Private Internetnutzung als außerordentlicher fristloser Kündigungsgrund

10.12.2020

Online ShoppingPrivate Smartphones sowie die Notwendigkeit der Zurverfügungstellung eines internetfähigen Arbeitsplatzes eröffnen Arbeitnehmern die Möglichkeit, während der tatsächlichen Arbeitszeit zu privaten Zwecken im Internet zu surfen. Dies kann für Arbeitgeber unter anderem dann zum Ärgernis werden, wenn die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung hierunter leidet. Das Bundesarbeitsgericht hat insoweit in der Vergangenheit festgestellt, dass eine außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wegen privater Internetnutzung jedoch nur dann möglich sei, wenn es sich hierbei um eine „exzessive“ Internetnutzung handele. Weitergehende Feststellungen, wann eine derartig „exzessive“ Internetnutzung vorliegt, hat das Bundesarbeitsgericht nicht getroffen.

In einer Entscheidung vom 07. Februar 2020 (Az. 4 Sa 329/19) hat das Landesarbeitsgericht Köln nunmehr festgestellt, dass die private Internetnutzung jedenfalls dann eine außerordentliche Kündigung wegen eines Arbeitszeitbetruges rechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer sowohl an mehreren Tagen durchgehend als auch über Monate hinweg regelmäßig Internetseiten aufruft und E-Mails zu privaten Zwecken verschickt. Dies gilt umso mehr dann, wenn zwischen den einzelnen URL-Aufrufen ein Zeitraum von weniger als ein bis zwei Minuten liegt, denn dazwischen kann keine Arbeitsleistung erbracht worden sein.

Neben dieser Feststellung ist das Urteil des LAG vor allem deswegen von besonderem Interesse, da das Gericht umfangreiche Ausführungen hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast bei einer privaten Internetnutzung machte und sich daneben intensiv mit der Frage der (prozessualen) Verwertbarkeit privater E-Mails auf dienstlichen Laptops sowie Log-Dateien der entsprechenden Internetbrowser beschäftigte. 

Sachverhalt

Der Kläger, der bei der beklagten Arbeitgeberin als Softwareprogrammierer beschäftigt war, schuldete eine Arbeitszeit von täglich acht Stunden. Beginn, Ende sowie Pausen der Arbeitszeit waren vertraglich nicht festgelegt. In einer Nutzungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag war festgelegt, dass die private Nutzung von Fernkommunikationsmitteln wie Mobiltelefon, Laptop oder PC nicht gestattet sei. Gleiches galt für die Nutzung des Internets. Unstreitig war, dass der Kläger an einem einzigen Tag insgesamt 13 E-Mails an seinen Vater verschickte, die keinen Bezug zu seiner Arbeit hatten. Daneben legte die beklagte Arbeitgeberin für einzelne Tage umfangreich dar, in welchem Umfang der Kläger Internetseiten aufrief. Der Kläger behauptete diesbezüglich, dass er sich an die Aufrufe von Internetseiten nicht konkret erinnern könne, er jedenfalls die Internetseiten nie während der Arbeitszeit besucht habe. Ferner rügte der Kläger auch „massive Verstöße“ gegen den Datenschutz. 

Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln

Wie bereits dargestellt, ist das Urteil nicht nur deswegen interessant, weil es Ausführungen dazu enthält, dass eine einen Arbeitszeitbetrug begründende exzessive Internetnutzung dann vorliegt, wenn sowohl an mehreren Tagen durchgehend als auch über Monate hinweg Internetseiten aufgerufen und E-Mails zu privaten Zwecken verschickt werden. 

Das Urteil ist auch deswegen von besonderem Interesse, da das Gericht es von Seiten des Arbeitgebers zur Darlegung eines Arbeitszeitbetruges als ausreichend erachtet hat, wenn dieser darlegt, in welchem Zeitraum der Arbeitnehmer welche Internetseiten besucht hat. Tritt der Arbeitnehmer einem solchen Vortrag nicht qualifiziert entgegen und legt nicht im Einzelnen dar, dass und warum diese Internetnutzung nicht zu privaten Zwecken, jedenfalls aber außerhalb der Arbeitszeit stattgefunden hat, können die entsprechenden Daten unmittelbar zur Beurteilung des Vorliegens einer „exzessiven Internetnutzung“ zugrunde gelegt werden.

Von besonderer Bedeutung sind ferner die Ausführungen des Gerichts zur Verwertbarkeit der vom Arbeitgeber vom Dienstlaptop gewonnenen Informationen über das Nutzungsverhalten des Arbeitnehmers. Auf diese konnte im Prozess vollständig zurückgegriffen werden, da sie datenschutzkonform erhoben worden seien. Als Grundlage stellte hierbei das Gericht jedoch nicht auf die vertraglich vereinbarte Einwilligung ab, wonach der Arbeitgeber die auf den Arbeitsmitteln befindlichen Daten zum Zwecke der Zuordnung zu privaten oder geschäftlichen Vorgängen überprüfen durfte.

Stattdessen stützte sich das Gericht auf die zentrale Regelung des Beschäftigtendatenschutzes, § 26 Abs. 1 BDSG. Aufgrund des bestehenden Verbots der privaten Internetnutzung sei die Datenerhebung für die Missbrauchskontrolle und damit für die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich gewesen. Im Rahmen der Beendigung sei ein Rückgriff auf die während des Beschäftigungsverhältnisses gespeicherten Daten möglich, da sie der Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozess und somit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG dienten. 

Fazit

Es zeigt sich einmal mehr, dass die Nutzung von Internet und IT-Kommunikationsmitteln stets geregelt werden sollte. Dies nicht nur im Hinblick auf IT-Sicherheit, sondern auch für Konstellationen wie die vorliegende. Im vorliegenden Fall konnte sich der Arbeitgeber deshalb erfolgreich auf die entsprechenden Nutzungsdaten berufen, da er die private Nutzung des Internets ausdrücklich verboten und nur zu dienstlichen Zwecken zugelassen hatte. Eben hierdurch konnte er im Kündigungsschutzprozess eine exzessive Internetnutzung und damit das Vorliegen eines Arbeitszeitbetruges nachweisen.

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