesrats 112/2009 vom
12.06.2009 „Weitere Modernisierung der HOAI“ auf www.bundesrat.de

2) Das Dokument ist dort unter folgendem Link abgelegt: http://dip21.bundestag.de/dip21/brd/2009/0395-09.pdf

3) EuGH, Urteil vom 5. 12. 2006 - C-94/04 und C-202/04 (Cipolla und Macrino/Capodarte) = NZBau 2007, 43ff

4) vgl. Busche in: Münchener Kommentar, 9. Aufl. 2009, Rn 21 zu § 632 BGB

5) vgl. Scholtissek: Anmerkungen zur beabsichtigten Änderung der HOAI, NZBau 2007, 409, 410

6) zur Gestaltung von Projektsteuerungsverträgen siehe Eschenbruch, Projektmanagement und Projektsteuerung für die Immobilien- und Bauwirtschaft, 3. Aufl. 2009, Rdn. 1815ff

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