[Köln, ] In unserem Newsletter I/2014 berichteten wir über das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 21.03.2013, nach dem ein Makler eine Courtage auch dann verdienen und vom Käufer verlangen kann, wenn der letztlich verbindlich vereinbarte Kaufpreis um mehr als 43 % unter dem Angebotspreis liegt, mit dem die Immobilie dem Käufer zunächst vorgestellt wurde. Dieses Urteil hat der Bundesgerichtshof nun in letzter Instanz aufgehoben.
Sachverhalt
Eine Immobilienmaklerin wies der Interessentin und späteren Beklagten eine bebaute Gewerbeimmobilie zu einem Kaufpreis von EUR 1,1 Mio. nach. Eine Tochtergesellschaft der Interessentin erwarb die Immobilie in der Folgezeit zu einem Kaufpreis von EUR 525.000 zzgl. USt. Als die Maklerin eine Käufercourtage in Höhe von EUR 18.742,50 brutto von der späteren Beklagten verlangte, wies diese die Ansprüche der Immobilienmaklerin zurück.
Die Klage der Maklerin auf Maklercourtage blieb in erster Instanz erfolglos. Das OLG Hamm sprach der Klägerin hingegen in der Berufungsinstanz den Anspruch auf die Courtage zu. Zur Begründung verwies das Gericht darauf, dass mit dem konkret abgeschlossenen Geschäft letztlich der gleiche wirtschaftliche Erfolg erzielt worden sei; Reduzierungen des Kaufpreises im Rahmen der Prüfung der Immobilie stellten insofern einen geradezu typischen Geschehensablauf dar. Ob das vom Makler nachgewiesene mit dem letztendlich abgeschlossenen Geschäft identisch sei, sei ausnahmsweise nicht relevant.
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof hat nunmehr das vorgenannte Urteil des OLG Hamm aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Zur Begründung stützt sich der Bundesgerichtshof dabei auf die bislang von der mehrheitlichen Auffassung der Oberlandesgerichte und der Literatur vertretene Linie, dass die Frage einer Identität zwischen nachgewiesenem und schließlich abgeschlossenem Rechtsgeschäft entscheidend bleibt und Vorrang vor anderen Erwägungen hat. Es seien keine Gründe ersichtlich, warum von diesem Prüfungsmaßstab abgewichen werden solle.
Bei Grundstücksgeschäften komme es häufig vor, dass die Vertragsschließenden ihre jeweiligen Vorstellungen nicht voll verwirklichen könnten. Nach der mehrheitlichen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur könnten solche Abweichungen den Courtageanspruch nicht ausschließen, wenn sie sich im Rahmen dessen halten, womit der Maklerkunde bei der Beauftragung gerechnet habe. In Bezug auf etwaige Divergenzen zwischen ursprünglichem Angebotspreis und verbindlichem Kaufpreis tendiert der Bundesgerichtshof offenbar dazu, die maßgebliche Schwelle, bis zu der Abweichungen unbeachtlich sein sollen, weiterhin bei 15 % zu belassen.
Im vorliegenden Fall kam jedoch noch ein Sachverhaltsdetail hinzu, dass der Bundesgerichtshof nunmehr augenscheinlich in eine ganz andere Richtung als das OLG Hamm bewertet: Die am Ende erhebliche Kaufpreisreduzierung habe vor allem darauf gefußt, dass die Parteien den Grundstückswert abzüglich der Abbruchkosten zugrunde gelegt hätten. Tatsächlich sei aber von der Maklerin zunächst ein bebautes Grundstück nachgewiesen worden. Wirtschaftlich gesehen sei dagegen ein unbebautes Grundstück verkauft worden, weil die Abbruchkosten zulasten des Verkäufers vom Kaufpreis abgezogen wurden. Entgegen der Ansicht des OLG Hamm sei eben dies nicht unbeachtlich; vielmehr bedeute dieser Unterschied, dass mit dem abgeschlossenen Geschäft eben gerade nicht der gleiche wirtschaftliche Erfolg wie mit dem ursprünglich nachgewiesenen Geschäft erreicht worden sei.
Anmerkung
Mit seiner Entscheidung bleibt der Bundesgerichtshof bei seiner restriktiven Handhabung von derartigen Fällen, bei denen insbesondere der letztendlich vereinbarte Kaufpreis deutlich hinter dem ursprünglichen Angebotspreis zurückbleibt. Die maklerfreundlichere Entscheidung des OLG Hamm wurde damit - letztlich nicht ganz unerwartet - wieder kassiert.
Inhaltlich mag die Entscheidung des Bundesgerichtshofs konsequent sein und bei abstrakter Sichtweise derartige Fälle vertretbar und angemessen rechtssicher regeln. Gleichwohl ist fraglich, ob die Entscheidung praxisgerecht ist und in jedem Einzelfall zu richtigen Ergebnissen führt. Man darf nicht vergessen, dass es hier um eine Preisreduzierung und nicht um eine Preiserhöhung ging. D.h. für den Käufer, von dem die Courtage verlangt wurde, hat sich nicht nur ein wirtschaftlich gleichwertiges sondern sogar ggf. ein wirtschaftlich besseres Geschäft realisiert. Die Erwartung des Käufers als Maklerkunden ging im Zweifel sogar genau dahin, den Kaufpreis noch um einiges reduzieren zu können. Dass sich dieses Reduktion damit am Ende nicht mehr im Rahmen dessen gehalten haben sollte, was der Kunde erwarten durfte, ist zweifelhaft und wird auch vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung nicht mehr konsequent zu Ende ausgeführt.
Bewertung und Folgen für die Praxis
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist vertretbar, wenn auch die Begründung wenig überzeugt. Wie die Entscheidung des OLG Hamm zeigt, ist es stets möglich, dass abweichende, ggf. praxisgerechtere Entscheidungen erstritten werden. Im Einzelfall bedarf es daher einer sehr umfassenden Sachverhaltsbewertung und einer entsprechenden prozessualen Aufbereitung, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen.