Investitionen ausländischer Unternehmen in Deutschland – striktere Investitionsprüfung im Jahr 2020?

Köln, 14.01.2020

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zieht Konsequenzen aus Fällen wie 50Hertz und Kuka und plant eine Verschärfung der Außenwirtschaftsverordnung

Besserer Schutz sensibler oder sicherheitsrelevanter Technologien

Mit Vorlage des finalen Entwurfs der „Industriestrategie 2030“ Anfang Dezember 2019 kündigte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier nun eine erneute Verschärfung der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) an. Neben einer geplanten Einbindung anderer EU-Mitgliedsstaaten und der Europäischen Kommission in das Prüfverfahren beinhaltet das Strategiepapier für „sensible oder sicherheitsrelevante Technologien“ einen besseren Schutz vor Investitionen aus dem EU-Ausland, um die „technologische Souveränität“ Deutschlands zu sichern.

Zudem werden die Abwehrinstrumente geschärft. Nach der Novellierung der AWV wird für eine Untersagung bereits die Annahme ausreichen, es liege eine „Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit“ vor. Bislang war das Vorliegen einer „Gefährdung“ erforderlich, sodass die Schwelle ein Stück nach unten verschoben wird.

Darüber hinaus kann nach der aktuellen Fassung der AWV in Einzelfällen bereits eine temporäre staatliche Beteiligung an Unternehmen über die KfW in Betracht gezogen und realisiert werden. Im Fall von 50Hertz, einem ostdeutschen Stromnetzbetreiber, wollte die chinesische SGCC 20 % der Anteile erwerben. Die KfW musste einspringen und diese Anteile kaufen, damit die SGCC nicht zum Eigentümer der Aktien wird. Für solche Fälle plant der Staat, sich weiterhin die Möglichkeit vorzubehalten, die Anteile an einem Unternehmen über die KfW zu erwerben, die ansonsten an einen Nicht-EU-Investor verkauft würden. Um den Entscheidungsprozess zu beschleunigen und effizienter zu gestalten, wird die neue AWV auf der Ebene der Staatssekretäre einen Ständigen Ausschuss "nationale Rückgriffsoption" schaffen, durch den das Bundeskabinett die notwendigen Entscheidungen treffen kann. Laut Peter Altmaier soll diese Möglichkeit des Rückgriffs weiterhin das letzte Mittel sein.

Erweiterung der 10-%-Schwelle auf sensible oder sicherheitsrelevante Technologien

Ein Papier aus dem Wirtschaftsministerium mit dem Titel „Stärkung des nationalen Investitionsprüfungsrechts“ enthält Details über die geplanten Änderungen: der Katalog der Unternehmen, deren Erwerb der verringerten Prüfschwelle von 10 % unterliegt, soll um solche erweitert werden, die „sensible oder sicherheitsrelevante Technologien“ betreffen. Die Novellierung der AWV soll Unternehmen in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Robotik, Halbleiter (Semikonduktor), Biotechnologie, Dual-use-Technologien und Quantentechnologie besser schützen. Altmaier möchte das Investitionsprüfungsregime effektiver und widerstandsfähiger im Sinne der Bundesregierung ausgestalten. Ein Fall Kuka soll sich so nicht wiederholen.

Hintergrundinformationen: Das Investitionsprüfungsregime der AWV

Grundsätzlich bestehen zwei Prüfungsverfahren – das sektorspezifische und das sektorübergreifende Verfahren.

Die sektorspezifische Prüfung  gilt für alle Erwerbe durch ausländische Personen, also auch für Personen mit Sitz in der EU. Sie greift bereits bei einem Erwerb von mehr als 10 % der Stimmrechte an einem deutschen Unternehmen ein.  Erforderlich ist, dass das Zielunternehmen eine in § 60 AWV  aufgeführte Tätigkeit ausübt. Diese Tätigkeiten betreffen insbesondere Kriegswaffen und militärische Güter. Es besteht eine Meldepflicht des Erwerbs.

Die sektorübergreifende Prüfung greift nur bei einem Erwerber von außerhalb der EU/EFTA ein. Beim sektorübergreifenden Prüfungsverfahren wird zwischen kritischen Infrastrukturen (§ 55 Abs. 1 S. 2 AWV) und sonstigen Bereichen unterschieden. Bei den kritischen Infrastrukturen besteht eine Meldepflicht bei Beteiligungen von mindestens 10 % der Stimmrechte durch ein unionsfremden Erwerber (§§ 55 Abs. 4, 56 Abs. 1 Nr. 1 AWV).

Bei allen sonstigen Bereichen steht dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) ein Prüfungsrecht erst ab einem Erwerb von mindestens 25 % der Stimmrechte an einem inländischen Unternehmen zu (§ 56 Abs. 1 Nr. 2 AWV). Hier besteht zwar keine Meldepflicht, allerdings kann das  BMWi innerhalb der nächsten 5 Jahren nach dem Abschluss des schuldrechtlichen Kaufvertrags über dem Erwerb eines Unternehmens das Prüfungsverfahren einleiten (§ 55 Abs. 3 S. 6 AWV). Zur Erlangung von Rechtssicherheit wird in der Praxis daher oft eine Unbedenklichkeitsbescheinigung beantragt (§ 58 AWV).

In der M&A-Praxis wird der Vollzug der Transaktion vermehrt unter die aufschiebende Bedingung einer Freigabe bzw. der Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung durch das BMWi gestellt. (closing condition). In vielen Fällen dauert die AWG-Prüfung mittlerweile länger als etwaige  Fusionskontrollverfahren. Insbesondere, wenn das Zielunternehmen über eine kritische Infrastruktur und/oder zukunftsrelevante Technologien verfügt, ist mit einer  vertieften Prüfung durch das BMWi zu rechnen. Dies gilt im besonderen Maße, wenn es sich bei dem Erwerber um ein chinesisches Unternehmen handelt.

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