Grunderwerbsteuer und konzerninterne Umstrukturierung: BFH legt § 6a GrEStG dem EuGH zur Vorabentscheidung vor

13.10.2017

Einführung

Unter Steuerrechtlern gibt es eine besonders pointierte - wenn auch erkennbar (zu) pauschale - Aussage, dass man nur an Grundstücke "denken" müsse, damit Grunderwerbsteuer anfalle. D. h. im Zweifel können auch (unentgeltliche) Verschiebungen von Grundstücken innerhalb einer Unternehmensgruppe grunderwerbsteuerpflichtig sein.

Allerdings stellte § 6a GrEStG konzerninterne Umwand­lungsmaßnahmen unter bestimmten Voraussetzungen bislang von der Grunderwerbsteuer frei. Auch wenn die Voraussetzungen zur Anwendung der Vorschrift recht eng und verschiedene Anwendungsfragen noch unge­klärt sind, erlaubte § 6a GrEStG daher bisher in einigen Konstellationen Umstrukturierungen, ohne dabei Grunderwerbsteuer auszulösen, die andernfalls grund­sätzlich anfiele.

Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 30.05.2017

Nunmehr hat aber der Bundesfinanzhof (BFH) mit Beschluss vom 30.05.2017 (II R 62/14) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage zur Entscheidung vorge­legt, ob die Verschonungsregelung des § 6a GrEStG eine verbotene (selektive) Beihilfe darstellt.

In seinem Vorlagebeschluss kommt der BFH zu dem Ergebnis, dass beachtliche Gründe vorliegen, § 6a GrEStG nicht als selektive Beihilfe anzusehen. Denn die Steuerbegünstigung beschränke sich nach ihrem Wortlaut nicht auf bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige, sondern gelte unabhängig von der Art der Tätigkeit für alle inländischen und ausländischen Unternehmen. Soweit die Begünstigung an bestimmte Voraussetzungen anknüpfe, bestünden Zweifel, ob die Vorschrift deswegen einen selektiven Vorteil verschaffe.

Auswirkungen auf die Praxis

Sollte der EuGH eine Beihilfe bejahen, hätte die Kommis­sion über die Vereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Binnenmarkt zu entscheiden. Bis zur Entscheidung der Kommission wäre § 6a GrEStG nicht anwendbar.

Weder die Entscheidung des EuGH noch eine etwaig nachfolgende Entscheidung der Kommission sind vorher­sehbar. Insoweit kann derzeit nicht empfohlen werden, sich auf die Anwendbarkeit des § 6a GrEStG zu verlassen. Soweit möglich, sollte man deshalb entsprechende Umstrukturierungsmaßnahmen aufschieben, bis Rechts­sicherheit besteht oder alternative Strukturierungen in Betracht ziehen.

Stellt sich heraus, dass § 6a GrEStG keine unionsrechts­widrige Beihilfe darstellt, ist eine positive Revisionsent­scheidung des BFH in Sicht, die zwei wesentliche Zwei­felsfragen zugunsten des Steuerpflichtigen entscheidet.

Der BFH hat nämlich bereits jetzt dargelegt, dass bei der Anwendung des § 6a GrEStG der an der Umwandlung als herrschendes Unternehmen beteiligte Rechtsträger kein Unternehmer im Sinne des § 2 UStG sein muss. Ferner könne die fünfjährige sog. Nachbehaltensfrist für die Beteiligung des beherrschenden Rechtsträgers an der abhängigen Gesellschaft nur gelten, wenn sie aufgrund der Umwandlung auch eingehalten werden könne. Dies ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn die Gesell­schaft im Rahmen der Umwandlung untergeht.

Erklärt die Kommission § 6a GrEStG als mit dem Binnen­markt unvereinbar, so droht die Nacherhebung der auf Basis dieser Vorschrift bislang nicht erhobenen Grunderwerbsteuer – dies gilt auch, soweit im Einzelfall eine verbindliche Auskunft erteilt wurde.

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