Gebäuderichtlinie (EPBD) passiert EU-Parlament

Frankfurt am Main, 13.03.2024

Die Europäische Union will bis 2050 klimaneutral werden. Teil des Pakets „Fit Für 55“, mit dem die Emissionen in der EU bis 2030 um mindestens 55% gegenüber 1990 sinken sollen, ist die Überarbeitung der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD). Das Europäische Parlament hat dem Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie am 12. März 2024 formell zugestimmt.[1]

Klimarelevanz des Gebäudesektors

Die Gebäude in der EU machen 40% des Endenergieverbrauchs aus und verursachen 36% der unionsweiten energiebedingten Treibhausgasemissionen. Bedarf zur energetischen Renovierung besteht bei fast 75% der Gebäude in der EU.[2] Der Gebäudesektor bietet erhebliches Potenzial zur Reduzierung der Emissionen.

Hintergrund

Die Europäische Kommission hat bereits im Dezember 2021 einen Vorschlag zur weiteren Überarbeitung der Gebäuderichtlinie eingebracht. Nach politischem Ringen um die Vorgaben erzielten die Kommission, das Europäische Parlament und der Europäische Rat am 07. Dezember 2023 eine vorläufige Einigung über den Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie.[3] Die formelle Annahme des Vorschlags durch den Europäischen Rat steht noch aus.

Wesentliche Änderungen durch die Richtlinie

Der Vorschlag enthält ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden. 

Energieverbrauch von Bestandsgebäuden

Der Energieverbrauch von Gebäuden soll erheblich reduziert werden. Dafür muss die Gesamtenergieeffizienz, also die Energiemenge, die ein Gebäude pro Quadratmeter jährlich verbraucht, berechnet werden. 

Für Nichtwohngebäude obliegt es den Mitgliedstaaten, Mindestvorgaben für Gesamtenergieeffizienz festzulegen. Artikel 9 Nr. 1 des Vorschlags sieht die Einführung eines 16 % und eines 26 % Schwellenwertes (tresholds) vor. Dabei wird die Energieeffizienz des gesamten Gebäudebestands der Nichtwohngebäude von Januar 2020 erfasst und in Gruppen oberhalb (vergleichsweise schlechte Energieeffizienz) oder unterhalb dieser Schwellenwerte (vergleichsweise bessere Energieeffizienz) eingeteilt. Ausgehend davon sieht der Vorschlag sodann vor, dass der Energieverbrauch aller Nichtwohngebäude bis 2030 niedriger als bei den Gebäuden in der Gruppe oberhalb des 16%-Schwellenwertes und bis 2033 niedriger als bei den Gebäuden in der Gruppe oberhalb des 26%-Schwellenwertes sein muss.

Bei Wohngebäuden soll der durchschnittliche Primärverbrauch bis 2030 um 16% und bis 2035 um 20-22% gesenkt werden, Artikel 9 Nr. 2 des Vorschlags. Dabei müssen mindestens 55% der Energieeinsparungen durch Renovierungen der Gebäude mit der schlechtesten Energieeffizienz erreicht werden. Eine ursprünglich von der Kommission beabsichtigte Sanierungspflicht für Wohngebäude wird die Richtlinie nicht enthalten.

2050 sollen alle Bestandsgebäude Nullemissionsgebäude sein, d.h. am Standort keine Emissionen aus fossilen Brennstoffen mehr verursachen (Art. 9b des Vorschlags). Ausnahmen gelten etwa für historische Gebäude, Industrieanlagen und landwirtschaftliche Nutzgebäude.

Neubauten

Bis 2030 müssen alle neuen Gebäude Nullemissionsgebäude sein. Stehen sie im Eigentum öffentlicher Einrichtungen, soll die Vorgabe schon 2028 gelten. 

Solarenergieanlagen

Für den Ausbau erneuerbarer Energie sollen mehr Solarenergieanlagen installiert werden,

  • ab 2027: auf allen neuen öffentlichen Gebäuden und Nichtwohngebäuden ab 250 m² Nutzfläche
  • ab 2028: auf allen bestehenden Nichtwohngebäuden ab 500 m² Nutzfläche, die einer genehmigungspflichtigen Maßnahme (Renovierung / Umbau) unterzogen werden und auf allen bestehenden öffentlichen Gebäuden und Nichtwohngebäuden ab 2000 m²
  • ab 2029: auf allen bestehenden Nichtwohngebäuden und öffentlichen Gebäuden ab 750 m²
  • ab 2030: auf allen neuen Wohngebäuden und angrenzenden neuen überdachten Parkplätzen
  • ab 2031: auf allen bestehenden öffentlichen Gebäuden ab 250 m² Nutzfläche.

Infrastruktur und Förderungen 

Neue und umfassend renovierte Gebäude sollen daneben über mehr Ladestationen für Elektrofahrzeuge, bessere Infrastruktur für Ladestationen in der Zukunft und mehr Fahrradstellplätze verfügen.

Um Energiearmut zu bekämpfen und Anreize für den Umbau zu setzen, sollen die Mitgliedstaaten nationale Förderprogramme und administrative Unterstützung anbieten.

Inkrafttreten und Umsetzung ins nationale Recht

Die neue Richtlinie wird die gültige Gebäuderichtlinie 2010/31/EU ablösen. Vor Inkrafttreten muss der Europäische Rat noch formell zustimmen. Anschließend sollen die Mitgliedstaaten die Vorgaben innerhalb von 24 Monaten in nationales Recht umsetzen (Art. 32 Abs. 1 des Vorschlags).

Bedeutung für die Baubranche und die öffentliche Hand

Die neue Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD) wird zur Erreichung der unionsweiten Dekarbonisierungsziele bis 2030 und 2050 beitragen und spürbare Auswirkungen für Unternehmen und die öffentliche Hand haben. Die Gebäuderenovierungen bieten erhebliches Emissionsreduzierungspotenzial und gehen einher mit den Bestrebungen der Europäischen Kommission, die Renovierungsquoten in den Mitgliedstaaten bis 2030 mindestens zu verdoppeln und sicherzustellen, dass die Energieeffizienz und der Anteil erneuerbarer Energien durch Renovierungen erhöht werden.[4]

Öffentliche Auftraggeber werden sich der Herausforderung stellen müssen, als erste die Vorgaben der neuen Gebäuderichtlinie umzusetzen. Anstehende Vergaben von Bauleistungen werden die vorgegebenen Kriterien einbinden, um die Erreichung der Klimaziele zu ermöglichen.

Gemeinsam mit den aufgrund der jeweiligen Klimaschutzgesetze anwendbaren Regelungen zur Berücksichtigung externen Effekte der Umweltbelastung (CO₂-Schattenpreis) wird der Aspekt des Klimabewusstseins die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und die öffentliche Beschaffung stark beeinflussen.

 

[1] https://www.bmwsb.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/Webs/BMWSB/DE/2024/03/statement_
epbd_richtlinie.html

[2] https://www.consilium.europa.eu/de/infographics/fit-for-55-making-buildings-in-the-eu-greener/

[3] Text der vorläufigen Einigung in englischer Sprache: https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-16655-2023-INIT/en/pdf

[4] https://energy.ec.europa.eu/topics/energy-efficiency/energy-efficient-buildings/renovation-wave_en

 

*Mitautorin des Beitrags ist Linda Koßmann

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