Gesellschaftsrechtliche Vorhaben im Koalitionsvertrag der 21.Legislaturperiode

München, 16.05.2025

Die Regierungskoalition aus CDU, CSU und SPD hat am 5. Mai 2025 den Koalitionsvertrag für die 21. Legislaturperiode mit dem Titel „Verantwortung für Deutschland“ unterschrieben. In diesem Legal Update werden die dort vorgesehenen wesentlichen Neuerungen für das Unternehmens- und insbesondere das Gesellschaftsrecht dargestellt. Zentrale Anliegen der neuen Koalition in diesen Bereichen sind die Digitalisierung und der Bürokratieabbau. Zu den arbeitsrechtlichen Vorhaben im Koalitionsvertrag vgl. unser Legal Update vom 6. Mai 2025.

Unternehmensgründungen

Unternehmensgründungen sollen in mehrfacher Hinsicht vereinfacht werden (Zeilen 100 ff. des Koalitionsvertrags): Die Möglichkeit digitaler Beurkundungsprozesse soll ausgeweitet werden. Der automatische Datenaustausch zwischen Notariat, Finanzamt und Gewerbeamt soll ermöglicht werden. Zudem plant die Koalition die Schaffung eines „vollständigen One-Stop-Shop“, der alle Anträge und Behördengänge auf einer Plattform digital bündelt und eine Unternehmensgründung innerhalb von 24 Stunden ermöglichen soll. 

Die im Wahlprogramm der CDU enthaltene Forderung nach einer „Gründerschutzzone“ hat es insoweit in den Koalitionsvertrag geschafft, als deren Schaffung zumindest geprüft werden soll. Was es mit dieser „Gründerschutzzone“ auf sich hat, ist freilich unklar. Im Wahlprogramm der CDU heißt es dazu lediglich, dass Gründer in der Startphase weitgehend von bürokratischen Vorschriften befreit werden sollen.

Gesellschaft mit gebundenem Vermögen

Das bereits im Koalitionsvertrag der Ampelregierung enthaltene Projekt einer „Gesellschaft mit gebundenem Vermögen“ hat es auch in den Koalitionsvertrag der schwarz-roten Koalition geschafft (Zeilen 2815 ff.). Merkmale dieser Rechtsform sind demnach die unabänderliche Vermögensbindung und die Teilhabe nach mitgliedschaftlicher Logik ohne steuerliche Privilegierungen oder Diskriminierungen. Die dahinterstehende Idee kann dahingehend zusammengefasst werden, dass Gewinne, die normalerweise durch Dividendenrechte und einen durch Verkauf realisierbaren erhöhten Unternehmenswert von den Gesellschaftern vereinnahmt werden können, langfristig im Unternehmen gebunden sind. Dies soll Unternehmen vom Druck kurzfristiger Renditemaximierung befreien. Die neue Rechtsform soll Gestaltungen wie die gGmbH oder die Stiftung nicht ersetzen, sondern neben sie treten (vgl. ausführlich Sanders ZRP 2020, 140).

Vertreter der Wissenschaft haben verschiedene Gesetzentwürfe zur Einführung einer Gesellschaft mit gebundenem Vermögen vorgelegt – zuletzt 2024 (Sanders/Dauner-Lieb/Kempny/Möslein/Neitzel/Teichmann, Gesetz zur Einführung einer Gesellschaft mit gebundenem Vermögen, 2024). Der Koalitionsvertrag enthält aber keine Aussage zu der Frage, inwieweit sich die neue Bundesregierung an diesem Entwurf orientieren will. Auch fehlt eine Aussage dazu, weshalb es überhaupt ein praktisches Bedürfnis für eine solche neue Rechtsform geben soll (zur Kritik an dem Vorhaben vgl. nur Habersack, GmbHR 2020, 992). 

Genossenschaftsrecht

Ohne jede inhaltliche Konkretisierung kündigt der Koalitionsvertrag zudem eine „Modernisierung des Genossenschaftsrechts“ an (Zeile 2816). 

Beschlussmängelrecht

Zum Beschlussmängelrecht heißt es: „Wir reformieren das aktienrechtliche Beschlussmängelrecht zur Stärkung der Rechtssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland und dämmen dabei Missbrauchsmöglichkeiten ein“ (Zeilen 2811 ff.). Konkrete Vorhaben werden auch hier nicht genannt. 

