Indexbasierte Wertsicherungsklauseln sind ein allgegenwärtiges Gestaltungsinstrument in
gewerblichen Mietverträgen. Sie haben eine
erhebliche wirtschaftliche Bedeutung, wie sich gerade während der höheren Inflation der vergangenen Jahre gezeigt hat. Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 5. Juni 2025 – 10 U 146/24) hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass Wertsicherungsklauseln in gewerblichen Mietverträgen – neben den Vorgaben des Preisklauselgesetzes (PrKlG) – auch der AGB-Kontrolle unterliegen. Auf dieser Grundlage hat es die streitgegenständliche Wertsicherungsklausel als von Anfang an unwirksam erachtet, weil sie den Mieter unangemessen benachteilige und intransparent sei.
Sachverhalt
Der Entscheidung des OLG Düsseldorf lag im Kern folgender Sachverhalt zugrunde: Die Parteien schlossen Ende August 2019 einen auf zehn Jahre befristeten Gewerberaummietvertrag mit Mietbeginn zum 1. September 2019. Die Miete war zunächst bis zum 31. August 2021 fest vereinbart. Danach sollte die Nettokaltmiete entsprechend der Entwicklung des Verbraucherpreisindex (VPI) angepasst werden. Zu dieser, bis hierhin nicht unüblichen Regelung kamen zwei Besonderheiten: Als Referenzindexstand wurde der Stand vom Mai 2017 – also gut zwei Jahre vor Mietvertragsschluss und Mietbeginn – vereinbart. Zur Mechanik der Mietanpassung war einerseits vereinbart, dass diese „automatisch“ bei einer Indexänderung erfolgen sollte, andererseits aber, dass die Mietanpassung erst „nach schriftlicher Aufforderung“ durch den Vermieter wirksam werden sollte. Für künftige Indexänderungen sollte diese Regelung entsprechend gelten.
Der Vermieter machte auf dieser Grundlage mehrfach Mieterhöhungen geltend, die Mieterin zahlte unter Vorbehalt und verlangte später die Rückzahlung der Differenz. Das Landgericht gab der Klage statt und das OLG Düsseldorf bestätigte die Entscheidung.
Wertsicherungsklausel unterliegt AGB-Recht
Das OLG Düsseldorf stützt seine Entscheidung darauf, dass die vom Vermieter gestellte Wertsicherungsklausel gegen das AGB-Recht verstoße und daher unwirksam sei.
Dies ist bereits im Ausgangspunkt bemerkenswert, da nach wie vor nicht höchstrichterlich geklärt ist, ob Wertsicherungsklauseln überhaupt einer AGB-rechtlichen Kontrolle unterliegen.
So lehnte das OLG Schleswig die Anwendbarkeit des AGB-Rechts neben dem PrKlG aufgrund der identischen Prüfungsmaßstäbe noch in einem Beschluss aus dem Jahr 2024 ab (Hinweisbeschluss vom 5. Februar 2024 – 12 U 69/23).
Der Hintergrund der Diskussion besteht darin, dass Wertsicherungsklauseln einer spezifischen Regulierung durch das PrKlG unterworfen sind. Neben der bekannten Vorgabe, dass Wertsicherungsklauseln nur in langfristigen (insbesondere den Vermieter mindestens zehn Jahre bindenden) Mietverträgen zulässig sind, ergeben sich aus dem PrKlG außerdem inhaltliche Vorgaben an die Ausgestaltung von Wert-
sicherungsklauseln. Diese müssen nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 PrKlG insbesondere hinreichend bestimmt sein und dürfen keine Vertragspartei unangemessen benachteiligen. Da dieser Prüfungsmaßstab jedenfalls in Teilen dem Maßstab des AGB-Rechts entspricht, wird diskutiert, ob das PrKlG insofern eine gegenüber dem AGB-Recht abschließende Regelung darstellt.
Dies ist mit Blick auf die Rechtsfolgen von Verstößen keine rein akademische Frage: Während ein Verstoß gegen das AGB-Recht zu einer anfänglichen Unwirksamkeit der entsprechenden Klausel führt, werden Verstöße gegen das PrKlG weniger scharf geahndet. Entsprechende Regelungen sind erst ab der rechtskräftigen gerichtlichen Feststellung eines Verstoßes (also für die Zukunft) unwirksam (§ 8 PrKlG). Für eine abschließende Wirkung des PrKlG lässt sich folglich ins Feld führen, dass anderenfalls die gesetzgeberische Entscheidung in § 8 PrKlG unterlaufen werden würde. Das AGB-Recht dürfte daher keine Anwendung finden, solange die Wertsicherungsklausel in Ansehung des § 8 PrKlG wirksam ist.
Das OLG Düsseldorf begründet die Anwendbarkeit des AGB-Rechts vor allem damit, dass das PrKlG andere (nämlich währungspolitische) Zwecke verfolge als die AGB-Kontrolle und darum beide Regelungen parallel anwendbar sein müssten. Ferner stützt es sich auf einige Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, die den vorliegenden Fall allerdings nicht genau treffen.
Unwirksamkeit wegen unangemessener Benachteiligung
Das OLG Düsseldorf erachtet die streitgegenständliche Wertsicherungsklausel sodann als unangemessen benachteiligend im Sinne des AGB-Rechts. Dies ergebe sich hauptsächlich daraus, dass auf einen Indexstand, der mehr als zwei Jahre vor Mietbeginn liege, als Referenzpunkt abgestellt werde. Dies sei unangemessen, weil so die Indexänderung für einen Zeitraum, in dem der Mieter keine Gegenleistung vom Vermieter erhalten habe, zulasten des Mieters gehe.
Diese Begründung überzeugt in ihrer Pauschalität nicht. Denn der Umstand, dass der Mieter während der Zeit der vor dem Mietbeginn liegenden Indexänderung keine Gegenleistung vom Vermieter erhalten hat, dürfte nicht der entscheidende Punkt sein. Vielmehr dürfte der Umstand, dass sogar an einen Zeitpunkt deutlich vor Vertragsschluss angeknüpft wurde, maßgeblich sein. Dass jedenfalls an den Indexstand zu Vertragsschluss angeknüpft werden kann, dürfte weithin anerkannt sein. Hierfür besteht gerade in Fällen von Projektenwicklungen – bei denen Vertragsschluss und Mietbeginn Jahre auseinanderliegen können – ein nicht von der Hand zu weisendes Bedürfnis.
Intransparenz
Darüber hinaus beanstandet das OLG Düsseldorf die Intransparenz der Wertsicherungsklausel.
Die Intransparenz ergebe sich vor allem daraus, dass die Regelung widersprüchlich sei. Einerseits sei eine „automatische“ Anpassung bei Indexänderung vorgesehen, andererseits soll die Wirksamkeit der Änderung von einer schriftlichen Aufforderung des Vermieters abhängig sein. Zudem bleibe unklar, wie bei Folgeanpassungen zu verfahren sei. Namentlich sei unklar, ob die „Rückanknüpfung“ der ersten Indexänderung auch bei weiteren Indexänderungen zu berücksichtigen sei.
Praxishinweise
Das OLG Düsseldorf hat aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der vorstehenden Fragen die Revision zum BGH zugelassen, diese ist dort unter dem Aktenzeichen XII ZR 51/25 anhängig. Es bleibt abzuwarten, wie sich der BGH insofern positionieren wird. Jedenfalls mit Blick auf die „Rückanknüpfung“ einer Wertsicherungsklausel an den Abschluss des Vertrags vor eigentlichem Mietbeginn wären klarstellende Worte des BGH wünschenswert.
Unabhängig vom Ausgang des Revisionsverfahrens unterstreicht die Entscheidung des OLG Düsseldorf, dass bei der Formulierung von Wertsicherungsklauseln auf größtmögliche Klarheit geachtet werden sollte – insbesondere sollten der Anpassungsmechanismus (Automatismus oder auf Verlangen, Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Anpassung) und der jeweils relevante Anpassungszeitraum eindeutig genannt werden. Bei komplexeren Wertsicherungsklauseln, die die Anpassung der Miete etwa an das Erreichen bestimmter Schwellenwerte des Index knüpfen oder eine nur teilweise Anpassung der Miete an die Indexentwicklung vorsehen, mag es sich im Einzelfall auch anbieten, eine Beispielrechnung in den Vertrag aufzunehmen.
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