Der bereuende Arbeitnehmer

31.07.2009

[] Spricht ein Arbeitnehmer eine schriftliche außerordentliche Kündigung aus, so kann er sich später regelmäßig nicht auf die Unwirksamkeit der Kündigung berufen.

Der Arbeitgeber des Klägers war mit der Zahlung des Gehalts in Verzug. Daraufhin kündigte letzterer das bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos. Gleichwohl sah sich der Arbeitgeber einige Monate später mit einer Klage des ehemaligen Arbeitnehmers auf Zahlung des Gehalts konfrontiert – und zwar für die Zeiten nach Ausspruch der Eigenkündigung. Der Kläger trug vor, die von ihm ausgesprochene Kündigung sei unwirksam. Es habe keinen wichtigen Grund für die Kündigung gegeben. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das vom Kläger angerufene Landesarbeitsgericht wiesen die Klage zurück.

Sachverhalt

Auf die Revision des Klägers wies auch das Bundesarbeitsgericht die Klage zurück (Urteil vom 12.03.2009, Az.: 2 AZR 894/07). Zunächst wies das Bundesarbeitsgericht auf die Grundsätze des Rechts zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung hin. Demnach bedürfe es stets eines wichtiges Grundes gemäß § 626 Abs. 1 BGB. Dies gelte in gleicher Weise für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ein wichtiger Grund für den Ausspruch einer Eigenkündigung könne z.B. dann vorliegen, wenn der Arbeitgeber mit Gehaltszahlungen in Rückstand ist. Fehle es an einem wichtigen Grund, sei eine außerordentliche Kündigung unwirksam. Diese Unwirksamkeit könne auch ein Arbeitgeber gerichtlich geltend machen.

In der vorliegenden Entscheidung kam es aber auf das tatsächliche Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht an. Denn der Arbeitgeber hatte die Eigenkündigung widerspruchslos hingenommen. Dieses Verhalten hat – so das Bundesarbeitsgericht – dazu geführt, dass sich der Kläger nicht mehr auf die Unwirksamkeit seiner Eigenkündigung berufen durfte. Es sei widersprüchlich, einerseits das Arbeitsverhältnis zu kündigen, und sich andererseits später auf die vermeintliche Unwirksamkeit der Kündigung zu berufen. Ein derartiges Verhalten verstoße gegen Treu und Glauben.

Anmerkung

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist auf den ersten Blick nicht überraschend. Es widerspräche dem Rechtsgefühl, wenn ein Arbeitnehmer noch Monate nach Ausspruch einer Eigenkündigung das Fehlen eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB geltend machen könnte.

Das Ergebnis des vorgenannten Urteils ist jedoch weniger selbstverständlich, als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Nicht in jedem Fall darf sich ein Arbeitgeber auf die Wirksamkeit einer Eigenkündigung verlassen. Die Rechtsprechung hatte sich schon mehrfach mit Klagen gegen Eigenkündigungen zu befassen. Häufig fechten Arbeitnehmer nachträglich ihre Kündigung an und berufen sich darauf, dass sie durch den Arbeitgeber unter Druck gesetzt worden seien. In solchen Fällen ist ein Anfechtungsrecht bejaht worden, wenn der Arbeitgeber zuvor – ohne dass ein triftiger Grund vorgelegen hätte – den Ausspruch einer arbeitgeberseitigen (fristlosen) Kündigung in Aussicht gestellt hatte. Auch im Falle einer arglistigen Täuschung wurde in der Vergangenheit ein Anfechtungsrecht bejaht. So kann es rechtswidrig sein, wenn ein Arbeitgeber einen langjährig beschäftigten Arbeitnehmer zu einer Eigenkündigung „drängt", jedoch treuwidrig über wesentliche Rechtsnachteile, die durch eine Eigenkündigung entstehen (z.B. kürzere Kündigungsfristen, Verzicht auf Abfindungen) nicht aufklärt. Eine Anfechtung wegen eines bloßen Irrtums über einen etwaigen Sonderkündigungsschutz (z.B. für werdende Mütter und schwerbehinderte Menschen) ist allerdings unbeachtlich.

In der Regel haben Klagen gegen eine Eigenkündigung einen „speziellen" Hintergrund. Bisweilen berufen sich Arbeitnehmer darauf, sie seien bei Abgabe der Kündigung geschäftsunfähig („vorübergehend geisteskrank") gewesen. Ein solcher Fall war vor dem Arbeitsgericht München anhängig. Die Klägerin trug vor, sie sei wegen Mobbings und sexueller Belästigung bei Ausspruch der Kündigung geisteskrank gewesen und erweiterte die Klage um Schadensersatz und Schmerzensgeld. Wenngleich der Nachweis einer Geschäftsunfähigkeit sehr schwer zu führen ist, kann sich trotz guter Prozessaussichten für den Arbeitgeber der Abschluss eines moderaten Abfindungsvergleichs empfehlen. Denn es bestünde durch eine Fortführung des Prozesses die Gefahr, dass durch eine Beweisaufnahme beigelegte Streitigkeiten wieder aufflammen und ein gutes Betriebsklima unnötig belastet wird.

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