Jedoch hat die CDU/CSU-Fraktion bereits Ende 2023 konkrete Vorschläge unterbreitet (BT-Drs. 20/9734). Dazu gehört insbesondere eine Einschränkung des Prinzips, wonach Anfechtungsklagen im Erfolgsfall zur rückwirkenden Unwirksamkeit des Hauptversammlungsbeschlusses führen. Zugleich soll der eigenständige Nichtigkeitstatbestand (§ 241 AktG) eingeschränkt und präzisiert werden. Die Dauer des gerichtlichen Verfahrens soll beschränkt werden. Schließlich soll insgesamt ein einheitliches, rechtsformübergreifendes Beschlussmängelrecht angestrebt werden. 

Bürokratieabbau

Im Rahmen eines sog. Sofortprogramms für den Bürokratieabbau (Zeilen 1904 ff.) sollen, insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen, Verpflichtungen zur Bestellung von Betriebsbeauftragten abgeschafft und der Schulungs-, Weiterbildungs- und Dokumentationsaufwand signifikant reduziert werden.

Abschaffung des LkSG

Darüber hinaus soll das nationale Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) abgeschafft werden – freilich nicht ersatzlos. An seine Stelle soll vielmehr ein Gesetz über die internationale Unternehmensverantwortung treten, das die Europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) „bürokratiearm und vollzugsfreundlich umsetzt“. Die Berichtspflicht nach dem LkSG soll „unmittelbar abgeschafft“ werden und „entfällt komplett“. Die geltenden gesetzlichen Sorgfaltspflichten sollen bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes, „mit Ausnahme von massiven Menschenrechtsverletzungen“, nicht sanktioniert werden (Zeilen 1909 ff.).

Eine rasche Abschaffung des LkSG ist sicherlich zu begrüßen. Eine massive Entlastung dürfen die Unternehmen jedoch nicht ohne weiteres erwarten, da auch die CSDDD in ihrer derzeitigen Fassung erhebliche Anforderungen enthält, die teilweise sogar noch über das LKSG hinausgehen (vgl. dazu Rubner/Schidlo, NJW-Spezial 2024, 399). 

Allerdings plant die Europäische Kommission im Rahmen des „Omnibus“-Prozesses, auch die CSDDD inhaltlich zu verschlanken und die Umsetzungsfrist zu verlängern. Das von der Kommission vorgelegte „Omnibus I-Paket“ vom 26. Februar 2025 (https://commission.europa.eu/publications/omnibus-i_en) findet die ausdrückliche Unterstützung des Koalitionsvertrags, „um die umfangreichen Vorgaben zum Inhalt der EU-Nachhaltigkeitsberichterstattung insbesondere für die mittelständische Wirtschaft deutlich zu reduzieren und zeitlich zu verschieben“ (Zeilen 1914 ff.).

Frauen in Führungspositionen

Im Widerspruch zur angestrebten Entbürokratisierung stehen die Vorhaben betreffend die Stärkung von Frauen in Führungspositionen. So sollen Verstöße gegen die Vorgaben zu Zielgrößen – sei es durch das Fehlen von Zielgrößen oder Fristen oder durch unzureichende Begründungen bei einer Zielgröße von Null – künftig „konsequent und spürbar sanktioniert werden“ (Zeilen 3238 ff.). 

Dies dürfte insbesondere die von mitbestimmten Gesellschaften festzulegenden Zielgrößen zum Frauenanteil in den beiden Führungsebenen unterhalb der Geschäftsführung bzw. des Vorstands betreffen. Bisher sehen § 36 GmbHG und § 76 Abs. 4 AktG insoweit nämlich keine spezifischen Sanktionen vor. Zwar ist anerkannt, dass ein Verstoß gegen die Pflicht zur Festlegung von Zielgrößen einen Pflichtenverstoß der Geschäftsführung bzw. des Vorstands darstellt, der eine Verweigerung der Entlastung nach sich ziehen kann. Eine Schadensersatzpflicht wird sich allerdings de lege lata kaum jemals begründen lassen – schon mangels Schaden.

Fazit

Manche Vorhaben der schwarz-roten Koalition stehen eher im Widerspruch zum angestrebten Bürokratieabbau (Verschärfung der Sanktionen zur Frauenquote), bei anderen erschließt sich ihre Notwendigkeit nicht auf den ersten Blick (Einführung einer Gesellschaft mit gebundenem Vermögen). Begrüßenswert sind hingegen die geplanten Erleichterungen bei der Unternehmensgründung und die Abschaffung des LkSG. Gleiches gilt für eine Reform des Beschlussmängelrechts, weil und sofern sie auf eine Einschränkung der Missbrauchsmöglichkeiten zielt. 

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