Zeitlich unbegrenztes Vorbeschäftigungsverbot? Wieder neue Entwicklungen im Befristungsrecht!

31.10.2014

Leitsatz

Es ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, ob § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG mit Art. 12 Abs. 1, 2 Abs. 1 und 3 Abs. 1 GG unvereinbar und deshalb nichtig ist (Arbeitsgericht Braunschweig, 3. April 2014).  

Sachverhalt

Das Arbeitsgericht Braunschweig (5 Ca 463/13) hatte über die Wirksamkeit einer Befristung zu entscheiden. Der Kläger war bei der Beklagten als Lagerarbeiter vom 12. Dezember 2007 bis 6. November 2009 befristet beschäftigt. Ab 19. November 2012 war der Kläger erneut bei der Beklagten vom 15. November 2012 befristet beschäftigt. Die ursprünglich bis 30. November 2012 vereinbarte Befristung wurde insgesamt drei Mal, nämlich am 21. November 2012 bis 31. Dezember 2012, sodann am 20. Dezember 2012 bis 28. Februar 2013 und am 26. Februar 2013 bis 27. September 2013 verlängert. Der Beschäftigungsbedarf bei der Beklagten ist weder nach dem Ende der ersten noch der letzten Befristung weggefallen und die Beklagte deckte weiterhin keine Auftragsspitzen ab. Mit seiner Klage machte der Kläger die Unwirksamkeit der letzten Befristung zum 27. September 2013 geltend.

Entscheidung

Das Arbeitsgericht Braunschweig setzte das Verfahren aus und rief das Bundesverfassungsgericht am 3. April 2014 zu der Frage an, ob § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG gegen Art. 12, 2 und 3 GG verstößt. Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist eine Befristung nach  § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG (Befristung ohne Sachgrund) nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat (sog. Vorbeschäftigungsverbot). Das Arbeitsgericht Braunschweig hält die Norm des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG für verfassungswidrig und entsprechend für unanwendbar. Sie verstoße gegen Art. 12 Abs. 1 GG sowie gegen Art. 2 Abs. 1 GG. Sowohl die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Privatautonomie als auch die Garantie der freien Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG schlössen das Recht ein, Arbeitsverhältnisse durch die Abgabe übereinstimmender Willenserklärung zu begründen, auszugestalten und zu befristen. Die Vertragsfreiheit als wesentlicher Ausdruck der Privatautonomie werde allgemein durch das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nach Art. 2 Abs. 1 GG geschützt.

Anmerkung

Das Kapitel des Vorbeschäftigungsverbotes durchlebt einen Wandel, der noch nicht abgeschlossen ist. Das LAG Baden-Württemberg entschied am 21. Februar 2014 (7 Sa 64/13), dass die Auffassung des BAG, wonach eine „Zuvor-Beschäftigung“ nicht gegeben sei, wenn das frühere Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückliege, die Grenzen verfassungskonformer Auslegung und richterlicher Rechtsfortbildung überschreite. Dogmatisch ist dies überzeugend, denn dem Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG lassen sich in der Tat keine zeitlichen Schranken entnehmen. Aus arbeitsmarktpolitischer Sicht ist die Beschränkung des Vorbeschäftigungsverbotes auf drei Jahre jedoch zu begrüßen. Für den Arbeitgeber bleibt die rechtliche Situation zunächst unverändert: Sollte das Bundesverfassungsgericht die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts Braunschweig teilen, wäre der Gesetzgeber endgültig gefordert, eine neue Regelung zu finden. Bis dahin wäre § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG wegen Verstoßes gegen Grundrechte verfassungswidrig und damit unanwendbar. Vereinbarte Befristungen unterlägen folglich keinem Anschlussbeschäftigungsverbot. Hält das Bundesverfassungsgericht die Norm hingegen für verfassungskonform, so ist die Norm anwendbar, es gilt jedoch zunächst weiterhin nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung des BAG die Drei-Jahres-Regelung, so dass Vorbeschäftigungen aus früheren Zeiten für die Wirksamkeit der Befristung unbeachtlich sind. Das LAG Baden-Württemberg ließ in seinem Urteil vom  21. Februar 2014 die Revision zum BAG zu (7 AZR 196/14), so dass das BAG sich erneut mit der Drei-Jahres-Regelung befassen wird. Es ist jedoch davon auszugehen, dass das BAG weiterhin an dieser Beschränkung festhalten wird.

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