Sonderkündigungsschutz für besondere Personengruppen

31.07.2009

[] Bisweilen liefert das Arbeitsrecht Fallstricke auch dort, wo man sie nicht vermuten würde. Wer würde beispielsweise beim Gedanken an das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) oder das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) auf den Gedanken kommen, dass sich hieraus fundamentale Rechte zum Schutze bestimmter Beschäftigter ergeben? Eine solche Erfahrung musste jüngst ein Arbeitgeber vor dem Bundesarbeitsgericht machen (Urteil vom 26.03.2009, Az.: 2 AZR 633/07). Kurz gefasst lag der Entscheidung folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger war seit Mai 2006 als Betriebsleiter und Betriebsbeauftragter für Abfall beschäftigt. Diese Stellung wurde nicht nur im Organigramm dokumentiert, sondern auch durch den schriftlich verfassten Arbeitsvertrag. Im Oktober 2006 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich und bot dem Kläger eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen an (Änderungskündigung). Der dagegen erhobenen Kündigungsschutzklage wurde stattgegeben. Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, dass die ordentliche Kündigung gemäß § 55 Abs. 3 KrW /AbfG nichtig war. Diese Norm verbiete den Ausspruch ordentlicher Kündigungen.

Die Entscheidung bietet einen Anlass, um die gesetzlichen Vorschriften zum Kündigungsschutz besonderer Beschäftigtengruppen zusammenzufassen.

Das Gesetz schützt nicht nur die oben genannten Abfallbeauftragten vor einer ordentlichen Kündigung. Auch Immissionsschutzbeauftragte (§ 58 BImSchG), Störfallbeauftragte (§ 58d BImSchG) und Gewässerschutzbeauftragte (§ 21f Wasserhaushaltsgesetz) genießen einen besonderen Kündigungsschutz. Eine ordentliche Kündigung ist ausgeschlossen. Dies gilt auch für einen Zeitraum von einem Jahr nach Beendigung der Bestellung. Eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 BGB bleibt jedoch möglich. Zu den bekannteren Kündigungsverboten zählt § 15 KSchG, der Betriebsratsmitglieder schützt. Der Kündigungsschutz ist für die Dauer von einem Jahr sogar nachwirkend. Eine Ausnahme gilt nur für Kündigungen aufgrund einer Betriebsstilllegung sowie für außerordentliche Kündigungen (vorbehaltlich der Zustimmung durch den Betriebsrat oder das Arbeitsgericht). Einen abgeschwächten Schutz genießen (u.a.) sogar Mitglieder des Wahlvorstands. Einen „Klassiker“ stellt auch § 85 SGB IX dar. Die Norm statuiert jedoch im Gegensatz zu den vorgenannten Vorschriften kein generelles Kündigungsverbot. Vielmehr stellt sie die Kündigung schwerbehinderter Menschen unter den Zustimmungsvorbehalt des Integrationsamtes. Deren Aufgabe ist vor allem die Prüfung, ob die Kündigung aufgrund der Behinderung erfolgt. Einen sehr weitgehenden Kündigungsschutz genießen werdende Mütter. Während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung ist eine Kündigung generell unzulässig (§ 9 MuSchG). Eine Kündigung ist nur in besonderen Fällen möglich, wenn die zuständige Behörde die Kündigung ausnahmsweise für zulässig erklärt hat. Der Kündigungsschutz ist somit noch weitergehender als der von Betriebsratsmitgliedern oder besonderen Beauftragten. Ein entsprechender Sonderkündigungsschutz gilt für Arbeitnehmer in Elternzeit (§ 18 BEEG). Von dem Zeitpunkt, von dem an Elternzeit verlangt worden ist (höchstens jedoch acht Wochen vor Beginn der Elternzeit) und während der Elternzeit darf keine Kündigung ausgesprochen werden. Nur in Ausnahmefällen kann die zuständige Behörde die Kündigung für zulässig erklären. Besonderheiten gelten auch im Hinblick auf Auszubildende. Während der vereinbarten Probezeit ist die Kündigung jederzeit und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist möglich. Danach kann nur noch aus einem wichtigen Grund gekündigt werden. Die Kündigungsgründe müssen in der Kündigung angegeben (§ 22 BBiG). Schließlich sind auch Wehrdienstleistende und Zivildienstleistende gemäß § 2 Arbeitsplatzschutzgesetz bzw. § 78 Zivildienstgesetz besonders geschützt. Schließlich kann im „Superwahljahr 2009“ Artikel 48 GG von Bedeutung sein. Danach darf niemand daran gehindert werden, das Amt eines Abgeordneten zu übernehmen und auszuüben. Eine Kündigung oder Entlassung aus diesem Grunde ist unzulässig.

Schließlich ist vor Ausspruch einer Kündigung stets zu prüfen, ob sich nicht auch aus dem Arbeitsvertrag oder aus Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung Einschränkungen ergeben.

! AKTUELL ! Der Bundestag hat am 03.07.2009 eine Verbesserung des Kündigungsschutzes des Datenschutzbeauftragten beschlossen. § 4f BDSG soll dahingehend geändert werden, dass eine Kündigung – auch nachwirkend - nur noch aus wichtigem Grund möglich ist. Das Gesetz soll zum 01.09.2009 in Kraft treten.

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